Kapitel 38

12 1 0
                                    

Ich schlage die Augen auf und starre an die Decke meines Zimmers. Stöhnend setzte ich mich auf, wobei ein unangenehmer Schmerz meinen Brustkorb durchfährt. Mir fallen die Ereignisse des gestrigen Abends wieder ein und ein Schauer läuft meinen Rücken hinab. Während ich meinen schmerzenden Schädel ignoriere, sehe ich mich im Zimmer um. Auf einem der Sessel sitzt Levin und beobachtet mich. „Ich habe dir Frühstück gebracht." Er zeigt keinerlei Gefühle und sieht mich nur kalt an. „Keine Sorge, du kannst es essen, es ist nicht vergiftet." Er betrachtet mich einen Moment stumm, bis er hinzufügt: „Und du solltest es auch essen." Während ich mir meine Rippe halte, sehe ich ihn verständnislos an. Er steht auf und tritt zum Balkon „Deine Rippe ist geprellt, sie wird von alleine heilen." „Levin?" Er schaut aus halb geöffneten Augen zu mir. Er sieht fertig aus, als hätte er kaum geschlafen. „Was passiert jetzt?", frage ich ihn leise. Er dreht sich weg und geht zur Tür. „Du kannst gehen, wenn es das ist, was du willst. Ich werde dich nicht aufhalten und ich werde dafür sorgen, dass es auch niemand anderes tut, aber du solltest wissen, dass die Welt da draußen kalt ist und absolut nicht fair. Du hast nicht viele Möglichkeiten, wenn du erst mal weg bist. Solltest du dich aber entscheiden, hier zu bleiben, wirst du dich vieler Dinge anpassen müssen." Ich schlucke, ich kann einfach so gehen? Jetzt sieht er mich doch noch einmal an „Ein Brief ist für dich angekommen, ich möchte ihn dir nicht vorenthalten, er liegt auf deinem Nachttisch." Mit diesen Worten verlässt er den Raum. Ich sehe hinüber zum Nachttisch und tatsächlich liegt dort ein Umschlag mit meinem Namen darauf. Bevor ich jedoch irgendwas mache, werde ich duschen gehen. Ich fühle mich verdammt dreckig von den Berührungen des Mannes, es ist fast als würde ich sie immer noch auf meiner Haut spüren.

Während ich meine nassen Haare kämme, betrachte ich mein Gesicht im Spiegel. Meine eine Gesichtshälfte ist blau angelaufen und leicht geschwollen. Warum war Levin gerade so kalt? Habe ich etwas Falsches getan? Ich wende mich von meinem Spiegelbild ab und lasse mich wieder zurück auf mein Bett sinken. Ich nehme mir eines der Brötchen, denn ich habe echt Hunger, bevor ich nach dem Umschlag greife. Mein Name ist mit der Hand geschrieben worden und die Schrift erinnert mich an die meiner Mom. Auf der Rückseite befindet sich ein unberührtes, rotes Siegel. Ich breche es und öffne den Brief. Auf dem Zettel stehen nur wenige, ebenfalls handgeschriebene Zeilen:

Liebste Arila,
ich lebe. Und ich möchte dich gerne treffen, denn ich will dir einiges erklären. Ich weiß, du hast viele Fragen. Treff mich am Samstag um 9 Uhr abends in der Tomsenstreet, in der verlassenen Lagerhalle. Pass auf, dass dir niemand folgt.
In Liebe,
deine Mom.


Ich lasse den Zettel sinken und starre auf die Schrift. Das ist ein Witz, oder? Meine Mom lebt nicht. Ich habe mitbekommen, wie sie starb. Tränen treten mir in die Augen, aber was ist, wenn sie wirklich lebt? Es ist ihre Handschrift. Aber warum sollte sie mich mit all dem alleine gelassen haben? Und warum sollte sie sich bis heute nicht einmal irgendwie bei mir gemeldet haben? Sie hätte anrufen können. Sie hätte mir früher schreiben können. Sie hätte so viel machen können, um sich bemerkbar zu machen. Allerdings war ich nicht da als sie starb, geschweige denn habe ich ihren Leichnamen gesehen und das ist eins zu eins ihre Handschrift. Ich werde hinfahren, was soll schon passieren? Ich sehe auf mein Handy, heute ist Freitag, sie will mich morgen sehen. Vorher sollte ich mir aber meine Pistole zurückholen, nur für den Fall der Fälle.

Ich schleiche durch den Flur, wo würde ich eine Waffe verstecken? Unter vielen anderen Waffen! Schnell laufe ich nach unten zur Schussanlage und suche nach meiner Pistole. Es dauert nicht lange, bis ich sie gefunden habe. Ich lade sie mit neuer Munition und schiebe sie unter mein Oberteil. Ich husche zurück in mein Zimmer und verstecke sie im Schrank.

Ich habe das Gefühl, dass sich die letzte Zeit ewig in die Länge gezogen hat, aber jetzt ist es so weit. Es ist halb neun, ich blicke aus der Scheibe des Taxis. Ich habe niemandem etwas gesagt und mich hinausgeschlichen, auch wenn ich eigentlich einfach gehen darf. Aber wenn das wirklich meine Mom war, wollte sie, dass mir niemand folgt, also bin ich auf Nummer sicher gegangen. Das Taxi hält und der Fahrer gibt mir zu verstehen, dass wir angekommen sind. Ich bezahle die Fahrt und steige aus. In der Straße stehen größtenteils Wohnhäuser, jedoch kann ich weiter hinten eine große, stählerne Halle entdecken. Langsam nähere ich mich ihr. Ich kann eine Tür erkennen, die leicht angelehnt ist. Ich stoße sie auf und ziehe meine Pistole. Innen ist es dunkel, allerdings scheint das Mondlicht durch fehlende Deckenplatten, sodass alles weiß erleuchtet ist. Überall stehen leere Regale und riesige Kartons. Ich lasse meinen Blick hindurch schweifen. Auf einmal tritt eine dunkele Gestalt hinter einem der Regale hervor. „Arila?"

Game of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt