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Als es schon früher Morgen ist und ich immer noch wach liege, überdenke ich meine ganzen Taten. Ich meine, ich bin müde, schlafe aber nicht ein. Ich will schlafen, aber habe Angst dem Schlaf zu verfallen. Ich möchte schlafen, wache jedoch schreiend auf und frage mich dennoch, wem diese schreiende Stimme gehört. Ich will nur schlafen - mehr nicht. Doch die ganze Nacht lang quälte ich mich im Bett und suchte nach einer Position. Nicht zum Schlafen, sondern zum Überlegen. Ich habe es nämlich mittlerweile aufgegeben, zu versuchen zu schlafen. Herrgott, ich will doch nur schlafen!

Na ja, kann ich schließlich sagen, dass ich wach werde? Ne, oder? Zumindest werde ich aus meinen Gedanken gerissen und aus meinem nicht existierenden Schlaf, als ich Schreie wahrnehme. Kurz denke ich, dass ich es bin, bis mir bewusst wird, dass ich keine männliche Stimme habe. Verwirrt und verirrt reibe ich meine Augen und setze mich auf, um einen klaren Verstamd zu fassen. Kurz verstummen die Schreie, doch als sie kräftiger und lauter zu mir durchdringen, kann ich nicht anders, als mich in meinem Pyjama zu hieven und mit meinen Latschen durch die Wohnung zu torkeln.

Ich begegne einer verschlafenen Rana mitten im Flur, die selbst wachgeworden schien durch diese Schreie.
„Alter, wer schreit um 08:00 Uhr morgens?", beschwert sie sich und gähnt nachdrücklich.
„Unsere lieben Nachbarn." Und wenn ich genauer bin, dann sind es die aus der dritten Etage.
„Warum? Wer streitet?"
„Keine Ahnung, Rana. Ich bin hier wie du siehst."

„Boah, war das Date so schlimm, dass du mich anmotzen musst?" Ich ignoriere ihre Worte und richte meine orange Jogginghose und das schwarze T-Shirt, bevor ich mir einmal über das Haar fahre und nach einem Pfefferminzbonbon von der Kommode greife, weil ich nicht wieder einschlafen - mich hinlegen - würde. Plötzlich höre ich etwas von unten aus zerspringen und anschließende Stimmen, dessen Worte wir nur gedämpft wahrnehmen.
„Willst du mal runter und nachschauen?"

Ich werfe ihr einen gequälten Blick zu, der so viel bedeutet wie Muss das sein?, aber ich sehe selbst ein, dass es das einzig Vernünftige wäre.
„Ich bin gleich zurück."
„Pass auf, dass sie dich nicht auffressen." Ich verdrehe die Augen.
„Warum bist du nur so ein Clown?", frage ich vor Ironie sprudelnd. Ich nehme ein verträumtes Lächeln ihrerseits wahr, bevor ich die Tür öffne und in meinem überaus beeindruckendem Outfit die Treppen runtersteige.

Die Nachbarn haben sich vor ihre Türen versammelt und linsen schaulustig in die Wohnung, die offensteht. Jedoch rein, möchte keiner dieser Menschen, um sich nicht selbstständig in die Höhle der Löwen zu werfen. Statt es wie sie zu machen, öffne ich die Tür, trete rein und schlage die Tür wieder zu. Stimmen - mehr als nur eine - schreien herum und Dinge gehen kaputt. Mein ganzer Kopf explodiert in dieser Sekunde, in der ich neben den Stimmen halte und diese nicht schweigen. Ich spüre wie alles in mir vereist, wie die Panik hochkriecht und ich am liebsten einfach wieder nach oben gewandert wäre.

„Bist du eigentlich behindert?!", brüllt Ayman wie ein Geisteskranker und möchte auf Latif zugehen, wird jedoch von zwei weiteren Männern davon angehalten, indem sie beruhigend auf ihn einreden. Es schockiert mich, ihn in dieser Verfassung zu sehen, denn wenn ich Ayman beurteilen müsste, dann war er schon immer der Ruhige, der sich aus allem raushielt. Er schreit seinen besten freund an, als würde ein Monster vor ihm stehen und dennoch beachtet keiner meine Präsenz, als wären ihre Außenwelt nicht existent.

Latif sieht ihn einfach nur nackenreibend an und ein wenig ... verwegen, so als wäre er wirklich schuldig.
„Ich schwöre es dir, Latif ..."
„Junge Ayman, beruhig dich mal!", entgegnet nun Halim, der ihn an den Schultern zurückhält.
„Beruhigen? Dieser Junge macht jedes Mal dieselbe Scheiße!"
„Okay, dann rede. Lass uns reden, Alter."
„Reden, reden", äfft Ayman Halim wutschäumend nach. „Jedes Mal reden, aber er begreift es nicht!"

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