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Egal, wie oft jemand hereintritt und versucht, mich zum Lächeln zu bringen, es funktioniert einfach nicht. Stattdessen starre ich seitdem mein Vater den Raum verließ die Decke an und lasse mich von Zaman bequatschen. Selbst Salim und Alim sind hier gewesen, doch auch ihnen schenkte ich keine Auskunft mehr. Ich weiß, dass meine Mutter und ihr Mann mit den Kindern draußen warten und nicht nur sie, sondern auch Rana da ist, aber trotzdem möchte ich nur meine Ruhe.

Sie versuchen nicht einmal mehr, ins Zimmer zu treten, doch ich nehme immer wieder wahr, wie die Tür auf und zuschlägt, um sicherzugehen, dass ich noch atme. Mir bleibt auch keine andere Wahl, als zu atmen. Nicht, dass ich es wollen würde. Ich konfrontiere meine Gefühle mit jedem anderen und versuche sie zu verstehen, damit ich endlich einen Kompromiss mit mir selbst schließen kann, aber es funktioniert nicht.

Wiederholt öffnet sich die Tür und schließt sich, in der Hoffnung, mich endlich zum sprechen zu bringen.
„Hallo." Hm, wie soll ich das erklären? Es ist ein unfassbarer physischer als auch psychischer Schmerz, der meinen ganzen Oberkörper durchbohrt und in hunderttausenden Teile brechen lässt. Diese Stimme sticht in mich ein und versucht mich verbluten zu lassen, ohne dass der Mensch dahinter diese Absichten hegt.

Im Gegenteil. Er ist ein überaus fürsorglicher Mensch, denn sonst würde er nicht hier sein. Sonst würde er nicht warten, bis ein Lebenszeichen von mir kommt und gleichzeitig nicht zulassen, dass ich breche. Ich weiß nicht genau, was ich jetzt auf sein Hallo erwidern soll. Soll ich ihn auch begrüßen? Soll ich nichts sagen? Was antwortet man auf hallo? Es fühlt sich so fremd an und eigentlich ist Hallo auch ein verdammt hässliches Wort. Warum sagt er nicht sowas wie ... keine Ahnung. Wieso sagt er überhaupt etwas?

Warum denke ich so viel nach? Wieso sage ich nicht einfach hallo? Doch als ich es probiere, scheitert meine Stimme daran. Meine Lippen sind zu beansprucht davon zu sprechen. Ich schaffe es, in seine Richtung zu blicken und merke wie schnell meine Sicht verschwimmt. Er steht kerzengerade da, die Hände in die Taschen vergraben und wippt vor und zurück, um seine Nervosität zu überbrücken. Na ja, mit Mütze und Lächeln und allem Drum und Dran.

Der Griff um Zaman, die mittlerweile eingeschlafen ist, wird stärker, jedoch bedenke ich dabei, sie nicht aufzuwecken. Alles in mir zieht sich zusammen und mein Herz setzt einige an Schläge aus.
„Wie geht es dir?"
„Gut." Habe ich das wirklich gesagt, oder glaube ich das nur? Doch als er nur breit lächelt und auf mich zutritt, bis eine erneute Eruption in mir stattfindet, erweckt genau diesen Eindruck.

Es schmerzt so doll, dass er gesund ist. Also nein, nicht falsch verstehen, denn gerade fühle ich mich falsch verstanden, aber ich glaube, es würde mich weniger schmerzen, wenn ich wüsste, dass das, was ich in meiner Fantasie passiert ist, wirklich echt gewesen wäre. Es bestätigt mir nur, dass ich dumm genug war, um mir das Leben zu nehmen. Ich atme wieder tief durch und ignoriere die Armschmerzen, durch die ich auf meiner Wange kaue und einen Seufzer auslasse, um mich zu beruhigen.

„Okay", beginne ich räuspernd und vermeide seinen Blick. „Dir geht es also gut."
„Ja", sagt er in die Länge gezogen. Ich merke wie unangenehm es ihm ist. „Du, also", setzt er unschlüssig an.
„Ja", unterbreche ich ihn. „Ich dachte, wir hätten einen Autounfall."
„Warum?" Ich schwöre, dass es sich so echt wie noch nie etwas anderes angefühlt hat. Es war echt, ich bin mir sicher, aber alles spricht dagegen. Ich spüre wie meine Augen vorbereitet zu brennen beginnen, um zu tränen.

Ich erinnere mich an jedes einzelne Wort, das er sagte und an jedes Lächeln, das er mir schenkte und jede Ablehnung, die ich ihm entgegenbrachte. Es war echt - oder einfach ein glaubhafter Versuch, um aus der Realität zu schwinden. Sein erwartungsvoller Blick hängt an mir und wartet ab, doch ich meine nicht antworten zu wollen.
„Aziza?"

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