26. Stop dreaming, Black

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„Er wurde gesehen, er wurde gesehen", rief ein Junge am Tisch der Gryffindors während des Frühstücks. Ich schob mir gerade ein Scheibe Toast, welche nur so vor Marmelade triefte, in den Mund, als bei den roten Idioten die große Aufregung ausbrach. Mit gespitzten Ohren belauschte ich sie, als sie über einen Artikel im Tagespropheten debattierten. Sirius Black, der gefürchtete und gesuchte Massenmörder, wurde unweit von Hogwarts gesichtet. Panik brach bei den Schülern aus und auch die Lehrer schien die neuen Entwicklungen, nicht kalt zu lassen. Ich merke gar nicht, wie ich die Gryffindors immer noch beobachtete, bis ich den Blick von einem besorgten Weasley abfing. George und ich schauten einander für einen Moment an, bis Blaise mir unsanft in die Rippen piekte, „Nicht träumen, Black!"

Auch in unserem Gemeinschaftsraum war Sirius Black am Abend wieder das Thema schlechthin. Ich hörte mir verschiedene Meinungen an und überlegte, ob irgendeine davon wohl der Wahrheit entsprach. Dann stand ich auf, ging hinüber zu Draco der am anderen Ende des Raumes saß und schleifte ihn hinter mir her in sein Zimmer.

„Was denkst du über Sirius?", überfiel ich ihn sofort als die Tür ins Schloss gefallen war. „Mar ich habe keine Ahnung. In den Ferien habe ich mit meinen Eltern schon über ihn sprechen wollen, doch sie erzählten mir nicht viel." Ich belegte den Raum mit einem Zauber, sodass uns niemand belauschen konnte „Was weißt du bisher?" Kurz überlegte Draco und erklärte mir dann, „Dass er mit uns verwandt ist aber das weißt du ja auch schon. Er war in Gryffindor und mit Harrys Vater und ein Paar anderen Gryffindors aus dem Jahrgang befreundet. Vater erzählte mir, dass er in Askaban eingesperrt wurde, da er einige seiner Freunde an den dunklen Lord verraten hat."

„Dann muss dein Dad ihn ja unheimlich mögen", stellte ich schnaubend fest, „Und deine Mum auch, er ist doch ihr Cousin."

Draco rutschte nochmal näher an mich ran und wir steckten die Köpfe zusammen, obwohl uns eh niemand hören könnte. „Das ist es ja, eben nicht. Sie wirkten beide als könnten sie ihn so ganz und gar nicht ausstehen."

„Versteh das jetzt bitte nicht falsch, aber dann...", fing ich an und nahm mir einen Moment um die neuen Erkenntnisse zu verarbeiten, „Dann kann er kein Todesser oder Verräter sein und doch verrät mir Remus kein Sterbenswörtchen über ihn, obwohl wir in seinem Haus leben. Irgendetwas ist hier ziemlich faul, wenn du mich fragst. "

Am nächsten Samstag strömten schon am Morgen aufgeregte Mädels, bewaffnet mit Kissen, Decken und ihren schönsten Pyjamas, in unser Zimmer. Pansy hatte alle Mädchen der Schule eingeladen, die sich für besonders toll und schön hielten. Leanne, eine Hufflepuff, war die Erste, die Pansy beim Vorbereiten der Snacks, Musik und Spiele half. Spätestens als die erste herzzerreißende Ballade aus dem Grammophon trällerte, ergriff ich die Flucht. „Mar, wo willst du hin?", hörte ich Pansys Stimme noch leise hinter mir, doch ich dachte gar nicht daran umzukehren.

Stattdessen entschied ich mich für einen ausschweifenden Spaziergang über das Schulgelände, so lange bis ich mir darüber im Klaren sein würde, wie ich dieses Wochenende verbringen wollte. Eines war klar, ich brauchte einen Schlafplatz fern ab des Slytherin-Kerkers.

Auf meinem Spaziergang passierte ich natürlich das Quidditchfeld. Schon von weitem sah ich, dass dort einige Schüler eifrig übten. Zu viel Zeit und Langeweile trieben mich geradewegs auf die Zuschauerbänke. Keiner von ihnen trug seine Uniform und doch erkannte ich sie sofort. Es war die Mannschaft der Gryffindors, die an diesem Samstag das Spielfeld in Beschlag genommen hatte.

Es dauerte nicht lange, bis meine müden Augen die Weasley-Zwillinge fanden. Fred stand auf dem halbwegs grünen Rasen, stütze sich auf seinem Besen ab, während sein Kopf ab und zu wegkippte. Da hat wohl jemand eine sehr kurze Nacht hinter sich, dachte ich schmunzelnd. George hingegen hatte es zumindest in die Luft geschafft. Mehr aber auch nicht, denn er lag förmlich auf seinem Besen und ließ sich schweben. Oliver Wood, der Teamkapitän der Gryffindors, welcher vermutlich ein ganz spontanes Training angesetzt hatte, war über diesen Anblick gar nicht erfreut. Mit einem Quaffel warf er nach Fred und traf genau seinen Besen. Der Weasley fiel um, wie ein nasser Sack und lag einen Wimpernschlag später fluchend im Gras.

Wood hörte ihm gar nicht zu, viel zu beschäftigt war er damit, den anderen Weasley von seinem Besen zu hauen. Es gelang ihm zwar nicht George abstürzten zu lassen, doch wach war er allemal, nachdem der Quaffel ihn am Kopf getroffen hatte. Leicht schwummrig flog er zu Boden. Fred und George schimpften zusammen um die Wette, einer dabei lauter als der andere.

Als ich einen Blick auf die anderen Spieler warf, stellte ich fest, dass auch sie nicht viel wacher waren. Ich konnte mir nur ausmalen, wie früh Oliver sie alle aus ihrem Traumland gerissen und zum Spielfeld getreten hatte. 

„Verzieh dich, Black!", brüllte Wood, als er mich in den leeren Rängen entdeckte, „Hier wird nicht spioniert."

Bei dem Namen ‚Black' huschten Fred und Georges Blicke plötzlich wild umher, bis sie mich fanden. Ein kleines Lächeln bildete sich zeitgleich auf ihren Gesichtern und ich winkte ihnen unauffällig zu.

Wood hatte eh kein Auge mehr auf mich gerichtete, da nun Angelina Johnson und Alicia Spinnet vor ihm standen. Die beiden Mädchen sahen für mich alles andere als glücklich aus und stemmten demonstrativ die Hände in die Hüften.

Oliver wurde immer kleiner vor ihnen, bis er lautstark verkündete, dass das Training für heute wohl beendet sei. Ein erschöpftes Raunen ging durch die Menge und die Spieler schleiften sich müde und in Dreck gehüllt vom Rasen.

Nur die Weasley-Zwillinge gingen nicht ins Schloss, sondern kamen in meine Richtung. Ich hatte sie gerade mal ein paar Tagen nicht gesehen und doch erschienen sie mir schon wieder größer.

„Seid ihr schon wieder gewachsen?", rief ich ihnen lachend zu, noch bevor sie überhaupt neben mir saßen.

Rechts und links neben mir nahmen sie ebenfalls auf den klapprigen Holzbänken Platz.

„Kann sein", sagte Fred und übergab das unsichtbare Mikrophone an seinen Bruder. „Wie groß sollen wir denn noch werden?", fragte dieser. Für einen Moment nahm ich seine Frage ernst und überlegte tatsächlich. „Das ist mir egal. Gerne so groß wie es geht, das kann sehr praktisch sein, wenn mal jemand auf den Schränken Staubwischen muss."

Fred und George begannen zu lächeln und stimmten mir im Chor zu, „Kein Problem, wir sind immer zur Stelle."

„Und wie war euer Training?", wollte ich neugierig wissen, denn ich persönlich war selten in der Luft oder im Stehen eingeschlafen.

Müde antwortete mir George während Fred fast schon wieder wegnickte, „Früh... Wir sind gerade erst ins Bett gegangen, als Wood plötzlich neben uns stand. Seit um 4 Uhr stehen wir hier auf dem Rasen."

„Seit um 4 Uhr?", fragte ich geschockt,  „Will er euch kaputt spielen?"

„Davon ist auszugehen", nuschelte Fred zwischen zwei tiefen Atemzügen. „Wollen wir frühstücken gehen?"

Begeisterte stimmten wir zu und ich schleppte die beiden müden Riesen zurück ins Schloss. George stürmte ohne sich umziehen zu wollen, bereits in die große Halle. Fred hingegen packte mich am Handgelenk und nahm mich mit. Geduldig wartete ich vor dem Eingang zum Gryffindorturm auf ihn. Während er sich umzog und den Dreck aus dem Gesicht wusch, erzählte mir die fette Dame im Portrait, welches die Tür ersetzte, ihre Lebensgeschichte. Sie war nicht besonders spannend, doch ihre schrille Stimme und kläglichen Singversuche trieben mich glatt in den Wahnsinn. 

Als das Bild zur Seite schwang und Fred wieder hinauskletterte atmete ich erleichtert aus. „Das hätte ich keinen Moment länger ausgehalten", wimmerte ich erleichtert woraufhin Fred mir lachend über den Rücken strich. „Du hast sie länger ertragen, als ich es dir zugemutet habe. Du hast ganz offiziell Nerven aus Stahl", lobte mich Fred. Doch das wusste ich schon längst, „Die muss man auch haben, wenn man mit euch befreundet ist."

Am Eingang der großen Halle trennten sich wie immer unsere Wege und ich verabschiedete mich unauffällig. Allerdings kam ich nicht weit, denn Fred fischte mit seinem großen Armen nach meiner Kapuze und hielt mich fest. „Wo willst du denn hin, Black?" Als ich mich umdrehte schaute ich in Freds fragendes Gesicht. „An meinem Tisch?", antworte ich ihm mit einer logischen Gegenfrage. Langsam spürte ich einige Blicke der Schüler aus Hufflepuff, die vorne am Tisch saßen auf uns, doch Fred ließ nicht locker, „Ich fragte, ob wir zusammen frühstücken und du hast zugestimmt."

Obwohl ich sicher war, dass dies keine gute Idee war, nickte ich zaghaft und ließ mich von Fred mitnehmen.

Venom - Mar Black (Weasley twins FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt