6. Because I am a girl

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Zwei Wochen später hatte ich noch immer keine Antwort auf meinen riskanten Brief erhalten. Entweder war es ein gutes Zeichen, so dass Marcus tatsächlich über mein Bitte nachdachte. Wahrscheinlicher war hingegen, dass er den Brief lachend gelesen und sofort zerrissen hatte. Vermutlich hielt er es für einen schlechten Scherz.

Also nutzte ich die Zeit für sinnvollere Dinge, die mich ablenkten, bevor ich wahnsinnig wurde. Bei jeder Mahlzeit hielt ich Ausschau nach Flint, in der Hoffnung, ganz beiläufig mit ihm sprechen zu können. Doch jedes Mal, wenn ich ihn sah, unterhielt er sich bereits mit einigen anderen älteren Schülern, in deren Gruppe ich als Erstklässlerin nun wirklich nicht einfallen wollte.

Meine freie Zeit verbrachte ich immer häufiger mit Draco und in der Bibliothek. Oft sah ich dort und auch überall anders im Schloss das blonde Ravenclaw-Mädchen. Immer wieder kreuzten sich unsere Wege, so dass wir beide vermutlich schon dachten, gestalkt zu werden. Doch ich freute mich immer, ihr zu begegnen. Wir warfen einander jedes Mal ein zaghaftes aber sehr freundliches Lächeln zu, obwohl wir noch nie miteinander gesprochen hatten.

Mittlerweile hatten wir schon einige Wochen des ersten Schuljahres hinter uns gebracht und insgeheim musste ich zugeben, dass ich den Unterricht bei Professor Snape am liebsten mochte. Ich war allgemein nur eine mittelmäßige Schülerin, oft auch zu faul fürs lernen. Doch für Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zaubertränke brannte mein Herz.

In Snapes Klasse war es immer so schön ruhig, man lernte viel und die Vielzahl an Zaubertränken und deren Wirkung hatten es mir völlig angetan. Besondere spannend fand ich die unterschiedlichsten Gerüche, der Zutaten und der Dämpfe, die beim Brauen entstanden. Schnell wurde mir langweilig in der Klasse, da ich auch in meinen Freistunden oft die Nase in das Zaubertrankbuch steckte.

Meine Unterforderung schien mit der Zeit auch meinem Hauslehrer aufzufallen, sodass er mich nach einer Stunde aufforderte, noch einen Moment länger zu bleiben.

„Setzten", mit einer flüchtigen Handbewegung zeigte er auf seinen Stuhl am Lehrertisch. Unsicher setzte ich mich hin, immer noch am überlegen, ob es nicht vielleicht ein Test sein sollte. Professor Snape würde doch keinen Schüler, erstrecht keinem Erstklässler, erlauben sich auf seinen persönlichen Stuhl zu setzten. Ich war sicher, gleich eine mit seinem Buch übergeholfen zu bekommen, doch nichts geschah.

„Miss Black, ich habe den Eindruck", er machte wie immer eine seiner dramatischen Pausen, „sie langweilen sich in meiner Klasse. Ist das korrekt?" Fragend zog er so typisch für ihn die eine Augenbraue nach oben.

„Sir, ich würde es nicht unbedingt Langeweile nennen."

„Und wie dann?"

Kurz überlegte ich mir eine möglichst diplomatische Antwort, denn mit meinem so launischen Professor, wollte ich es mir ungerne verscherzen.

„Ich würde gerne mehr lernen, Sir. Wissen Sie, ich lese auch in meiner Freizeit viel über die Kunst der Zaubertränke und ich möchte einfach immer mehr erfahren und selber brauen. Bitte verzeihen Sie meine Ungeduld."

Snape tigerte ein paar Schritte durch den Raum und grübelte ganz offenbar.

„Miss Black, wir müssen es gar nicht schön reden.", seine Stimme war gewohnt monoton und trotzdem glaubte ich, eine kleinen Seufzer zu hören.

„Sie sind ganz offensichtlich unterfordert. Ich werde das mit dem Schulleiter noch besprechen müssen aber sie belegen Zaubertränke ab sofort mit den Drittklässlern zusammen. Ich lasse Ihnen den neuen Stundenplan dann umgehend zukommen."

Ich war fast sprachlos bei seinem Vorschlag. Einerseits fühlte ich mich sehr geehrt und freute mich auf diese neue Herausforderung. Andererseits hatte ich auch einen gesunden Respekt. Wahrscheinlich würde ich mich zum Volltroll machen, wenn ich vor der Klasse eine Frage beantworten müsste, auf die ich im Entferntesten nicht die Antwort kannte.

Nachdem ich mich bedankt hatte, ging ich zur Tür in meine wohlverdiente Pause.

„Ach Miss Black, ich muss sie noch vorwarnen. Auch die Drittklässler werden zusammen mit den Gryffindors unterrichtet.", rief er mir noch hinterher, wobei ich sicher war, ein kleines Kotzgeräusch gehört zu haben.

Am Abend betrat ich todmüde den fast leeren Slytherin-Gemeinschaftsraum. Ich freute mich unheimlich auf mein Bett und war schön völlig in Gedanken versunken, als mich jemand von der Seite ansprach.

„Black, richtig?", fragte Marcus Flint, Kapitän der Hausmannschaft. Sofort war ich wieder hellwach und fokussiert.

„Ja, freut mich dich kennenzulernen.", sagte ich möglichst freundlich aber cool.

„Die Freude ist ganz meinerseits. Ich wollte mit dir wegen deinem Brief sprechen. Ich versuche dich schon seit Wochen in ein Gespräch zu verwickeln.", lachte er nervös, was mich irritierte. Warum war er denn nervös? Ich hatte die ganze Zeit versucht mit ihm zusprechen und war ultra aufgeregt gewesen deswegen. Er war hier eine große Nummer, ich hingegen wollte erst noch eine werden.

„Auf jeden Fall muss ich dir leider sagen, dass deine Bitte abgelehnt wurde. Ich selber würde dir schon gerne eine Chance geben, viele andere aus unserer Mannschaft sehen das hingegen sehr verbissen. Weil du eben ein..."

„Weil ich ein Mädchen bin. Schon verstanden, Flint.", meine Stimme hatte nichts freundliches mehr. Ich war einfach nur noch sauer. Es war mir egal, wie er sich aus der Sache raus reden wollte. Er war der Kapitän und hatte offensichtlich nicht genug Eier, um eine Entscheidung zu treffen, auch wenn sie den anderen nicht gefällt.

Vielleicht hatte er sich auch einfach nur nicht getraut mir die Wahrheit zu sagen und dafür seine klein-hirnigen Marionetten als Sündenbock vorgeschoben. Egal was es war, es widerte mich an.

Beim Vorbeigehen rempelte ich ihn mit meiner Schulter an, er sollte nicht denken, dass ich ein Mädchen bin, wie alle anderen. Ich ließ mir doch nichts sagen und schon gar nicht von so einem Affen mit riesen Gebiss und fragwürdiger Mundhygiene. 

Venom - Mar Black (Weasley twins FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt