Died enough for You [Joel Hokka FF] (German)

Old Dogs don't learn new Tricks

Irgendwie schaffe ich es aus meiner Schockstarre zu erwachen und gehe, noch während des ersten Liedes der Jungs, näher an die Bühne heran und kann, wie Aleksi vorhin, zu den Liedern abgehen.

Schon lange habe ich mir erhofft die Band in echt zu sehen, besonders da sich seit 2016 viel verändert hat und das zeigt sich auch in den Auftritten. Sie sind um einiges professioneller und schaffen es das Publikum binnen Sekunden in deren Bann zu ziehen. Viele Dinge, die ich mir noch abschauen kann und mir erhoffe umsetzen zu können.

Jedoch geht auch dieses Konzert viel zu schnell vorbei und somit ist die dreiviertel Stunde gefühlt nach einem Augenzwinkern beendet und die sechs Jungs kommen wieder von der Bühne.

Mit lautem Gejubel und Gefeier joggen sie die Treppen hinunter und gehen zu ihren Bierdosen, die sie vor dem Auftritt hergebracht haben. „Wohoo! Das war nice!", ruft Joonas feierlich und hebt seine Dose zum Anstoßen in die Luft.

Der amüsierende Anblick der Jungs, wie sie alle nacheinander die Dosen nehmen und sich zu Joonas in einen Kreis stellen, bringt mich zum Schmunzeln. Erst jetzt fällt mir auf, wie sehr ich die Zeit vermisse in der ich auch mit meinen Jungs so gefeiert habe und nach dem Gig die Party erst angefangen hat. Auftritte waren der Adrenalinkick, der die Party zum Starten gebracht hat. Mein Blick senkt sich und mit einem Mal kommen mir kleine Tränen auf. Die Erinnerungen tun weh, mehr als zuvor, da ich genau weiß, dass es nie wieder so werden kann wie früher, es gibt keine Möglichkeit, dass es so werden kann.

Während ich versuche meine Tränen zu unterdrücken, wird mir eine Bierdose ins Blickfeld gehalten. Wieder hebe ich meinen Blick und schaue in die blauen Augen von Olli. Der Bassist lächelt mich freundlich an. „Komm schon. Du musst mit anstoßen!", er deutet auf die anderen, die alle in einem Kreis stehen, wo es noch eine Lücke gibt. Eine Lücke genauso groß, dass dort noch zwei Personen Platz haben. Olli und ich. Auch wenn die Erinnerungen noch immer wehtun muss ich lächeln.

Ollis Arm legt sich an meinen Rücken, gemeinsam gehen wir zu den anderen und schließen die Lücke. Alle gleichzeitig stoßen wir an und nehmen den ersten Schluck vom kühlen Bier. Von der Seite legt sich ein Arm auf meine Schulter, woraufhin ich zu dem großen Finnen neben mir schaue. Seine kurzen braunen Haare sind völlig durcheinander und kleine Schweißperlen zeichnen sich auf seiner Stirn.

Auch sein Blick schweift zu mir. „Denkst du wirklich, dass wir dich einfach alleine außerhalb stehen lassen?", seine Frage ist eindeutig rhetorisch gemeint und bringt mich nur noch mehr zum Lächeln.

Selbst wenn nichts mehr so werden kann, wie es früher war, kann ich hier neue Freunde finde, die eigentlich alte Freunde sind. Freunde, die ich aus meinen Leben verbannt habe, für immer vergessen wollte. Und obwohl ich mich mit ihnen so gut verstehe, weiß ich auch, dass manche Sachen für immer gleichbleiben werden. Dinge, die einfach nicht aus meinem Kopf verbannt werden können, sodass ich neu beginnen kann. Durch meinen Umzug wollte ich genau das bewirken. Die Vergangenheit hinter mir lassen und nur noch an die Zukunft denken, doch so einfach läuft das Leben nicht. Das was passiert ist, wird immer in meinem Kopf bleiben, das was ich erlebt habe hinterlässt Schäden, die man nicht heilen kann und das was ich mir geschworen habe wird mich führen, denn die alten Gewohnheiten einer Person zu ändern ist schwierig, beinahe unmöglich. Wenn man sein Leben lang so gelebt hat kann man dies nicht ändern. So leicht ändern sich Menschen nicht und das verspüre ich in den letzten zwei Tagen an mir und an anderen.

Mit der Zeit werden wir gebeten aus dem direkten Bühnen-Backstagebereich heraus zu gehen, was wir dann auch machen. Immerhin wollen wir auch in gut zwei Stunden in einem Restaurant sitzen und dort gemütlich zu Abend essen. Wobei ich mir nicht wirklich vorstellen kann, wie es ist mit sechs angetrunkenen Jungs in einem Restaurant zu essen. Dazu kommt, dass es sechs chaotische und verrückte Violent Popper sind. Das kann doch eigentlich gar nicht funktionieren.