Für wenige Atemzüge herrscht Stille. Mein Blick weicht kurz zu Joel, der seinen Blick starr aufs Wasser gerichtet hat. Dann schaue auch ich wieder in die Ferne. „Keine Ahnung.", seine Stimme ist noch immer leise und brüchig. Es ist eine Stimmlage, die ich von Joel nicht gewohnt bin, eine Stimmlage, die mir Gänsehaut bereitet. „Es ist nur, dass ich eigentlich Abstand halten wollte, einfach nicht mehr für eine gewisse Zeit damit konfrontiert werden und dann kommt Joonas mit der Idee, die all meine Pläne durchkreuzt. Ich hatte mich so sehr auf Helsinki gefreut." – „Und das kannst du nicht, wenn ich dabei bin?", meine Frage geht mir nur schwer über die Lippen, denn so wie Joel sich ausdrückt, bemerke ich, wie schwer ihm die ganze Situation fällt.
„Das Ding ist...", Joel beginnt seinen Satz, bricht ihn dann jedoch ab um noch einmal tief durchzuatmen. In dieser Pause kann ich mich nicht zurückhalten und beginne zu sprechen: „Mir geht es genauso. Seitdem ich bei mir zuhause bin, wollte ich einfach nur alleine sein. Deshalb habe ich mich auch von allem abgeschottet und dann stand plötzlich Joonas vor meiner Tür und meinte mich mit in euer Studio zu bringen. Seine Idee hat auch meine Pläne zerstört. Ich weiß selber nicht so genau, ob ich es will."
Wieder entsteht eine Stille und für ein paar Momente lausche ich einfach nur dem Rauschen der Wellen. Joels Blick schweift kurz zu mir, doch ich traue mich nicht auch meinen Kopf zu ihm zu drehen. Die Angst in seine Augen erblicken zu können ist zu groß. Nur ein wenig legt er seinen Kopf in den Nacken und schaut hinauf zum wolkenklaren Himmel.
Tief atmet er ein und wieder aus. „Es tut mir so unendlich leid. Dieser ganze Tag war einfach nur beschissen und ich weiß ehrlich nicht, was in mich gefahren ist. Das Letzte was ich wollte und will ist dir wehzutun, dich gegen deinen Willen irgendwie festzuhalten oder zu bedrängen. Eigentlich alles was ich vorgestern getan habe, spricht gegen meine Prinzipien. Und ich kann zu hundert Prozent verstehen, wenn du mich jetzt nur noch mehr hasst, denn ich hasse mich selber dafür.", mit seinen Worten erschreckt er mich beinahe, da ich bemerke, wie emotional er bei diesen Worten wird und wie schwer es ihm fällt sie auszusprechen. „Dann sind wir schon zwei. Alles was ich mache, spricht auch gegen meine Prinzipien und das mit jedem Moment, den ich bei euch Jungs verbringe.".
Ein wenig verwirrt schweifen Joels Augen zu mir, doch erneut reagiere ich nur mit Worten auf diese. „Du glaubst nicht, wie gerne ich einfach weitergegangen wäre, als Niko mich auf dem Festival angesprochen hat. Dass ich stehen geblieben bin hat schon all meine Prinzipien gebrochen." – „Wieso das?", seine Frage ist kurz und nur zwischen meine Erklärung eingeschoben. „Ich wollte euch nie wieder sehen. Nicht nur dich. Eigentlich keinen von euch. Ich dachte es wäre besser für mich, wenn ich nie wieder mit euch in Kontakt komme, denn wenn das passieren würde, muss ich auch dich wieder treffen. Aber es ist nicht nur das. Es ist jede Sekunde, in der ich an einen von euch denke, in der ich meine Prinzipien einfach nicht mehr beachte. Ich habe aufgehört auf sie zu hören und versuche mein Leben anders zu leben. So, wie es passiert. Das was passiert, das passiert halt und wenn Joonas auf die bescheuerte Idee kommt mich mit nach Helsinki zu nehmen, warte ich eure Entscheidung ab und lasse es auf mich zukommen."
Mein Blick weicht nun zu Joel, der mittlerweile wieder auf das Wasser schaut. „Wieso ‚dachtest'?", zuerst verstehe ich nicht, was er mit seiner Frage meint, bis dass mir auffällt, dass er die Vergangenheitsform hinterfragt. „Weil ich meine Meinung geändert habe. Vielleicht denken viele Menschen, dass sie zufriedener alleine sind, aber mir kann keiner erklären, dass man alleine wirklich glücklich sein kann. Jeder braucht Freunde und wenn ich ehrlich bin, habe ich außer euch keine. Vielleicht ist es also besser mit Menschen unterwegs zu sein, auch wenn es Menschen gibt, von denen man sich eigentlich entfernen möchte und das letzte was man machen möchte ist, Zeit mit dieser Person zu verbringen. Jedoch ist es vielleicht genau diese Zeit, die man braucht um sich über die eigenen Gedanken und Gefühle klar zu werden."
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Died enough for You [Joel Hokka FF] (German)
Fanfiction»Du verstehst es nicht Niko. Ich habe es mir geschworen. Ich habe mir geschworen ihn zu hassen.« Nur ein Augenblick, eine Entscheidung, ein Fehler, kann die Welt eines Einzigen verändern. Ins Glück oder ins Unglück stürzen. Eine Welt, die scheint a...