19 Kralle

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Zum Ende seiner Erzählung drehte ich mich wieder um. Wieder gefasst, ohne Drachenaugen. „Meister Kopkares verlor im Kampf sein Leben... mein Vater." Niedergeschlagen ballte Leris die Fäuste. „Ich musste schwören den Prinzen zu beschützen!" Sie atmete tief durch und hob den Blick. „Lerilla Gemonia von Kopkares, Ritterin von Fellemen und erste der Garde des Hauses Jurka. Das ist der Titel den ich als Ritterin von Fellemen trage!" Stolz stand die Ritterin vor uns stärker als noch vor wenigen Augenblicken. „Ich hoffe ihr helft Leris und mir trotz der Unannehmlichkeiten." Fügte Calen noch hinzu was schlicht ignoriert wurde.

„Das ist tragisch. Kopi war einer unserer Stammkunden." Betroffen seufzte Sonore betrübt. Mit den Händen in den Manteltaschen stand sie im Kreis als eine der kleinsten. Schmal und schmächtig wirkte sie nicht wirklich wie eine Drachentrainerin. Ihr ausgeblichenes Kupferrotes Rückenlanges Haar hing ihr im Gesicht vor den Augen die sie stets geschlossen hielt. Sie war Blind, aber dank der Drachenkraft war sie eine der stärksten im Hort. Sie trug eine hellgrüne Lederjacke die vorne offen war wodurch man ihre darunter liegende schwarze Weste sehen konnte. „Stimmt... er hat sich eine ganze Weile schon nicht mehr blicken lassen." Fiel es Krishta auf und legte nachdenklich den Kopf schief. Sie war ziemlich vergesslich bei allen Dingen die nichts mit Drachen zu tun hatten. Ihr braunes Haar trug sie kurz während es in alle Richtungen abstand. Ihre Lederjacke war dunkelbraun mit einem angenähten Blauen Hinterem Stück das ihr fast bis zu den Füßen runter reichte. 

„Ihr kanntet meinen Vater?" überrascht sah Leris auf. „Du würdest dich wundern wen wir alles kennen." Schmunzelte Haserian schelmisch. „Diese Geschichte ist Tragisch, aber das rechtfertigt nicht Blut auf unserem Land zu fordern! Ich bin dafür das wir sie verbannen." Lenkte Killda zurück zum Thema und zog ihren Helm vom Kopf. Wallend fiel ihr Schulterlanges Platinblondes Haar über ihre Schultern. Streng blickten ihre stechend gelben Augen auf unsere Gefangenen. In ihrer dunklen Rüstung mit rotem Drachen auf dem Rücken und Kurzschwert an ihrer Hüfte besaß sie den unverkennbaren Stolz einer Wächterin. Besonders da unter ihrer Führung kein einziger Drachendieb auch nur in die Nähe der Ställe gelangte.

„Sie zu verbannen wäre wohl noch am einfachsten." Überlegte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich wollte die beiden nur noch los werden bevor sie noch Schaden anrichteten den ich nicht so einfach verhindern konnte. „Das dürft ihr nicht! Ich habe eine Krallenschuld!" wiedersprach Calen energisch. Augenblicklich lag Spannung in der Luft. „Wähle deine Worte mit Bedacht! So etwas solltest du nicht leichtfertig sagen." Warnte Haserian Calen mit glühenden Giftgrünen Augen. Wir wussten das keiner von uns eine Krallenschuld mit Calen hatte. Ein falsches Wort und sein Kopf würde rollen!     

Calen schluckte eingeschüchtert während ein Drachenaugen Paar nach dem anderen drohend aufglühte. Die Brüder knurrten sogar warnend. „Calen, die Krallenschuld ist ein Versprechen, ein Schwur, demjenigen mit allen Mitteln zu helfen dem das Versprechen gegeben wurde. Ein absolut heiliges Versprechen das den Drachntrainer an sein Wort bindet." Erklärte ich sachlich und blieb ruhig. „Das ist mir bewusst." Erwiderte er mit festem Blick. „Gut, dann woher... oder besser gesagt von wem ist die Krallenschuld." Ich senkte meine Hände und steckte das Schwert neben mir in den Boden.

„Mein Vater gab mir die Kralle am Tag des Angriffs. Zusammen mit einer Geschichte. Turgin Grumk versprach meinem Vater einst ihm zu helfen, wenn er Hilfe braucht. Unsere Väter leben zwar nicht mehr aber das Versprechen besteht noch immer!" Hoffnungsvoll sah Calen zu mir. „Wirst du mir helfen, Talrah?" ich musterte Calen genau. Er log nicht das wusste ich sofort.

„Wie können wir wissen das er nicht Lügt nur um unsere Freundlichkeit auszunutzen?" Misstrauisch trat Geiro vor. „Ich kann riechen das er die Wahrheit spricht." Wandte Sonore ein und ihre Silbern glühenden Drachenaugen erloschen wieder. Sie entspannte sich als erste und schloss wie gewohnt ihre Augen. „Ich traue ihm nicht. Er hat den Tod des Herzogs rein aus einer Laune befohlen und sein Schoßhund hätte ohne Widerwort gehorcht, wenn Talrah nicht dazwischen gegangen wäre." Knurrte Killda mit eisblauen Augen die von Silbernen Schlitzpupillen durchzogen wurden. Wütend verzog Leris das Gesicht, aber sie hielt sich zurück während Calen mich fest mit seinem Blick fixierte. „Es mag lobenswert sein das er nicht lügt, aber die Krallenschuld könnte auch eine Fälschung sein. Das hatten wir schließlich schon einmal... oder sie ist gar nicht von Turgin." Wandte Krishta sachlich ein die nicht ihre Drachenaugen hervor geholt hatte. Sie wurde nur sehr selten Wütend genug so dass ihre Drachenaugen hervor traten.

„Was gibt es da noch zu bereden? Verbannen wir sie einfach!" forderte Lortek aufgebracht mit Gelb glühenden Augen. „Ich bin der gleichen Meinung. Blut auf dem Drachenhof zu fordern ist ein schweres Vergehen!" stimmte Tolrek seinem Bruder zu mit tief Blau glühenden Augen. „Neulinge haben zu schweigen!" knurrte Haserian in Richtung der Brüder mit so durchdringendem Blick das die beiden einen Schritt zurück wichen. „Talrah als oberste Drachentrainerin obliegt dir diese Entscheidung." Sprach Shelin und deutete zu den beiden Gefangenen. 

Unter ihren Blicken trat ich vor Calen. „Ich muss erst prüfen wessen Krallenschuld es ist bevor ich ein Urteil fällen kann." Erwiderte ich ernst worauf sie sich wieder etwas beruhigten. An dem Lederband um Calens Hals fischte ich die Kralle hervor. „Woher wusstest du das ich sie um den Hals trage?" wunderte er sich als ich sie ihm abnahm. „Hab's gerochen." Antwortete ich knapp und betrachtete die kurze Schwarze Drachenkralle mit eingeritzter Rune. Ich trat zurück und hob die Kralle an meine Stirn. Kribbelnd spürte ich die Energie der Rune. Ich schloss die Augen. Licht flimmerte auf und ich sah meinen Vater...

Ein stattlicher Mann mit breitem Kreuz und übersäht von Narben. Das dunkle kurze Haar war zerzaust. Eine Narbe verlief ihm quer über den Nasenrücken. Er trug eine verschlissene Lederjacke und grinste breit. Er lachte und haute einem anderen Mann freundschaftlich auf den Rücken was diesen fast zu Fall brachte. Der Mann sah Calen sehr ähnlich nur wirkte er erwachsener, älter und weiser. Das braune Haar wies bereits graue Ansätze auf während er eine silberne Rüstung mit einem großen goldenen Wappen auf der Brust trug das einen Engel zeigte der ein Schwert hoch in die Luft hob wie eine Geste zum Angriff.

„Norus, mein Freund, du kannst auf mich zählen. Du hast mir schließlich geholfen die Weißen Seidendrachen zu finden. Dafür schenke ich dir meine Krallenschuld. Sag einfach bescheid, wenn du was brauchst." Grinsend drückte mein Vater Norus einfach die Kralle in die Hand. „Ich glaube nicht, dass du das so leichtfertig herausgeben solltest, Turgin." Bezweifelte Norus worauf Turgin noch breiter grinste. „Als König, bin ich sicher, dass du sie irgendwann brauchen wirst und wenn nicht krieg ich von Talrah eine gehörige Standpauke." Er lachte und grinste. „Meine kleine Drachentochter liebt es ihrem alten Herrn eine reinzudrücken." Väterlicher Stolz lag in seinen Worten. Das Bild flimmerte und die Erinnerung entschwand.

Taumelnd kam ich zu sinnen. „Talrah! Was hast du gesehen?" Shelin eilte an meine Seite und stützte mich. Mein ganzer Körper erbebte. Tränen rannen über meine Wangen ohne das ich es verhindern konnte. „Es ist die Krallenschuld meines Vaters." Brachte ich mit zitternder Stimme hervor und musste Lächeln. Ich schloss die Hand um die Kralle und musste unwillkürlich Lachen. „Dieser alte Drachenverrückte macht mir selbst im Jenseits nichts als Probleme." Schniefend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht.

Mit meinem Dolch schnitt ich Calen los. „Ich werde dir Helfen, Calen." Ich reichte ihm die Hand. „Ich hatte gehofft das du das sagen würdest." Erleichtert ergriff er meine Hand und ließ sich von mir aufhelfen. Statt danach seine Hand los zu lassen zog ich ihn mir in die Arme. „Danke das du ihn mir noch einmal zurückgebracht hast." Sagte ich leise und drückte ihn fest bevor ich mich von ihm entfernte. Er begriff nicht wirklich was ich damit meinte lächelte mir aber bestärkend zu.

Ich hing mir das Lederband um und die Kralle leuchtete hell auf. Das Lederband zog sich straff um meinen Hals und verschwand. Die Kralle tauchte als Mal wieder auf meinem Hals auf. Tief Schwarz mit der Rune darauf. Sie würde erst verschwinden, wenn meine Schuld beglichen war. „Ihr wollt nach Mellebeth und ich werde euch sicher dort hinbringen und damit die Schuld meines Vaters begleichen." Erneut hielt ich ihm meine Hand hin um das Versprechen zu besiegeln. „Ich werde anstelle meines Vaters diese Schuld bezeugen." Sprach Calen feierlich und ergriff meine Hand. 

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Your sword and my DragonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt