30 Klinge

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Fast den ganzen Tag flogen wir schnurstracks Richtung Osten bis ich schließlich sicher war, dass es keine weiteren Verfolger gab. Wir passierten sogar den Gojon Fluss mit seinen kleinen Häfen und Flussmärkten. Erst bei Sonnenaufgang des nächsten Tages erreichten wir den Molig Drachenhof. Er war etwas kleiner als der meine. Mit weniger Weiden. Der Stall war kleiner und das Haupthaus glich einer kleinen Burg aus massivem Gestein. Aber wie auf jedem Drachenhof gab es Wächter und überall Drachen. Das Brüllen der vielen Drachen zu hören war wie nachhause kommen.

Begleitet von zwei Wächtern landete ich vor dem Hauptgebäude wo Koka und Lapu bereits warteten. Tull landete flügelschlagend und setzte mich ab. „Hey ihr beiden." Eilig rannte ich zu den beiden die mich freudig empfingen und mir ihre Köpfe entgegenstreckten. „Die beiden wollten einfach nicht in die Ställe oder schlafen." Faratos kam mir mit ausgebreiteten Armen entgegen. Die kurzen Brauen Haare waren zerzaust wie immer. Sein Lächeln schief. Die schwarze Lederjacke trug er offen wodurch sein dunkelgrüner Harnisch zusehen war. Wir waren gleichalt und trotzdem wirkte er irgendwie immer erwachsener als er eigentlich war. Narben zierten ihn dutzende so wie viele Drachentrainer.

Ich zog mir die Brille vom Kopf und sprang ihm in die Arme. „Es tut so gut dich zu sehen Faratos!" ich drückte ihn fest was er herzlich erwiderte. „Ich freu mich auch dich zu sehen Talrah." Lachte er und wirbelte mich einmal durch die Luft bevor er mich absetzte. „Du bist sicher erschöpft. Komm rein." Bat er und schickte die Wächter mit einem kurzen Handzeichen wieder weg.

Drinnen standen wir gleich im große Kaminzimmer wo Calen und Leris auf den von Fellen bezogenem Sofa saßen. „Talrah ein Glück dir geht es gut. Ich hab mir schon richtig Sorgen gemacht als du uns auf deinem Drachen einfach zurück gelassen hast!" Erleichtert sprang Calen vom Sofa auf mit einem deutlichen Vorwurf im Unterton. Auch Leris trat erleichtert zu uns. „Ich würde deine Strategie das nächste mal gerne vorher erfahren, aber ich bin dir auch dankbar für unsere Rettung." Dankend senkte Leris ihr Haupt und mit ihrer strengen Hand auf Calens Kopf brachte sie auch ihn dazu sein Haupt zu senken. Sie hatte definitiv dazugelernt. Aber die dunklen Augenringe der beiden waren mir nicht entgangen. Sie mussten die ganze Zeit über hier gewartet haben.

„Wenn du mir danken willst gib mir mal einen aus." Meinte ich nur ungerührt und die beiden erhoben sich wieder. „Ich werde es mir merken." Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Talrah du willst dich doch sicher bei deinen Leuten melden bevor du dich ausruhst." Wandte Faratos ein und deutete zum Flur. „Wir sehen uns morgen." Sagte ich knapp an die beiden ehe ich Faratos in den Flur folgte.

Gähnend öffnete ich meine Jacke und stopfte Brille und Handschuhe in meine Taschen. „Warum begleitest du diese beiden Flachpfeifen? Ein Schnösel und sein Ritter... ich glaube nicht, dass du dich freiwillig mit ihnen abgeben würdest." Knurrte er grollend. Ihm gefiel meine Begleitung offensichtlich nicht. „Ich bringe die beiden nach Mellebeth um die Krallenschuld meines Vaters zu begleichen." Ich zog den Kragen meiner Jacke zurück so dass er das Mal der Kralle sehen konnte.

„Der alte Grumk also, war ja klar." Seufzte er ergeben und stieg vor mir die Treppe am Ende des Flures hoch. Am Ende der Treppe befand sich ein karger kleiner Raum in dessen Mitte ein Holzstamm hervor ragte auf dem der Funkelnde Funkstein saß umrahmt von einem Ring aus Kupfer. „Mein Funkstein ist deiner." Mit einer knappen Bewegung deutete er zum Stein und lehnte sich an die Wand.

Ich legte meine Hände auf den Ring. Die Runen leuchteten auf und das Licht flimmerte durch die Luft. „Ich rufe den Grumk Drachenhof, kann mich jemand hören?" sprach ich und das Flimmern wirbelte durch den Raum. Es wechselte die Farben von Blau zu Grün zu Rot zu Schwarz zu weiß. „Der Grumk Drachenhof hier, her spricht?" Haserian meldete sich zu Wort. Es tat gut seine Stimme zu hören.

„Hier ist Talrah Grumk. Ich melde mich Gesund und Munter zurück." „Talrah? Endlich lässt du mal was von dir hören. Ihr seid bereits eine Woche unterwegs. Wo seid ihr gerade?" Freude schwang in seiner Stimme mit. „Wir sind bei Faratos fürs erste um den weiteren Weg zu planen. Wie sieht es bei euch aus? Steht der Hof noch?" Haserian lachte. „Ja steht noch. Wir kriegen hier soweit auch alles geregelt keine Sorge, aber..., dass du fehlst merken wir trotzdem an jeder Ecke." „Ich kann es auch kaum erwarten wieder nach Hause zu kommen. So schnell überlasse ich dir den Hof sicher nicht." Gab ich neckend zurück und lächelte. „Es würde keinen Sinn machen den Hof zu übernehmen während du nicht da bist. Keine Sorge." Ich konnte förmlich vor mir sehen wie er herausfordernd grinste. „Ich melde mich wieder, wenn sich mir die Gelegenheit dazu bietet." Mit diesen Worten brach ich die Verbindung ab und trat zurück. Das Licht kehrte zurück in den Funkstein.

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Es war warm. Ein sanfter Wind bewegte den Vorhang am Fenster. Die Sonne fiel ins Zimmer und das Brüllen der Drachen schallte über den Himmel. Ich atmete tief ein und stieß die Luft entspannt wieder aus. Mit dem Kissen in den Armen lag ich auf dem Bauch während ich zusah wie der Vorhang sich im Wind bewegte. Nur in meiner Unterwäsche, die Decke nur bis zur Hüfte hochgezogen, fühlte ich mich so wohl wie schon lange nicht mehr.

Das Einzige was vielleicht störte war Faratos. Er lag auf der anderen Seite des Bettes. Mit einer Kralle fuhr er über meine Brandnarbe die zu ihm gerichtet war. Seine Berührung spürte ich nicht wirklich da die Nerven an der Stelle seitdem fast vollständig zerstört waren. „Ich kann mich noch gut daran erinnern als du diese Narbe bekommen hast." Wisperte er gedankenverloren und ich drehte das Gesicht zu ihm. Faratos selbst trug nicht mehr als seine Hose. Die Narben die seinen Oberkörper zierten waren eine einzige. Von der Mitte seiner Brust aus zogen sich rötliche Blitze über seinen ganzen Körper die nur hier und da von Bissspuren oder Kratzern unterbrochen wurden.

„Und ich weiß noch genau welche Angst ich hatte als du die bekamst." Vorsichtig berührte ich das Zentrum der Narbe die ihm damals fast das Leben gekostet hatte. „Mir gefällt viel mehr die Erinnerung an diese hier." Grinsend nahm er meine Hand deren Innenfläche von einer Bissspur durchzogen war. „Die Beißer-Prüfung an der Akademie. Die besten Anderthalb Jahre meines Lebens." In Erinnerung schwelgend lachten wir. „Ich weiß noch gut wie Fenri sich damals vor Angst in die Hose gemacht hat. Tormo ist glatt ohnmächtig geworden als er sein eigenes Blut gesehen hat. Nur Komoni hat erst hinterher geflennt." Lachend wurde sein grinsen breiter bevor wir verstummten. Schweigen legte sich über uns. „Aus unserer Truppe sind nur noch wir beide übrig..." schmerzlich senkte ich den Blick und unterdrückte jede aufkommende Träne.

„Kriegsnarben statt Freunde... die Welt ist wirklich Grausam." Seufzte Faratos und strich mir das Haar aus dem Gesicht. „Aber ich bin froh das wir überlebt haben." „Geht mir genauso." Ich ließ von meinem Kissen ab und rutschte in seine Arme. Faratos war der letzte noch lebende Freund aus meiner Zeit an der Akademie. Viele Reisen hatte ich mit ihm zusammen bestritten. Wir hatten uns gegenseitig so oft das Leben gerettet das ich irgendwann aufgehört hatte zu zählen. Faratos war wohl der einzige den ich noch, außer Haserian, als Familie bezeichnen würde. 

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Your sword and my DragonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt