52 Klinge

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„In dieser winzigen Stadt ist es echt schwer, gute Ausrüstung zu bekommen." Mit einem Ruck hievte ich die schwere Tasche aufs Bett. Da es einzig von mir keinen Steckbrief gab, blieben sämtliche Einkäufe an mir hängen und das wo ich mich gerade erst vom Drachengift erholt hatte... „Wenn ich nicht so gutaussehend wäre, dass mich jeder erkennt, wäre ich selbstverständlich mitgekommen." Prahlte Melion mit breitem Grinsen. „Halt mal die Luft an, dein Ego erdrückt uns alle sonst noch." Gab ich gereizt zurück und warf jedem einen der Umhänge zu.

„Tut mir leid, dass du alleine gehen musstest, aber wie du weißt, trage ich kein Geld bei mir." Entschuldigte sich Vani, die Leris und Melion in der Zwischenzeit verarztet hatte. „Draufgeschießen. Ich bin sowieso die Einzige von uns, die hier gut verhandeln kann." Winkte ich ab und warf meinen Mantel ab, bevor ich mein Oberteil über den Kopf zog.

„Warte! Du kannst dich doch nicht einfach ausziehen!" keifte Calen puterrot und drehte sich schnell weg. Meron tat es ihm gleich. „Ich trag doch noch was drunter." Gab ich verständnislos zurück, während ich mit einem Lappen das getrocknete Blut von meiner Haut wusch. Die Wunde war zu einer hässlichen großen dunkelroten Narbe verheilt. Meine Brustbandagen von dunklen Flecken geschmückt. 

Noch war sie leicht angeschwollen und zwickte bei der Berührung, aber sie war nicht länger eine Bedrohung für mein Leben. Calen empörte sich weiter lautstark. Irgendetwas von, es sei nicht Damenhaft, aber ich hörte eh nicht zu. Leris und Melion ignorierten es ebenfalls. Sie waren mehr damit beschäftigt, sich selbst von Dreck zu befreien und ihre Waffen zu schärfen. Vani leerte derweil weiter die Tasche, die ich mitgebracht hatte.

„Ignoriert mich nicht!" Keifte Calen wütend. „Prinz, es wäre ratsam, die Zeit zur Vorbereitung zu nutzen, statt die fehlenden Manieren der Drachentrainerin zu beklagen." Sachlich gab Leris ihm Konter und drückte ihm eine Schalle Wasser mit Lappen und Handtuch in den Arm. Murrend gab er nach und tat es den beiden Rittern gleich. Meron schloss sich seinem Bruder an. 

~~~

Es war bereits tiefste Nacht, als ich in die Stadt zurückkehrte, nachdem ich bei meinen Drachen nach dem Rechten gesehen hatte. Sie waren noch immer etwas aufgewühlt wegen der letzten Tage, wo ich mehrmals beinahe gestorben wäre. Für sie war das purer Stress. Auch aus diesem Grund hatte ich ihnen meine volle Aufmerksamkeit geschenkt, damit sie sich wieder beruhigten. Was länger gedauert hatte, als ich gedacht hatte...

Die Luft war frisch vom kurzen Regen am Nachmittag. Die nassen Straßen glitzerten im wenigen Licht der Sterne, das hin und wieder durch die Wolken brach. Nicht weit von unserer Herberge entfernt, ging ich in eine Taverne.

Warme stickige Luft wehte mir entgegen, kaum dass ich über die Türschelle war. Es stank nach alten Männern und dem billigen Bier, das sie hier ausschenkten. Minenarbeiter, Reisende, Jäger, Sammler, Abenteurer, Söldner... wie immer bot die Taverne eine große Vielfalt an. Durch den schäbigen Schankraum trat ich an die Bar. Ich bestellte Bier und etwas zu Essen.

Das Bier schmeckte, wie es roch. Billig. Nicht anders verhielt es sich mit dem Fleischeintopf, den die Köchin im hinteren Teil der Taverne kochte. Aber es war in Ordnung für eine kleine Grenzstadt wie diese. Das Essen von meinem Vater war tausendmal mieser gewesen. So mies, dass es ein Wunder war, dass er mit normalen Zutaten überhaupt solche Gerichte erschaffen konnte, vor denen selbst die Drachen geflüchtet waren. Amüsiert in Erinnerung schwelgend lächelte ich in mein Bier hinein. 

Donnernd landeten drei gefüllte Becher vor mir. „Ich würde mich erinnern, so viel bestellt zu haben." Mit einem kurzen Achselzucken deutete der wortkarge Wirt auf die andere Seite des Tresens, wo Melion, Leris und die Prinzen mir zuwinkten. Der Wirt wandte sich wieder seiner Arbeit zu und die Vier kamen zu mir rüber. „Wir haben hier auf dich gewartet. Gut zu sehen, dass dein Appetit zurück ist." Mit einem breiten Lächeln deutete Melion auf meine leere Schüssel. „Ja, nicht vergiftet zu sein ist sehr Appetit anregend." Melion lachte als einziger über meinen Witz. „Es war durchaus furchteinflößend dich so leiden zu sehen und die Traumtrance erst... Wirklich gruselig!" Schaudernd schüttelte Calen sich. „Ich würde darum bitten, dass du das in nächster Zeit unterlässt... bitte?" Bat er, worauf ich nur mit den Augen rollte. Als hätte ich darauf Einfluss!

„Du sagtest, wir sollen dir bei Gelegenheit einen ausgeben." Wechselte Meron das Thema und deutete auf die drei Becher. „Ich bin dir dankbar für deine Hilfe und ich bin froh, dass du wieder gesund bist Talrah." Dankbar schenkte er mir ein aufrichtiges Lächeln. „Ich war schon immer zäh wie Unkraut." Schmunzelte ich und nahm den ersten Becher zur Hand. Bierech glitt würzig über meine Zunge. Erstaunt setzte ich den leeren Becher ab. „Wo habt ihr... ich wüsste es, wenn die hier Bierech hätten." Verschwörerisch sahen Melion und die Prinzen zu Leris. „Sie behalten sich die guten Sachen für ihre Stammkundschaft vor. In der Hauptstadt von Fellemen haben das viele getan und mit der Überredungskunst von Pri... Meron konnten wir dir dein liebstes Getränk spendieren." Berichtete sie mit einem kleinen Lächeln.

„Wir stehen in deiner Schuld und da du nur Bierech als Belohnung annimmst... Taaadaaa." Meron schwenkte die Hände in Richtung der Becher, als würde er einen Zauber wirken wollen. Ich lachte und leerte den zweiten Becher. „Oh ja... Bierech ist das Beste." Wohlig aufatmend setzte ich auch diesen geleerten Becher ab. „Aber ich schulde euch auch noch einen... Wirt!"

Nach den Wünschen meiner Freunde bestellte ich eine Runde und wir setzten uns mit unseren Getränken an einen der Tische. Die Prinzen bekamen natürlich keinen Alkohol, während Meron, Leris und ich ordentlich zulangten. Lachend unterhielten wir uns und genossen die Ruhe nach unserer aufregenden Verfolgungsjagd. 


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Your sword and my DragonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt