50 Klinge

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„Du hast recht, hier zu sein, macht mich traurig.", sagte ich nach einer Weile, während Leris die bereits dritte Mischung zusammen rührte. „Sie muss dir viel bedeutet haben." Sagte Leris, ohne den Blick zu heben. „Sehr viel mehr als dass ich es in Worte fassen könnte." Kurz hielt sie inne. „Und jetzt? Bedeutet sie dir immer noch so viel?" Ich konnte ihre Angst riechen, als sie diese Frage stellte. „Sie wird wohl immer einen Platz in meinem Herzen haben, aber ich habe nicht mehr das Gefühl sie vögeln zu wollen..." überlegte ich. „Talrah!" Erschrocken lief Leris knallrot an. Lachend grinste ich breit. „Nein, es gibt da eine andere, die mir ständig im Kopf herumschwirrt. Sie ist ziemlich niedlich." Verwirrt wich die Röte aus ihrem Gesicht.

„Ich denke, damit ist auch dieser Trank fertig." Ich stand auf und nahm ihr das Gefäß aus der Hand. Sorgfältig füllte ich es in eine kleine Flasche und verkorkte es. „Das reicht wohl fürs Erste. Danke für deine Hilfe, Leris." Noch einmal lächelte ich ihr zu und verließ das Labor. Ich musste mich dringend ausruhen.


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Das helle Licht, das meine Träume in den letzten Wochen geprägt hatte, wurde von einer grausamen Dunkelheit verschlugen. Rotes Licht tauchte das Land in Blut und Asche. Alles war zerstört. Ich stand allein am Abgrund. Verletzt ohne verbündete. Überall krochen Feinde hervor. Den Blutgeruch meiner Kameraden trugen sie mit sich. Die Hitze des Bodens konnte mit der Flamme meiner Wut nicht mithalten. Mein Atem ging schnell.

Meine Wunden rissen wieder auf. Ich schrie auf vor Schmerz. Schwarze Schuppen wallten über meinen Körper. Mir wuchsen Flügel und Schweif. In nicht mal einem Augenblick verwandelte ich mich. Heiß floss das Blut über meine Haut. Ich spürte keinen Schmerz nur unendliche Wut!

Brüllend ballte ich die Fäuste und schoss hoch in den Himmel. Heiß glühte meine Brust und ich spie Feuer auf meine Feinde. Panisch ergriffen sie die Flucht. Zwei von ihnen stellten sich mir mit Schwertern entgegen. Ein dritter schwang einen Zauberstab. Meine Drachen hatte der Magier bereits mit Ketten an den Boden gefesselt, damit sie mir nicht helfen konnten.

„Dachtet ihr etwa, ich könnte ohne meine Drachen nichts ausrichten? Wie naiv ihr Drachenreiter doch seid!" brüllend flog ich auf sie zu. Der Magier sprang vor die Schwertkämpfer und schleuderte mich mit einem Energiestoß zurück. Ich flog weit und krachte in einen großen Baum.

Ich spuckte Blut. Mein Atem ging schneller. Irgendwas stimmte nicht. Mein Körper begann, sich taub anzufühlen. „Verdammter Magier!" Knurrend stieß ich mich ab und spie Feuer. Heiß trafen meine Flammen auf seine Barriere. „Eure Tricks ziehen bei mir nicht!" Ich riss die Arme hoch. Ich sprach die magischen Worte, aber nichts passierte. Wütend brüllte ich auf. „Was habt ihr mit mir gemacht?!" meine Feinde lachten nur und gaben mir keine Antwort.

Rasend vor Wut stürmte ich brüllend auf sie zu. Ich schrie und schlug auf die Barriere ein. Immer und immer wieder. Ihr Lachen wurde immer lauter. Ihre Stimmen klangen verzerrt in meinen Ohren wieder. Meine toten Kameraden erschienen mir vor meinem inneren Auge. „IHR HABT SIE MIR GENOMMEN! JETZT WERDE ICH EUCH ALLES NEHMEN!" Risse zogen sich durch die Barriere und sie brach.

Donnernd landete ich vor den dreien. Schnaufend entstieg Rauch meinem Maul. Blut rann aus meiner Nase. Mein Körpergefühl schwand immer mehr. „Ich... ich werde..." Schwankend taumelte ich ein paar Schritte zur Seite. Ich ballte die Fäuste und stürmte vor. Klirrend trafen meine Krallen auf das Schwert. Verzerrt lachte mein Feind über mich. Seine gehässige boshafte Fratze starrte mich direkt an. „Findest du das witzig, ja?" meine Kraft stieg an. Ein Schwall Blut spritzte aus meiner Wunde und klatschte zu Boden. „Ich reiße dir deinen Kopf ab, mal sehen, ob du dann noch immer so dämlich lachen kannst!" Der Boden brach unter meinen Füßen. Ich wirbelte herum und mit einem Tritt flog der Feind im hohen Bogen über das zerstörte Land.

Da trat plötzlich der Magier vor. Blitze zuckten über seinen Stab, kurz bevor sie in mich einschlugen. Erschrocken sprang ich zurück und ging auf Abstand. Verwundert hielt ich inne. Es tat nicht weh? „Was war das denn bitte? Geht dir etwa schon die..." „Talrah komm zurück!" Laut schallte eine Stimme durch meinen Kopf. Schmerzhaft schrie ich auf und hielt mir den Kopf. „Was zum..." „Talrah!" die Stimme war vertraut. Zögernd sah ich auf. Vani tauchte vor mir auf. Mit einem breiten Lächeln streckte sie mir ihre Hand entgegen. Sie stand in den hohen Gängen der Akademie. Sie trug die Uniform der Akademie. Den grauen Rock zusammen mit dem Roten Blaser. Ihr schönes grünes Haar war kurz und sie ganz die alte, so wie ich sie in der Akademie getroffen hatte. Freundlich und ein bisschen sonderbar.

„Talrah, was träumst du denn hier noch vor dich hin? Na komm schon, der Unterricht beginnt gleich!" heiter lachend rannte sie voraus. Ich blieb stehen. „Talrah?" Verwundert hielt sie am Ende des Ganges. Fragend legte sie den Kopf schief und wartete auf mich. Sie wartete so wie sie es früher immer getan hatte. Es versetzte mir einen schmerzhaften Stich ins Herz und feuerte meine Wut an.

„Wie könnt ihr es wagen mir diese Bilder zu zeigen?!", brüllend richtete ich mich auf. Das Bild der Akademie verschwand. Das zerstörte Land stand in Flammen. Rauchschwaden füllten den Himmel. Während ich in der Illusion gefangen gewesen war, hatten sie die Chance genutzt, um alles in Brand zu setzen! Entsetzen packte mich. Verzweiflung, niemanden beschützt zu haben. Ich schrie! Ich vergrub meine Krallen in meinen Haaren. Tränen liefen mir über das Gesicht. Zu meinen Füßen lagen meine toten Kameraden. Ihre Drachen nicht weit entfernt. Ihr Blut klebte an meiner Kleidung.

Die Schreie meiner Kameraden, die um mich herum im Kampf fielen, vermischten sich mit den meinen. Der Himmel verdunkelte sich. Blitze zuckten durch den Himmel. Sturmwinde warfen Asche und Funken in die Luft. „Wie könnt ihr es wagen, mich mit einer Vergangenheit zu fesseln, die ich niemals mehr... erreichen werde?!" Kraftlos sanken meine Hände an meine Seite. „Mit dieser billigen Illusion könnt ihr mich nicht zu Fall bringen! Ich werde... euch leiden lassen. SPÜRT DEN SCHMERZ MEINER KAMERADEN!"  Voller Hass riss ich die Flügel hoch und der Wind verstummte augenblicklich. Ich ging auf alle Viere und riss das Maul auf. Glühend heiß erstrahlte mein ganzer Körper. Die Erde unter meinen Klauen verbrannte zischend. Der Geruch von verbranntem Gras wehte um meine Nase.  

Das Licht wanderte über meinen Körper zu meinem Maul. Es bündelte sich. Der Magier errichtete bereits fieberhaft seine Barriere, aber das würde ihm nichts bringen. Meine ganze Energie bündelte sich zu einem Feuerstrahl. Ich spie Feuer. Gleißend hell schoss der Strahl aus meinem Maul und vernichtete alles auf seinem Weg. Von der Wucht rutschte ich ein paar Meter über den Boden zurück. Es krachte laut, als die Barriere zerschellte. Dann folgte Stille.

Rauch stieg aus meinem Maul, das ich mir dabei vollkommen verbrannt hatte. Außer Atem zitterte ich vor Erschöpfung am ganzen Körper. Meine Feinde waren weg. Taumelnd raffte ich mich auf. Ich sah mich um, aber da war niemand mehr. Ich war allein. Kraftlos sah ich auf meine zitternden Hände. Sie waren ganz schwarz vor Dreck und Blut. Meine Drachen brüllten voller Leid in den Ketten des Magiers, die sie noch immer am Boden hielten, während sie meinen Schmerz als den ihren empfanden. Unsere Herzen zerbrachen an dem Grauen des Schlachtfeldes. An dem Verlust, den die Drachenreiter über uns gebracht hatten.

„Talrah!" Plötzlich war da jemand. Ich wurde fest umarmt. Der vertraute Geruch von Blumen und Eisen... beruhigte mich. Das Zittern hörte auf. Verwirrt sah ich auf den Jemand herunter, der mich so fest umklammert hielt. Sie war groß. Ihr Haar schwarz. Ihre Umarmung beharrlich. „L...Le...ris...", mit glasigen Augen hob sie den Blick. „Was tust du hier? Es ist gefährlich! Du solltest nicht hier sein!" Besorgt wollte ich sie von mir lösen, aber sie schüttelte vehement den Kopf. „Nein, du solltest nicht hier sein! Talrah du bist in Sicherheit!" Verwirrt starrte ich sie an. Sie hatte überall Schrammen und blaue Flecken.

„Du hast mich schon so oft beschützt. Lass mich dieses Mal diejenige sein, die dich beschützt!" Mit diesen Worten zog sie meinen Kopf zu sich herab und küsste mich. Überrascht zuckte ich zusammen. Die Wärme ihrer Lippen brachte meine Welt zum Beben. Ruhe flutete mein Innerstes und ich erwiderte ihren Kuss. Sanft zog ich sie näher zu mir. Leicht außer Atem löste sie sich von mir. Lächelnd strich sie mir über die Wange. Die Schwärze bekam Risse und zerbrach. Das zerstörte Land wich. Die Sonne strahlte hell auf uns herab.

Blinzelnd kam ich wieder zu mir. Leris trat von mir zurück. Ich löste die Verwandlung auf und sank auf meine Knie. Die Lichtung war völlig zerstört. Hier und da brannte es noch, während eine Schneise der Verwüstung knapp am Haus vorbei mitten durch den Wald verlief. Selbst den kleinen Berg dahinter hatte es ein Loch rein gesprengt. Erstaunt fehlten mir die Worte. "War... ich das etwa?"

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Your sword and my DragonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt