58 II Laute Gedanken

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Die ersten Ferientage flogen nur so dahin und kein Tag verging, ohne dass ich mich lebendiger fühlte als je zuvor.

Jace und ich verbrachten in den letzten Tagen so viel Zeit wie möglich zusammen und machten Ausflüge, gingen Essen und küssten uns, wenn auch immer meine Eltern nicht in der Nähe waren. Einpaar mal fuhren wir sogar aus Charlottesville raus, nur um Waldwege endlangzuspazieren und um zu reden.

Auch wenn ich dachte dass ich Jace mittlerweile kennen würde, wunderte es mich immer wieder wie viel er mir noch zu erzählen hatte. Jedes noch so kleine Detail interessierte mich und ich quetschte jede noch so kleine Information aus ihm heraus, die mich zu interessieren schien.

Die Situation Zuhause wurde wiederum immer merkwürdiger. Es ist schwer zu verstecken was zwischen Jace und mir läuft und die Gefühle die zwischen uns stehen.

Auf der einen Seite verleitet einem dieses Versteckspiel einen Anreiz. Die Angst, jederzeit könnte jemand ins Zimmer platzen oder etwas zu privates mitbekommen. Doch auf der anderen Seite würde ich auch gerne Tagsüber mit Jace Arm in Arm verbringen, ohne auf andere achten zu müssen. Doch stattdessen müssen wir immer warten bis unsere Eltern im Bett sind, damit ich mich in Jace Zimmer schleichen kann.

Dann redeten wir meistens weiter, bis aus Reden Küsse werden und aus Küssen Körperliche Anziehung, die dann zu zarten Berührungen führen, die mich jede Nacht ins Kissen stöhnen lassen.

Wir sind gerade dabei Hand in Hand einen neuen, umbekanten Waldweg endlang zu gehen, als ein Rabe mich hochschrecken lässt, der durch die Baumkronen fliegt.

,,Ich treffe mich heute Abend mit Taylor und den anderen", widmet sich Jace an mich und kickt einen kleinen Stein vor sich her, der ins Unterholz fliegt.

,,Ich dachte wir wollten was Essen gehen?" Ich ziehe eine unschuldige Schnute und blicke ihn von der Seite an. Die Mittagssonne legt sich auf seine rechte Gesichtshälfte und bringt seine braun, grünen Augen zum funkeln.

Mir ist aufgefallen dass seine Gesichtszüge in den letzten Tagen wesendlich sanfter und weicher geworden sind, statt wie sonst, kalt und abweisend. Ich habe das Gefühl dass ihm diese Beziehung genauso gut tut wie mir.

,,Du kannst mitkommen, wenn du möchtest", er verzieht seine schwungvollen Lippen zu einem Lächeln und drückt meine Hand, die ich in seine platziert habe.

Ich nicke zufrieden und atme die frische Frühlingsluft ein, die sich durch die Baumkronen schlängelt und meine Wangen rot und gesund wirken lässt.

Jace sieht mich an und sein Blick vertieft sich in meinen, so dass ich eine sanfte Gänsehaut meine Wirbelsäule Hochkriechen fühle. Ich drücke seine Hand fester und spüre wie sich ein kribbeln in meinen Bauch breit macht.

Aus irgendienen Grund lässt mich Jace Blick und seine Berührungen nachwievor nicht kalt, sondern im gegenteil. In seiner Gegenwart könnte ich alles um mich herum vergessen und mich komplett in seiner Anweseneheit verlieren. Ich liebte seine Hände auf meinen ganzen Körper und schien gar nicht genug davon bekommen zu können.

Jace wusste das nur zu gut und grinste mich frech an. Abprubt zieht er mich mit seiner Hand zu sich, so dass ich gegen seine Brust pralle. Er legt seine Hand um meine Taille und zieht mich noch enger zu sich heran, so dass kein Blatt mehr zwischen uns passen würde. Vorsichtig drückt er seine Lippen auf meine.

Mein Bauch zieht sich glücklich zusammen und sofort vertiefe ich meine Hand in seinen Haaren und atme seinen gutriechenden Duft ein. Bei jedem Kuss kommen die glücklichen Schmetterlinge wieder zurück und ich kann immer noch nicht genug von ihm kriegen.

Zusammen taumeln wir rückwärts, bis ich mit meinem Rücken gegen einen Baum stoße und ich Jace Mundwinkeln zucken spüre. Ich atme laut aus, als er mich noch änger an den Baum presst und ich eine erregung in seinem unteren Bereich warnehme.

So ungefähr sah die letzte Woche bei uns aus. Ein Kuss fürhte zum einen und letzten Endes endete es immer mit dem gleichen. Wiederum würde ich es auch nicht anders wollen, doch in diesem Moment war es wirklich unpassend. Wie zwei Drogenabhängige ziehen wir uns an, weil wir einfach nicht genug voneinander kriegen können.

,,Jace", murmel ich zwischen unseren Küssen, ,,Jaceeee...", er will gar nicht aufhören, bis ich ihn sanft von mir drücke.

,,Ich hab meiner Mom versprochen heute mal pünktlich zu sein, dass weist du", ich sehe ihn entschuldigend an, doch Jace verzieht seinen Mund. Langsam gehe ich an ihm vorbei und streife meine Hand über seinen unteren Bereich, ,,Heute Abend", flüstere ich und mache mich auf den Weg zum Auto, doch Jace packt mich und wirft mich wie ein nasser Sack über seine Schulter, so dass ich erschrocken aufquietsche.

,,Aha, du entscheidest ab jetzt also?" Er gibt mir einen klapps auf den Po. ,,Unsere Eltern werden den ganzen Abend da sein, wir müssen uns langsam mal was besseres ausdenken."

Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. ,,Was meinst du?" Frage ich ihn, doch da lässt mich Jace auch schon wieder von seiner Schulter runter, so dass ich ihm ins Gesicht gucken kann.

,,Ich meine, dass wir das...", er zeigt mit dem Finger zwischen uns, ,,Nicht für immer geheim halten können. Ich will ja nicht zu direkt sein, aber es nervt. Ich will dich immer küssen können, egal ob jemand im Raum ist. Und ich will nicht andauernd schiss haben, dass jemand in mein Zimmer kommt, wenn ich es dir gerade besorge".

Bei seinen harten Worten zucke ich kurz zusammen und ich spüre wie die altbekannte Röte zurück in mein Gesicht schießt. Jace merkt, dass seine Worte etwas zu viel auf einmal waren und sanft fährt er mit seiner Hand über meine Wange. ,,Wir müssen es ihnen ja nicht heute oder morgen sagen", flüstert er, als könnte meine Mom hinter den nächsten Baum auftauchen.

,,Aber in absebarer Zeit würde ich mir wünschen dass wir es ihnen sagen."

Ich nicke verständnissvoll. Er hat ja recht. Mit allem. Aber nichtsdestotrotz habe ich Angst mit meiner Mutter darüber zu reden. Ich habe Angst vor ihrer Reaktion und vor dem was sie sagen wird. Meine Mutter und ich haben so ein gutes Band in den letzten Jahren zwischen uns aufgebaut, ich habe Angst es zu zerstören.

Sie liebt Mathew über alles, doch was wenn wir diese neue aufgebaute Familie kaputt machen, indem wir ihnen erzählen dass wir nicht bloß Stiefgeschwister sind, sondern in einer Beziehung.

Der Weg zum Auto verläuft schweigvoller als der Hinweg und man könnte meinen unsere Gedanken laut in den Baumkronen wiederhallen zu hören.

Sag Niemals NieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt