"Das hättest du ihm nicht sagen müssen", sagt Jace nach einer halben Ewigkeit, in der es so still war, dass man gehört hätte, wie eine Nadel zu Boden fällt.
"Du hättest dich nicht mit Miray anlegen müssen, obwohl du klar und deutlich keinen Grund hattest, mir zu helfen", feuere ich ernst zurück.
Reggie sieht zwischen uns beiden Hin und Her, doch meine Augen fixieren Jace, während auch er seine Augen nur auf mich gerichtet hat.
"Ich hätte jedem geholfen, der in deiner Lage steckt. Mir war nicht klar, dass du noch kommst, nachdem du zwanzig Minuten zu spät bist", sagt er nach einigen Momenten und dreht sich wieder zu Reggie um.
Er stemmt beide Hände in die Hüften und sieht seinen Bruder Schrägstrich besten Freund an.
"Ethan hat ein Talent dafür, mich für Dinge zu überzeugen. Außerdem will ich nicht länger von meinen Brüdern abhängig sein", sage ich entschlossen und gehe auf die beiden zu, ehe ich meine rechte Hand von den Henkeln meiner Tasche löse und meine Hand in die Höhe hebe.
Beide Jungs sehen mich verwirrt an, doch Jaceʼ Blick verändert sich langsam, als er zu realisieren scheint, was ich von ihm möchte.
"Fangen wir mit dreißig Sekunden an", sage ich leise und sehe ihm dabei in die Augen.
Meine losen Haare fallen mir wieder ins Gesicht, also puste ich die Luft nach oben, nur damit meine Haare wieder an dieselbe Stelle zurückfallen.
"Du könntest dir auch einfach einen hohen Zopf binden", sagt Jace und macht auf meine Haare aufmerksam, während er keine Anstalten macht, mich zu berühren.
"Du könntest auch einfach meine Hand entgegennehmen", brumme ich genervt.
Er stellt sich etwas gemütlicher hin, doch statt mir die Hand zu reichen, verschränkt er beide Arme vor der muskulösen Brust, die bloß von einem schwarzen Shirt bedeckt ist.
"Bist du dir sicher, dass es klug ist, deine eigenen Grenzen so weit zu überschreiten? Mit einem Fremden?", fragt er dann und sieht mich ernst an.
Mein Blick ist finster, weil seine Worte sich so anhören, als würde er mir sagen, ich könnte nicht damit umgehen.
"In Ordnung. Bevor ihr einander gleich gegenseitig an den Hals springt und euch die Augen auskratzt, verschwinde ich mal. Wir sehen uns zu Hause, Jace", kommt es von Reggie, der Jace entspannt auf die Schulter tippt.
Jace löst seinen Blick nur ganz kurz von mir, nickt seinem Bruder zu und sieht mich dann wieder ernst an.
"Wir sehen uns, Delilah", sagt er dann und läuft durch den Club.
"Lilah reicht vollkommen", sage ich noch, nehme meinen Blick aber keine Sekunde von Jace.
"Dann halt Lilah", höre ich Reggie noch verwundert murmeln, ehe die Türen des Clubs ins Schloss fallen und ich ziemlich erschrocken zusammen fahre.
Ich habe vergessen, wie laut sowas eigentlich ist.
"Du zuckst bei jedem lauten Geräusch zusammen und nicht einmal die Berührungen deiner anderen Brüder kannst du ertragen", merkt er an und sieht mir dabei weiterhin mit dieser ernsten Miene ins Gesicht, die ich kaum deuten kann.
Seine Worte wirken meist ziemlich bedacht und auch rücksichtsvoll, doch die Art, wie er sie ausspricht, ist vorwurfsvoll und gibt einem das Gefühl, als würde er sich für etwas Besseres halten.
"Ich wurde beinahe vergewaltigt und hatte eine Waffe im Gesicht, Jace. Ist doch klar, dass ich mich erst wieder von diesem Ereignis erholen muss", sage ich mittlerweile ziemlich genervt und lasse meine Hand nun endlich sinken.
"Und genau aus diesem Grund, kann ich nicht verstehen, warum du dich so sehr darum bemühst, mich zu berühren", sagt er und sieht mich weiterhin mit verschränken Armen an, während seine Miene inzwischen langsam streng auf mich wirkt.
"Weil ich diese Scheiße so schnell wie möglich überwinden will!", zische ich lauter als mir lieb ist.
"Wer gibt dir das Gefühl, dass du dich so anstrengen musst? Deine Brüder? Das bezweifle ich ganz stark."
Er hat recht und dementsprechend schockiert sehe ich ihn auch an.Mich zwingt niemand dazu, wieder normal zu werden, doch ich mache mir ständig selber diesen Druck.
Ich will nicht weiter diese Probleme haben und mich endlich wieder frei fühlen, wenn ich eine Person berühre.
Was ist, wenn ich für immer gebrochen bleibe und ich niemals jemanden finde, der damit so gut klarkommt, wie meine Brüder und die anderen beiden es tun?
"Ich will es von mir aus", sage ich und bekomme nichts anderes heraus.
Wieso treffen seine Worte immer ins Schwarze?
Hat er eine Art super Fähigkeit, die ihm dabei hilft?
Sein Blick wirkt nachdenklich, während er keine Anstalten macht, sich zu rühren und das nervt mich, also gehe ich einen Schritt auf ihn zu, befreie einen seiner Arme und will gerade nach seiner Hand greifen, doch er zieht sie mit Leichtigkeit zurück.
"Jace, bitte!", sage ich frustriert.
"Die Sache mit Isabelle und Miray ist noch lange nicht geregelt. Die beiden werden mich so lange nicht in Ruhe lassen, bis ich das tue, was sie von mir verlangen und um mich gegen die beiden zu wehren, muss ich das überwinden. Wenn mir jemand dabei helfen kann, dann jemand, der nicht mit mir unter einem Dach lebt und der sich mein Vertrauen erst verdienen muss. Also bitte!", zische ich und ziehe wieder an seinem Arm.
Dieses Mal lässt er es zu, doch statt seine Hand zu greifen, ziehe ich seinen Arm unbeabsichtigt so feste zu mir, dass er nach vorne stolpert und direkt in mich hinein stößt.
Wir beide waren darauf definitiv nicht vorbereitet, weshalb ich nach hinten stolpere, mit den Hacken gegen eine Matte stoße und nach hinten falle.
In der Hoffnung, mich irgendwo festzuhalten, kralle ich mich an seinem Arm fest, doch er war genauso wenig darauf vorbereitet, wie ich, weshalb ich ihn unbeabsichtigt mit mir ziehe.
Ich lande weich, doch Jace tut es ebenfalls.
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Magnificent Connection
RomanceDelilah Hale wurde Opfer einer schrecklichen Erfahrung, welche ihr Leben vollständig verändert hat. Ihre Ängste sind unerträglich und ihre Probleme scheinen unlösbar. Als ihre vier Brüder ihr ein Ultimatum stellen, entscheidet sich Delilah gegen die...