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"Du musst dich konzentrieren, Raven."
Seine Stimme ist rauchig und seine Hände liegen auf meinen Hüften, während er mir so verdammt nah steht, dass ich seine Körpertemperatur an mir spüren kann.

"Sagst du so leicht", murmel ich und versuche mich etwas standfester auf meine Füße zu stellen.

Irgendwie habe ich Angst, ich könnte bei jeder nächsten Bewegung einfach umfallen, doch das liegt wohl daran, dass ich so nervös bin.

Immerhin kann ich mich kaum konzentrieren, wenn Jace mir so nahe ist.

Sein Zusammenbruch ist mittlerweile bereits eine ganze Woche her, doch seitdem, haben wir jeden Tag und auch jede Nacht miteinander verbracht.

Außerdem haben wir uns mal wieder daran gemacht, das Training wieder zu starten.

"Als du mir den Ellenbogen in den Magen gerammt hast, war es doch noch einfach", flüstert er provokant in mein Ohr.

Sofort bildet sich eine riesige Gänsehaut auf meinem Körper, also schiebe ich seine Hände von meinem Körper und fahre zu ihm herum.

"Du bist unerträglich, mein bester", sage ich und blicke ernst in sein schmunzelndes Gesicht.

Er betrachtet mich einen Moment stumm, doch dann lacht er amüsiert auf, verschränkt die Arme vor der Brust und räuspert sich einmal, um professioneller zu wirken.

"Glaub nicht, dass es für mich einfacher ist. Ich habe dich jede Nacht in meinen Armen und kann nicht das tun, wonach mir ist. Da staut sich so einiges an, Raven", erklärt er und unterstreicht seine Rede mit einem überfleißigen nicken.

Ich hebe eine Braue und verschränke jetzt auch die Arme vor der Brust.

"Langsam habe ich das Gefühl, du fühlst dich zu wohl in meiner Gegenwart. Du lächelst mehr und lachst sogar. Außerdem ärgerst du mich viel zu gerne."
Wieder bildet sich langsam ein Lächeln auf seinem perfekten Gesicht und auch, wenn ich so tue, als würde es mich stören, ist das absolut nicht der Fall.

Sein Lächeln ist perfekt und nur für mich.

Selten schenkt er es seinen Freunden, doch meiner Erfahrung nach, haben die Jungs andere Wege, wie sie einander zeigen, dass die Jungs einen großen Platz in ihrem Leben haben.

"Ich kann gerne wieder damit aufhören", lächelt er und schon lasse ich die Arme fallen und gehe auf ihn zu.

"Bloß nicht!", setze ich noch eilig hinten an und hebe meine Arme.

Er rührt sich nicht, doch ich schlinge meine Arme um seinen Hals, ehe ich mich auf die Zehenspitzen stelle und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen setze.

"Dein Lächeln am Morgen ist für mich, wie ein Kaffee. Ohne das Lächeln komme ich bestimmt nicht mehr durch den Tag", sage ich und schiebe meine Unterlippe nach vorne, um so zu tun, als wäre ich beleidigt.

Jetzt verzieht er das Gesicht und tut so, als würde er angestrengt nachdenken, ehe er die Arme vor der Brust lockert und seine Hände langsam an meine Hüften legt.

"Dann brauche ich noch einen davon", sagt er und spielt auf den flüchtigen Kuss von eben an.

"Dieses Mal nur länger", fügt er noch leise hinzu und sieht mir dabei direkt in die Augen.

Meine Wangen werden viel wärmer, wenn er mich so ansieht, als wäre er...

Verliebt?

Ich kann es nicht wirklich einschätzen, doch es lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch vollends durchdrehen.

Langsam stelle ich mich wieder auf die Zehenspitzen und will meine Lippen gerade auf seine legen, da werden wir durch einen lauten Knall unterbrochen und schon zucke ich erschrocken zusammen und meinen Lippen entkommt ein Quietschen.

In letzter Zeit ist sowas nicht mehr vorgekommen, doch es sind die Momente, in denen ich vollkommen entspannt bin, die mich dann so unerwartet erschrecken.

"Jace!", brüllt eine unbekannte und tiefe Stimme, doch sofort verkrampft Jace sich unter mir.

Eilig sehe ich zur Seite und sehe dabei zu, wie ein fremder Mann in teurer Kleidung und einem viel zu hochwertigen Aufzug auf uns zukommt.

"Du wirst dich nicht wieder für Kämpfe registrieren!", brüllt der Mann vollends in Rage und hebt dabei die Hand, mit welcher er mit dem Zeigefinger in unsere Richtung zeigt.

Jace lässt von mir ab, schiebt mich sanft aber bestimmt von sich und nimmt etwas Abstand.

Sofort betrachte ich ihn besorgt, doch es braucht nur einen Blick, um zu realisieren, dass er schon in den ersten Sekunden einer Begegnung mit diesem Mann dabei ist, seine Kontrolle zu verlieren.

"Das hast du nicht zu entscheiden", antwortet er mit einem bissigen Unterton und schon fühle ich mich total fehl am Platz.

"Deine Mutter auch nicht! Jedenfalls nicht, ohne es mit mir besprochen zu haben! Beweg deinen Arsch hier runter und rede mit mir, wie ein Mann es tun würde!"
Mit zusammengezogenen Brauen sehe ich zur Seite und betrachte den Mann skeptisch.

Wer denkt er zu sein, dass er so mit Jace spricht?

"Ein richtiger Mann hätte dir längst den Arsch aufgerissen. Sei einfach froh, dass ich mich, wenn möglich, nicht mit dir abgebe. Um genau das zu vermeiden, möchte ich anmerken", kommt es kühl und doch bedrohlich von Jace.

Total verwirrt sehe ich von dem fremden Mann zu meinem Freund, welcher sich von Sekunde zu Sekunde mehr anspannt.

"Wie sprichst du mit deinem Vater?", brüllt er Mann plötzlich mit solch einer Lautstärke, dass mir auf einmal total kalt wird.

Vater?

Also ist das der Vater, von dem Reggie gesprochen hat?

Der Vater, welcher Jace so ruiniert hat und welcher nicht bei der Beerdigung seiner Tochter war?

Mein Herz schlägt schneller und mein Mund wird ganz trocken.

Magnificent ConnectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt