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"Und mit wem willst du gehen?", fragt Ethan mich skeptisch, als er mich dabei beobachtet, wie ich mit dem himmelblauen Kleid vor meinem Spiegel stehe und mein Kleid glatt streiche.

"Mit Jace", antworte ich recht genervt über seine Neugierde und natürlich auch über die Tatsache, dass Declan hinter ihm steht wie ein über neugieriger Hund.

Er spricht nicht mit mir und will sich trotzdem noch in mein Leben einmischen.

Seit ich ihm nach der Beleidigung Jace gegenüber eine der heftigsten Ohrfeigen gegeben habe, die ich jemals verteilt habe, hat er mich ignoriert und ist mir aus dem Weg gegangen.

"Nur mit Jace?", fragt Ethan und die Art, wie er es sagt, bringt mich dazu, meine Augen zu verdrehen.

"Erst behandelt ihr mich alle wie einen Haufen Dreck und versucht über meinen Kopf hinweg zu entscheiden, ob ich zu unserem Vater ziehen muss oder nicht. Dann sagt ihr, dass ihr mir mehr Freiheiten gebt, zieht alle Vorteile zurück, die ihr mir verschafft habt. Und jetzt willst du wieder den Beschützer raushängen lassen?", frage ich wütend, als ich mich zu ihm herumdrehe.

Er betrachtet mich schockiert, so, als wäre er nicht darauf vorbereitet gewesen, dass ich so einen Ausbruch bekomme.

"Ich mache mir nur Sorgen um dich, Krümel", versichert Ethan mir jetzt mit ruhiger Stimme, doch meine Wut bleibt bestehen, als Declan sich hinter ihm bewegt.

"Und er versucht nur einen Weg zu finden, mir zu beweisen, dass er recht hat. Das kannst du knicken, Declan. Jace ist nicht so, wie du ihn einschätzt", knurre ich meinem Bruder wütend entgegen, doch schon lacht er amüsiert auf.

"Halt die Schnauze, Declan", mahnt Ethan ihn sofort, doch das reicht mir nicht aus.

Sie alle sind zu viel.

Zu viel Beschützen, zu viel Kontrolle und auch zu viel Obsession über mich.

Ich bin kein verfluchter Gegenstand, den man zu beschützen hat, als hänge sein Leben davon ab.

Ich bin ein eigenständiger Mensch, mit Bedürfnissen, einem eigenen Willen und all das eigenständige Zeug.

"Ja, ich gehe nur mit Jace. Vorher holen wir noch einen Freund von mir ab und bringen ihm dann zu seinem Date, ehe wir auf unser eigenes gehen", sage ich und drehe mich wieder zum Spiegel um.

Erst, als ich die bedrückende Stille in meinem Raum bemerke, realisiere ich meinen Fehler.

Ich hatte nicht vor, ihnen zu sagen, dass Jace und ich auf ein Date gehen, weil es sie nicht zu interessieren hat.

Immerhin bin ich alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Meine Situation soll mich nicht davon abbringen, Fehler zu machen, von denen ich in Zukunft lernen kann.

"Ihr tut bitte was?", fragt Declan mit solch einer Schärfe in der Stimme, dass ich glaube, man könne sich alleine an dem Ton darin schneiden.

Langsam drehe ich mich wieder zu den beiden um und betrachte ihre alarmierten Blicke.

Declan steht inzwischen direkt neben Ethan in meinem Zimmer, hat immer noch die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtet mich voller Wut.

Seine Wut über die Tatsache, dass ich mit Jace auf ein Date gehe, macht mich wütend.

"Ich brauche mich nicht zu wiederholen, wenn du genau gehört hast, was ich gesagt habe. Schön, dass du wieder mit mir sprichst, aber es geht dich einen feuchten Dreck an", sage ich ernst und gehe auf meinen Schreibtisch zu, über dessen Stuhl meine Lederjacke hängt.

Diese nehme ich in die Hand und ziehe sie mir über, ehe ich mein langes schwarzes Haar aus der Jacke befreie.

"Du gehst auf ein Date mit Jace? Auf ein richtiges Date? Bedeutet das dann, dass ihr jetzt zusammen seid? Ihr kennt euch doch überhaupt nicht, also was lässt dich so handeln?", fragt Ethan einen Haufen Fragen, schafft es aber irgendwie ruhig zu bleiben.

Ich greife in meine kleine Schale und nehme ein Haargummi heraus, ehe ich es mir um das rechte Handgelenk mache und über seine Frage nachdenke.

"Erinnerst du dich noch an die Sache mit der Bank? An das, was danach kam? Die Gänsehaut bei Berührungen und das Unwohlsein in der Nähe von Leuten?", frage ich leise, ohne mich zu den beiden zu drehen.

Eben habe ich Schritte vernommen, doch ich wage es mich nicht, aufzusehen, um zu kontrollieren, wer sich zu uns gesellt hat.

Natürlich erinnern sie sich noch daran.

Sie alle tun es.

Als keiner antwortet, nehme ich meinen Schmuck in die Hand und beginne ihn anzulegen.

"Bei Jace und Reggie ist es anders. Es ist nicht da. Nichts davon. Ich fühle mich bei Reggie wohl, sehe einen guten Freund in ihm und kann bei ihm einfach ich selbst sein", erkläre ich, als ich meine Ringe anlege.

Endlich sehe ich auf, betrachte mich flüchtig in dem Spiegel an meinem Schminktisch und drehe mich dann langsam zu meinen Brüdern.

Inzwischen sind alle aus dem Haus dazu gekommen.

Emma hat von hinten ihre Arme um Ethan geschlungen, während Cole im Flur an der Wand lehnt, den Kopf gesenkt behält und stumm lauscht.

Dylan hat sich neben Declan gestellt und tut dasselbe.

Stumm meinen Worten lauschen.

"Jace ist rücksichtsvoll. Er berührt mich nur mit Zurückhaltung und kümmert sich immer gut um mich. An dem Abend des Schulfestivals bin ich mehrfach hingefallen, habe mir die Hände und die Knie aufgeschlagen, bis sich kleine Steine in den Wunden gesammelt haben", erkläre ich und schaue auf meine Handflächen, in denen noch die leichten Schatten der Verletzungen liegen.

"Jace hat sie total sanft versorgt und immer zu mir aufgesehen, wenn ich vor Schmerzen die Luft eingesogen habe."
Ich sehe auf und bemerke, dass meine Stimme anders klingt.

Meine Augen treffen auf Declan, der mich noch immer total wütend betrachtet.

"Er glaubt, was du ihm gesagt hast. Jace denkt deinetwegen, dass er verdorben ist und hat mich deshalb von sich gestoßen", sage ich finster und sehe ihn auch dementsprechend an.

"Das liegt daran, dass nicht nur ich es ihm..."

"Declan", unterbricht Cole ihn mahnend und schon beginnt mein Herz schneller zu schlagen.

Sie verheimlichen mir etwas und das stört mich.

Wütend greife ich nach meinem Handy, ohne meinen Blick von meiner Familie zu nehmen.

"Mir ist egal, was ihr über ihn denkt oder was gerade alles mit unserer Mutter passiert. Es interessiert mich genauso wenig, wie sie sich für uns interessiert hat. Und mir ist egal, was ihr darüber denkt, wenn ich mit den Jungs Zeit verbringe. Ihr habt mir mehr Freiheiten versprochen und dafür verlangt, dass ich euren Preis dafür zahle, also haltet euch auch an eurer Versprechen", sage ich noch wütend, ehe ich mich einfach an allen vorbeidränge und die Treppen nach unten laufe.

Natürlich ist mir bewusst, dass ich klinge, wie ein bockiges Kleinkind, doch ich habe es satt, mich immer nach meinen Brüdern richten zu müssen.

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