Paula
Paula schaffte den nächsten und auch den übernächsten Arbeitstag irgendwie. Sie übersetzte wie ein Roboter die schrecklichen Sätze der amerikanischen Erfolgsautorin, dachte nicht mehr weiter darüber nach.
Wenn die Leserinnen das so haben wollten, würde sie ihnen eben das liefern.
Wenn der Verlag diesen Schund veröffentlichen wollte, sollte er das doch tun.Dann stand sie mit nervösem Magenzucken vor der Türe von Ilona Schicker. Sie klopfte vorsichtig, dann noch einmal entschlossener.
„Herein!" hörte sie von innen.Sie betrat den Vorraum, der Schreibtisch der Sekretärin war unbesetzt. Eine Frau in den Vierzigern kam ihr schon entgegen.
„Frau Becker! Schön, dass Sie da sind!" begrüßte sie sie herzlich.Danach folgte das Gespräch, während dem sich Paula vorkam wie in einem Film.
Ihre Abschlüsse wurden hochgelobt, ihre Qualifikationen veranlassten ihr Gegenüber zu Begeisterungsstürmen.„Also! Wann können Sie anfangen?" fragte die Frau schließlich.
„Ah! Naja! Ich bin ja noch in der Probezeit beim Verlag. Da kann ich eigentlich von heute auf morgen kündigen!" erklärte Paula mit zitternder Stimme.
„Sehr gut! Also, dann sehen wir uns nächsten Montag!" verkündete Frau Schicker, und um Paula drehte sich alles.Das Karussell wurde noch schneller, als sie das Gehalt auf dem Arbeitsvertrag las, den ihr die Frau zur Unterschrift vorlegte. Das wäre das Vierfache von dem, was sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber verdient hatte.
Ilona deutet ihr Zögern falsch. „Das wäre nur das Einstiegsgehalt. Die Von-Berneck –AG zahlt wirklich gut für gute Leistungen!"
„Ja! Ja! Das ist schon in Ordnung!" stammelte Paula.
„Und Sie wären also auch bereit, mit den verschiedenen Delegationen zu reisen? Wir haben ja Niederlassungen praktisch rund um den Globus!" Ilona wollte sich schon noch rückversichern.
„Natürlich!" antwortete Paula. „Das ist ja genau das, was ich machen will!"
Ilona war zufrieden. Sie hatte zwar nicht die geringste Ahnung, warum dem Juniorchef so viel an der Einstellung dieser Kleinen lag, aber er hatte auf jeden Fall ein gutes Gespür gehabt!
Sie war ja auch sehr hübsch! Ob der der junge von Berneck und sie......?
Man hörte ja so einiges von dem Firmenerben. Er sollte ja nicht nur im Betrieb sehr tüchtig sein!Sie setzten beide ihre Unterschrift unter die Verträge, Ilona packte die Exemplare für Paula in eine edle Mappe.
„Dann melden Sie sich am nächsten Montag in der Abteilung 101- 16- 5!"
Sie markierte auf einem Lageplan die Räume der Übersetzer, und Paula wankte vollkommen überwältigt hinaus.Am Freitag flog sie in den Verlag. Sie ließ sich einen Termin bei der Chefin geben, den die Sekretärin ihr auch gnädig gewährte.
Am Abend vorher hatte Paula ihr Kündigungsschreiben verfasst. Es hätte auch ausgereicht, wenn sie es dem Vorzimmerdrachen zur Weiterleitung hingelegt hätte.
Aber ein ganz klein wenig an Triumph musste sie sich doch zugestehen.Die Chefin empfing sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
Was das junge Ding wohl wollte?
Erst ein paar Wochen da und schon aufmüpfig gewesen!Na, die müsste sie wohl in ihre Grenzen weisen!
Sie war zwar hochqualifiziert, könnte es noch weit bringen, aber nur, wenn sie sich anpasste.
Außerdem hatte ihr Sohn ihr erzählt, dass sie ihn permanent anbaggerte.
Das ging ja wohl gar nicht!Paula sagte nur: „Ich kündige!" und legte das Kuvert auf den Tisch.
Da verschlug es der Älteren dann die Sprache.
„Was ... was ... was ... heißt das? Sie kündigen?" fragte sie verdattert.
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Paulas Plan
RomancePaula hat nach dem Tod ihrer Eltern trotz der Trauer ihr Ding durchgezogen. In Rekordzeit hat sie ihr Studium abgeschlossen, mit einem Doktortitel und vier Diplomen in fünf Sprachen. Nun beschließt sie, dass es an der Zeit ist, ihre Unschuld zu ver...