Kapitel 26

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Paula

Paula wunderte sich in den nächsten Wochen. So viele Geschäftsreisen, auf die sie musste!
Aber es war herrlich! Genau so hatte sie sich ihren Job vorgestellt.
Brasilien – sie sprach mittlerweile leidlich Portugiesisch – Argentinien, Spanien, Frankreich, England und schließlich sogar China!

Die Hälfte der Monate war sie unterwegs. Meistens mit Karsten, aber auch mit anderen Managern.
Karsten behandelte sie anders, seit sie sich ausgesprochen hatten. Er war der humorvolle Freund, der rücksichtsvolle Chef, der hilfsbereite Kumpel.

Er versuchte nicht mehr, mit ihr zu flirten oder sie gar zu küssen.
Probleme hatte sie dagegen mit Dr. Marbach, einem rundlichen Mittfünfziger, mit einem dicken Goldreif am Ringfinger. Er hatte wohl den Eindruck, er hätte ein Betthäschen mit auf Reisen genommen.

Doch mit ihrem neuen Selbstbewusstsein und dem Wissen um Karstens Unterstützung, konnte sie ihm ganz gut Paroli bieten.
„Bei unserem Junior sollen Sie nicht so prüde gewesen zu sein!" knallte ihr der Manager am vorletzten Abend in London hin.
„Haben Sie sich schon einmal im Spiegel betrachtet und sich mit Dr. von Berneck verglichen?" antwortete sie kühl.
„Ihre frechen Worte könnten Sie Ihren Job kosten, mein Fräulein!" Er war auf hundert.
„Und Ihre anzüglichen Worte könnten Sie Ihren Job und Ihre Ehe kosten!" antwortete sie.

Damit waren die Fronten geklärt, die Grenzen gezogen. Wider Erwarten arbeiteten sie von da ab gut zusammen.
Dr. Marbach schätzte die Arbeit der Kleinen sehr, die sich auch nicht scheute, bei verfahrenen Verhandlungen einzugreifen. Sie hatte mittlerweile auch einen Doktortitel, wie er ihren neuen Visitenkarten entnahm.

Ihre Doktorarbeit in Germanistik war hoch ausgezeichnet worden, sie ließ den Titel voll Stolz mit aufdrucken. Ihre vier Diplome dagegen behielt sie für sich.

So verging Monat für Monat. Sie betäubte sich mit Arbeit, wenn sie zu Hause war, ging sie mit Sebastian auf ein Bier oder traf sich mit ihm in einer der beiden Wohnungen. Er steckte noch immer in seiner On-Out-Beziehung mit Pam fest, genoss aber auch sein Leben. Das eine oder andere Mädchen teilte sein Bett mit ihm, aber er ließ sich auf nichts Festes ein – ein Zustand, der ihm immer besser gefiel. Zum Reden und Blödsinn verzapfen hatte er Paula, für Probleme Pam, also konnte er sich fast wie in einer Beziehung fühlen.

Manchmal führte auch Karsten sie zum Essen aus, aber nicht mehr zu einem Candle-Light-Dinner. Er hatte immer noch Stefans Worte im Ohr, seine Erklärungen.
Aber auch Paulas Blicke.

Er fühlte sich wohl in ihrer Nähe, datete allerdings auch andere Frauen.

Paula merkte, wie die jungen Männer sie ansahen, wenn sie mit einem ihrer Freunde unterwegs war. Es tat ihr gut.

Oft dachte sie an den Abend in der Disco, an die abfälligen Blicke auch der unscheinbarsten Jungs. Oft gab sie diese Blicke nun auch zurück, ließ ihre Augen von oben bis unten über die Typen gleiten, verzog ihre Lippen süffisant.

Was willst du denn von mir? hieß das, und der eine oder anderen machte sich mit roten Ohren von dannen.
Sie genoss die neue Macht über Männer, die ihr ihr verändertes Aussehen und ihre neue Selbstsicherheit gaben.

Doch sie wollte ja auch keinen von ihnen. Sie wollte noch immer den hübschesten von allen, sie wollte noch immer nur Stefan.
Sie wusste nicht, warum.
Sie kannte ihn kaum, hatte nur die wenigen Worte, die er zu ihr gesagt hatte und von denen sie kein einziges je vergessen würde.

Sie hatte nur den Blick aus seinen schönen Augen, dem sie mehr geglaubt hatte als seinen Worten.
Sie hatte nur die Erinnerung an seinen Körper, seine Hände und Lippen auf ihrem, sein Stöhnen, sein Seufzen, das noch immer in ihren Ohren klang, als hätte er noch gestern im Bett neben ihr gelegen.

Paulas PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt