Kapitel 17

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Aurelia

Aurelia langweilte sich zu Tode. Gut, sie war verheiratet mit Stefan, ihrem Traummann.
Sie hatte Geld ohne Ende!
Sie musste nicht arbeiten!
Sie konnte den ganzen Tag machen, was sie wollte.

Aber was wollte sie denn?
Feiern, Party, trinken, lachen, jung sein!
So hatte sie sich ihr Leben ausgemalt.

Und jetzt?
Stefan war zwar ein aufmerksamer Ehemann, seit einiger Zeit noch aufmerksamer als zu Beginn ihrer Ehe.
Sie waren immerhin drei Wochen in Urlaub, aber das war ja denn auch nicht das Gelbe vom Ei gewesen.

Den ganzen Tag hatte sie in dieser feuchten Hitze durch die Gegend rennen müssen, im Hotel waren die Gäste jenseits jeder akzeptablen Altersgrenze.
Keine Disco, keine jungen Leute!
Zu Hause blieben ihr dann die Doku-Shows den ganzen lieben Tag.
Die Freunde studierten alle irgendeinen Blödsinn, sogar die lebenslustige Sophia war zur Streberin mutiert.

Irgendwie schienen sie alle zu meiden, wenn sie sie anrief, hatten alle immer schrecklich viel zu tun. Da half dann ein Glas Wein, danach ging es ihr etwas besser.
Hin und wieder ging Stefan auch mit ihr aus, das waren die Highlights.

Dann wurde sie idiotischer Weise schwanger! Wie hatte ihr das nur passieren können?
Aber Stefan war überglücklich, die Schwiegereltern schienen sie nicht mehr ganz so abschätzig zu behandeln.

Aber neun Monate dieses Ding da in sich zu haben?
Sie wusste nicht, ob sie das aushalten konnte.
Ein Schlückchen hin und wieder würde schon nicht schaden!

Es machte doch nur alles leichter für sie.
Alles, was sie tagsüber so gerne aß, hatte Stefan weggeworfen.
Statt dessen sollte sie selbstgemachten Joghurt und Salat essen!

Sie hasste beides bis in den Tod.
Dann erwischte er sie auch noch mit der leeren Weinflasche. Sie wusste gar nicht mehr, wie das hatte passieren können, dass sie die ausgetrunken hatte.
Er versteckte alle anderen Flaschen vor ihr, da hasste sie ihn beinahe.

Aber sie war schlau! Sie ging in die Tankstelle in der Nähe, kaufte sich eine Auswahl an kleinen Schnapsfläschchen, eine ganze Handtasche voll.
„Wir feiern heute eine Mini-Party!" erzählte sie dem Besitzer, schenkte ihm ein süßes Lächeln.

Die kleinen Dinger ließen sich gut verstecken, schnell kippen, leicht entsorgen. Sie wurde die beste Kundin des Tankwarts, sparte sich die Ausreden.
Es ging ihr einigermaßen gut, das Leben war erträglich. Abends war dann Stefan da, schaute mit ihr zusammen ihre Sendungen an. Hin und wieder schlief er auch mit ihr, aber der Sex war ihr nicht mehr so wichtig.

Das waren wohl die Hormone wegen dieses Dings in sich.
Dann war dieser Termin bei dem grauslichen Frauenarzt. Fragte der doch allen Ernstes, ob sie trank! Weil das Ding in ihr zu klein war!

Sie wies es weit von sich. Sie trank doch nicht! Die kleinen Schlückchen hin und wieder! Das war doch kein trinken!
Der Arzt schien ihr nicht zu glauben, Sophia auch nicht.

Stefan kam in dieser Nacht nicht nach Hause, hatte auch nicht angerufen. Aber er musste wohl wieder lange arbeiten.
Der Ärmste!
Sophia wollte unbedingt bei ihr bleiben, auch während der Nacht. Sie hatte versucht, es ihr auszureden, aber sie hatte nicht locker gelassen!
Mist!
Sie wollte doch den freien Abend genießen und ein paar Fläschchen zwitschern.

Doch die Schwägerin ließ sie nicht aus den Augen. Auch den ganzen nächsten Morgen nicht.
Dann wollte sie auch noch reden.
Über Babys und Schwangerschaft und Alkohol.

„Was quatscht du mich denn dauernd zu? Ich trinke nicht!" wehrte sie sich gegen die andauernden Unterstellungen.
Musste sie sich das wirklich gefallen lassen?
Sie war schließlich die Frau von Stefan von Berneck!
Sie würde die Mutter des Erben des Familienimperiums sein.
Musste sie sich von Hinz und Kunz anpissen lassen?

Sie brauchte eine Schluck oder besser zwei! Damit sie diese kreischenden Stimmen nicht mehr hören musste, die in ihrem Kopf tobten.

Im Badezimmer hatte sie eine Reihe von Trostspendern versteckt, hinter ihren Kosmetikartikeln. Da fand sie auch der Drache Berta nicht, der sie den ganzen Tag nicht aus den Augen ließ.

Sie kippte gierig fünf der Minis leer, putzte sich die Zähne.
Sophia verabschiedete sich endlich, sie musste zu einem wichtigen Seminar.
Dann konnte sie ja in aller Ruhe noch ein paar leeren!
Ja!
Jetzt ging es ihr gut!
Das Leben war wundervoll!
Sie tanzte durchs Zimmer, übersah die kritischen Blicke Bertas, schaltete den Fernseher ein, schlich noch einmal ins Bad, gönnte sich noch ein paar Schlückchen.
Ich muss wieder für Nachschub sorgen! dachte sie, bevor sie auf dem Sofa einschlief.

Sophia

Sophia war mit den Nerven am Ende. Sie wusste, dass Aurelia trank, konnte es aber nicht beweisen. Sie würde Stefans Kind, ihre Nichte oder ihren Neffen umbringen oder schwer schädigen.

Sie wusste nicht, was sie tun sollte!
Sie war doch erst 19, musste sich auf das Studium konzentrieren, musste ihren Vater zufriedenstellen!
Aber sie musste sich auch um das Baby kümmern.
Warum verließ Stefan dieses Weib nicht endlich?
Warum hatte er sie auch noch schwängern müssen?

Sie verfluchte den Tag, an dem sie ihn überredet hatte, zu Aurelias Geburtstagsparty zu kommen!
Aber sie hatte doch nicht gedacht, dass er sich in diese Ehe quatschen lassen würde.
Nicht im Traum!
Ihr Bruder!
Gast in fast allen Betten dieser Stadt - und heiraten!
Ausgerechnet Aurelia!
Und jetzt hatte er eine Frau gefunden, die ihm wichtig zu sein schien, und hatte damit den Zorn des Alten auf sich gezogen!

Sie musste etwas tun, sie musste mit ihrem Vater sprechen.
Aber was würde dann aus dem Kind, wenn Stefan Aurelia verließ?
In ihrem Kopf drehten sich die Gedanken.
Sie hätte schreien mögen.
Ihre Angst und ihren Frust herausschreien.

Da öffnete sich die Haustüre, und der geliebte Bruder kam mit großen Schritten herein. Er beachtete sie nicht, stürmte sofort ins Arbeitszimmer von BigDaddy.

Sie konnte nicht anders, sie musste lauschen.


Paulas PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt