Karsten
Karsten war fix und fertig. Paula war gegangen, ohne sich von ihm zu verabschieden. Gab sie ihm irgendeine Schuld an ihrer Kündigung?
Er hatte beim Alten wirklich gekämpft um sie.
Vielleicht konnte Stefan mehr erreichen.Er wählte immer und wieder ihre Verbindung.
Nichts!
Sie ging nicht ran, rief auf seine Nachrichten auch nicht zurück.
Er fuhr zu ihrem Haus, läutete so lange, bis Sebastian genervt den Kopf aus dem Fenster streckte.Der Schnösel Nummer zwei! Konnten sie seine Freundin nicht mal in Ruhe lassen?
„Sie ist nicht da!" blaffte er den Anzugträger an. „Sie ist gestern schwerbepackt weggefahren!" Er hatte gerade mit Pam geskypt, sonst hätte er sie schon gefragt, wo sie denn hinwollte.
Danach war er so sauer auf Pam gewesen, weil sie jetzt doch nicht kommen wollte, um ihn zu besuchen, dass er Paula vergessen hatte.
Asche über sein Haupt!„Wo ist sie denn hin?" fragte Karsten.
Sebastian zuckte mit den Schultern. „Auch wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen! Sie wird schon einen Grund haben, warum sie nicht erreichbar ist für euch!"„Stefans Vater hat ihr gekündigt! Sie hat ihren Job verloren! Ich mache mir echt Sorgen!" berichtete Karsten.
Sebastian erschrak. Er hatte die Schlagzeilen gelesen und auch die Empörung im Netz mitbekommen, aber Paula interessierte sich doch nicht für das Geschreibsel.
Er machte sich Vorwürfe, dass er sie in den letzten Tagen nicht mal besucht hatte, aber er hatte für das Studium eine Menge zu tun gehabt.„Komm rein!" bat er Karsten. Er versuchte, Paula ans Telefon zu bekommen, auch er hörte nur die monotone Stimme der Mailbox, sprach eine Nachricht aufs Band.
Karsten rief Stefan an. „Hast du was von Paula gehört?" fragte er ziemlich aufgeregt.
„Nein! Warum? Ich wollte warten, bis ich wirklich Zeit für sie habe und mich dann endlich aussprechen mit ihr!" Ihm wurde kalt und heiß. „Ist was passiert? Ich habe dem Alten das Messer auf die Brust gesetzt, dass er sie wieder einstellen muss!"Er wählte auch Paulas Verbindung, bekam wie die anderen nur die Stimme vom Band zu hören.
Doch dann musste oder durfte er Adrian wickeln und füttern. Sein Sohn war im Augenblick das Wichtigste.
Aber er würde mit Paula sprechen, würde ihr alles erklären, hoffte, dass sie ihm glaubte.„Weißt du, der Papa ist schwer verliebt! Aber ich weiß nicht, ob sie mich noch will! Es ist so viel passiert in letzter Zeit! Schuld ist deine Mama! Sie ist keine gute Frau! Ich hoffe, du musst sie nie kennenlernen!" erzählte er seinem Sohn. Seit Dr. Masur ihn informiert hatte, dass Aurelia wohl ein wehen-förderndes Mittel eingenommen hatte, empfand er eigentlich nur noch Hass auf sie. Sie hatte das Leben seines Kindes voll bewusst aufs Spiel gesetzt! Dabei war es doch auch ihr Kind!
Seine Anwälte hatten wenigsten in dieser Sache gehandelt. Er hatte das alleinige Sorgerecht übertragen bekommen.
„Paula würde dir gefallen, Söhnchen!" flüsterte er weiter, während Adrian an der winzig kleinen Babyflasche nuckelte. „Sie ist wunderschön, wahnsinnig klug, witzig und sehr sexy!"Adrian schien zu lächeln, als er das sagte.
„O je! Ich hoffe, du wirst nicht so eine Weiberheld wie ich!" Stefan streichelte mit einem Finger das kleine Gesichtchen. „Wie ich war, meine ich!" Jetzt lächelte Adrian aber eindeutig!Später telefonierte er mit seinem Vater. „Hast du etwas mit Paula in die Wege geleitet?" fragte er kurz angebunden.
Der Alte war ziemlich kleinlaut. Seine Frau und seine Tochter hatten ihm ordentlich die Hölle heiß gemacht. „Ja, die Personalabteilung hat sie wieder eingestellt, zum doppelten Gehalt, hat ihr das auch schriftlich mitgeteilt. Aber telefonisch erreicht sie niemand, ich auch nicht!"
Stefan beschloss, noch einen Tag zu warten, sich dann mit Inspektor Weiß kurzzuschließen.
Georg
Georg von Berneck war nach Stefans Auftritt ziemlich fertig. Er liebte seinen Sohn wirklich, wusste aber auch, dass er selbst immer wieder Fehler gemacht hatte.
Einer der unsinnigsten war, dass er ihn gezwungen hatte, bei Aurelia zu bleiben.
Das Mädchen stammte zwar aus einer guten Familie, war aber eigentlich nur Abschaum.
Diese Becker dagegen lobten alle in den höchsten Tönen.Mit wem er auch gesprochen hatte, alle waren voll des Lobes. Alle, die mit ihr je auf Reisen gewesen waren, sprachen von ihrer Begabung zu verhandeln, Fronten zu klären. Sie hatte einen Doktortitel, vier Diplome, sollte auch ausnehmend hübsch sein.
Karsten hatte schon zweimal sehr gekämpft um sie, er blickte ja nicht mehr so recht durch, ob jetzt Stefan oder sein Stellvertreter oder beide in sie verliebt waren.
Die beiden jungen Männer schienen ihn in dieser Angelegenheit ziemlich an der Nase herumzuführen.
Aber das war auch das Recht der Jugend, das nahm er ziemlich gelassen.Was ihn allerdings fertig gemacht hatte, war die schlechte Presse gewesen und der folgende Kursverlust. Stefan konnte er nicht direkt angreifen, der hatte mit seinem Sohn genug Sorgen.
So musste eben die Becker herhalten.
Mittlerweile hatten sich die Vorwürfe in Luft aufgelöst, er hätte eigentlich nur ein wenig abwarten müssen.Aber im Alter hatte man nicht mehr den Mumm und die Gelassenheit der Jugend.
Er hatte das Unternehmen von seinem Vater übernommen, Generationen hatten das Weltunternehmen aufgebaut.Sein Sohn würde der Beste von allen sein. Er hatte in den letzten Jahren unheimlich viel gearbeitet und unheimlich viel erreicht.
Und anstatt ihm das Leben leicht zu machen, hatte er ihn in den letzten Wochen ziemlich fertig gemacht.
War es die Eifersucht des Alternden auf den Jungen, der das Leben noch vor sich hatte, gewesen?Stefan hatte ihm schon ein paar Mal seine Seitensprünge vorgehalten, und er hatte Recht damit. Seine Frau hatte das nie getan, obwohl sie sicher auch eine Menge davon mitbekommen hatte, und wohl auch darunter gelitten hatte.
Heute tat ihm vieles leid.
Stefan war ein Weiberheld, aber er war ungebunden und frei gewesen.
Er selbst hatte schon eine Familie gehabt und war trotzdem jedem Rock hinterhergelaufen.Er hatte eine Menge wieder gut zu machen. Deshalb hatte er sich auch ziemlich aus der Firma zurückgezogen, wollte seine Aufmerksamkeit seiner Frau schenken.
Doch die hatte sich an ein Leben ohne ihn gewohnt, nach all den Jahren der Vernachlässigung. Sie hatte nur die Augenbrauen gehoben, wenn er von Urlauben, von einem Theaterbesuch, einem Städtetrip sprach.Und jetzt hatte ihm Stefan gedroht, dass er ihn und seinen Enkelsohn verlieren würde.
Er wusste, dass seine Ehe das nicht überleben würde.
Das würde sie ihm nicht mehr verzeihen!
Schon bei der letzten Auseinandersetzung hatte sie ihm ziemlich deutlich gemacht, dass sie auf Seiten ihres Sohnes stehen würde, wenn er sie zwang zu wählen.Er musste klein beigeben. Lieber ein wenig das Gesicht verlieren, als seine ganze Familie.
Er hatte wegen seiner Affären immer wieder alles aufs Spiel gesetzt, er war ein dummer, schwanzgesteuerter Mann gewesen.
Hatte sich für unbesiegbar gehalten.
Aber heute wusste er, dass er es nicht aushalten würde, Sonja, Stefan und Sophia zu verlieren.
So wenig, wie seinen Enkelsohn.Er fuhr in die Firma, wies Ilona – auch eine seiner Gespielinnen der Vergangenheit - an, Paula Becker sofort wieder einzustellen. Er hatte einen Fehler gemacht, war einer falschen Information auf den Leim gegangen. Das gab er offen zu.
Er versuchte Paula Becker, Dr. Paula Becker, zu erreichen, aber das Handy war wohl ausgeschaltet. Ohne große Hoffnungen zu haben, sprach er auf die Mailbox, entschuldigte sich, bat eindringlich um einen Rückruf.
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Paulas Plan
RomancePaula hat nach dem Tod ihrer Eltern trotz der Trauer ihr Ding durchgezogen. In Rekordzeit hat sie ihr Studium abgeschlossen, mit einem Doktortitel und vier Diplomen in fünf Sprachen. Nun beschließt sie, dass es an der Zeit ist, ihre Unschuld zu ver...