Kapitel 12

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"Habt Ihr eine weitere Decke für mich?", frage ich einen der Reiter. Verwirrt sieht dieser mich an, woraufhin ich etwas ungeduldig nachfrage "Habt Ihr nun eine oder nicht?" Murrend geht er zu einem der Pferde, nimmt eine Decke von dessen Rücken und wirft sie neben mich. Ich falte sie bis sie in etwa so groß wie ein Kissen ist und bitte Legolas "Könntest du bitte deinen Kopf heben?" Erneut sehe ich den Schmerz, welchen er empfindet, als er mühsam versucht meiner Bitte nach zu gehen. Schnell lege ich die gefaltete Decke unter sein Haupt und gebe ihm Bescheid, dass er seinen Kopf nicht mehr zu heben braucht. Dankbar seufzend entspannt er sich ein wenig und schließt erneut die Augen. Mein Blick richtet sich auf die Wunde, die ihm wegen mir zugefügt wurde. ~Hoffendlich wurde das Leben der Kreatur, die ihm das angetan hat, beendet!~ "Hast du kurz Zeit, Eve?", überrascht mich Nessas Stimme hinter mir. Einige Sekunden lang betrachte ich noch den schlafenden Elben bevor ich mich an Nessa wende. "Natürlich, Nessa. Und? Worüber möchtest du mit mir reden?", frage ich lächelnd. "Könnten wir woanders hingehen?", stellt sie die Gegenfrage. "Aber wird sich Lanwë nicht Sorgen machen? Außerdem muss ich bald wieder bei ihm sein.", meine ich darauf. "Erstens: Ich habe ihm Bescheid gesagt und zweitens: Ich denke, dass es nicht so viel Zeit beanspruchen wird.", überredet sie mich schließlich. Nachdem ich Lanwë aufgatragen habe an meiner Stelle über Legolas zu wachen, gehen wir beide zusammen los und entfehrnen uns ein wenig von der Gruppe. Irgendwann bliebt Nessa stehen, weshalb auch ich stehen bleibe. "Ich will mit dir über etwas privates reden... Es geht um dich und wenn du nicht darüber reden möchtest, dann kann ich das verstehen.", sagt sie hastig und sieht mich eindringlich an. ~Sie will unbedingt eine Antwort haben. Das sagt sie immer, wenn sie etwas von mir wissen will.~ Ich nicke, um ihr mein Einverständnis zu zeigen, und sie fragt kaum eine Sekunde später "Bist du in Legolas verliebt?" Ihre Stimme hört sich vor lauter Aufregung fast wie Gequitsche an. "Ich wusste, dass das kommen wird...", entgegne ich seufzend und senke meinen Kopf. Als ich meinen Blick trotz gesenkten Kopfes auf sie richte, sieht sie mich gespannt und erwartend an. Schüchtern und kaum lauter als ein Gesäusel antworte ich "Ich denke schon...." Stürmisch umarmt sie mich wieder quietschend. "Ich wusste es! Ich wusste es! Du kannst mir Nichts vormachen, Eve, dafür kenne ich dich einfach zu gut. So hast du dich nämlich noch nie verhalten" "Beruhige dich, Nessa! Sonst kriegen die anderen noch mit worüber wir reden!", ermahne ich sie leise. Sie verstummt und ihr Gesichtsausdruck wird auf einmal ernst. Ebenso ernst fragt sie mich "Du sorgst dich deshalb sehr um ihn, nicht wahr?" "Ist das so offensichtlich?", erwiedere ich und ziehe eine Augenbraue etwas in die Höhe. "Die Rohhirim fragen sich andauernd gegenseitig, ob du und Legolas zusammen seid... Und ich denke, dass du einem von ihnen den Kopf verdreht hast", erzählt sie mir grinsend. Geschockt sehe ich an. ~Was?! Nein! Das kann nicht wahr sein! Vielleicht habe ich es geschafft Legolas und Lanwë zu vertrauen, aber einem Fremden Menschen könnte ich niemals die gleiche Menge an Vertrauen entgegenbrigen!~ "Das ist kein Scherz gewesen?", frage ich ungläubig. "Also... Er hat mich gefragt, ob du bereits jemandem versprochen bist oder dich an jemanden gebunden hast.", erzählt sie mir von meiner Reaktion belustigt. "Und was hast du ihm geantwortet?", frage ich und befürchte, dass sie etwas falsches gesagt hat. "Dass du mit Legolas zusammen bist, aber ich denke er hat mir nicht geglaubt.", berichtet sie mir. "Können wir bitte zurückgehen?", frage ich hastig und sehe zur Gruppe zurück. "Du möchtest zu ihm nicht wahr?", stellt sie fest. "Ja.", entgegne ich bloß und gehe kurz darauf mit ihr los. Schweigend kommen wir bei den Männern an. Als Lanwë uns sieht steht er auf und bedeutet uns leise zu sein. Nessa geht direkt zu ihm und zieht ihn an sich, während ich mich an Legolas Seite setze. "Ihr könnt ruhig gehen, ich.." "Du wirst schon auf ihn achten - so wie du es die ganze Zeit über schon tust.", unterbricht mich Nessa lächelnd. Danach entfehrnen sie sich und setzen sich zu den Menschen, welche einige Meter von Legolas und mir entfehrnt sind, worüber ich auch froh bin. Erneut sehe ich auf seine Wunde und abermals kommen die Schuldgefühle in mir auf. ~Hätte ich bloß diesen Ork erledigt! Dann müsste er jetzt nicht unter Schmerzen leiden!~ Eine kaum erkennbare Regeung von Legolas neben mir lenkt mich ab. "Könntest du mir...", schmerzvoll stöhnt er auf, "Etwas Wasser bringen?" Sofort stehe ich auf und begebe mich zu Melian, die einige kleine Taschen trägt. Eine nach der anderen öffne ich schnell und halte nach einem Behälter mit Wasser darin Ausschau. In der dritten Tasche finde ich einen solchen und eile wieder zu ihm zurück. Er hat sich mittlerweile aufgesetzt und sieht mir verschlafen entgegen. ~Wenn er verschlafen ist sieht er ebenso gut aus...Was denke ich nur..~ Ich reiche ihm das Wasser, welches er dankend annimmt. "Wir reiten weiter!", ertönt die Stimme des Anführers der Rohhirim, wie ich vermute. "Können wir nicht noch 5 Minuten warten? Er ist gerade eben erst aufgewacht.", frage ich besorgt. Er macht einige Schritte auf uns zu und meint hingegen nur emotionslos "Das ist nicht mein Problem. Entweder er kommt mit oder er wird zurückgelassen." Ich funkle den Menschen vor mir an und erwiedere darauf knapp "Ich werde ihn nicht zurücklassen." Als er sich wieder entfernt wende ich mich Legolas zu, welcher mir versichert, dass es ihm gut gehen würde und dass wir losreiten können. Ich helfe ihm dabei aufzustehen und stütze ihn auf dem Weg zu Arod, wobei sein Arm über meiner Schulter liegt. "Lanwë? Kannst du kurz kommen?", frage ich bei dem Schimmel angekommen. Nur Sekunden später steht er auch schon an meiner Seite, sodass ich aufsteigen kann. Er hilft Legolas sich vor mir auf Arods Rücken zu setzen und steigt anschließend hinter Nessa auf. Dieses Mal halte ich mit beiden Händen die Zügel fest, da er etwas sicherer zu sitzen scheint, dennoch lehnt er sich an mich. "Achtung, es geht los.", warne ich ihn vor, woraufhin ich Arod das Zeichen zum loslaufen gebe. Wir bleiben weiter hinten, während der Anführer der Gruppe Menschen an der Spitze reitet. "Denkst du, dass du die Schmerzen aushalten kannst bis wir in Edoras sind?", frage ich noch immer in Sorge. "Ich denke schon.", versucht er mich zu überzeugen, zieht dennoch scharf die Luft ein, da ihn der Schmerz vermutlich erneut plagt. "Wenn wir eine Pause machen sollen, dann gib Bescheid.", wiederhole ich und warte einige Sekunden lang auf seine Antwort, doch er sagt kein Wort. Meine Gedanken widme ich einige Augenblicke lang Nessas Worten. ~Und ich denke, dass du einem von ihnen den Kopf verdreht hast.. Bitte nicht! Was soll ich nur tun, wenn er mich anspricht...?~ Stundenlang reiten wir weiter bis wir erneut eine Pause einlegen, da Legolas es sich wünscht. Wie immer hilft ihm Lanwë beim Absteigen und stützt ihn, bis ich ebenfalls abgestiegen bin und ihn ablöse. Als könnte er Gedanken lesen breitet er eine Decke aus und legt die zweite daneben. Dankbar sehe ich ihn an und helfe Legolas sich zu setzen. "Schlaf ein wenig. Ich werde dich wecken, wenn wir weiterziehen.", versichere ich ihm und setze mich im Schneidersitz an seine Seite. "Das wird nicht nötig sein.", meint er und richtet seinen Blick auf meinen Beutel. "Worum geht es in dem Buch? Du hast es gelesen bevor wir angegriffen wurden.", fragt er und verzieht erneut schmerzhaft sein Gesicht, dieses Mal jedoch nicht so stark, wie zuvor. ~Es wird nicht mehr lange dauern und dann geht es ihm wieder besser...~ "Einen Moment bitte.", entschuldige ich mich und stehe auf, um Nessa und Lanwë nach etwas Lembasbrot zu fragen, da ich meinen Vorrat an die Menschen in den braunen Landen abgegeben habe. Gerade möchte ich zurückgehen, als ich eine mir unbekannte Stimme höre "Guten Tag. Mein Name ist Neldor. Ihr seid Eve, nicht wahr?" Es ist einer der Menschen. "Ja in der Tat. Und was ist der Anlass dieses Gespräches, wenn ich fragen darf?", erwiedere ich. Er scheint nervös zu sein, was kein gutes Zeichen ist. Er legt eine Hand an seinen Nacken und fragt schüchtern "Würdet Ihr vielleicht.. ein wenig... Hättet Ihr Lust auf einen Spaziergang?" ~Bitte lass Nessa nicht Recht haben! Was kann ich jetzt sagen, dass ihn nicht verletzt...?~ "Ihr habt sicherlich schon mitbekommen, dass sich mein Gefährte im Kampf verletzt hat. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich muss mich jetzt um ihn kümmern.", antworte ich und sage auf seinen enttäuschten Geschichtsausdruck "Aber vielleicht ein anderes Mal." "Wegen Eurem... Gefährten. Ich kenne mich ein wenig in der Kunst der Heilung aus. Vielleicht könnte ich Euch etwas herstellen, das die Schmerzen lindert?", meint er immernoch ein wenig schüchtern. "Das könntet Ihr tun?", frage ich ungläubig. Ein wenig lächelnd nickt er und macht sich daran Kräuter aus seiner Tasche zu kramen. "Kann ich dann schon einmal zu ihm gehen?", frage ich unsicher, "Ihr könntet ja zu uns kommen, wenn Ihr fertig seid." Er stimmt mir zu und noch immer ein wenig geschockt gehe ich zu Legolas zurück. ~Was habe ich mir da nur eingebrockt?! Bestimmt wird er uns gleich beobachten.. Was machen Nessa und Lanwë immer? Andauernd umarmen und Hände halten.. Ich denke das geht in Ordnung..~ "Hier. Iss ein wenig.", meine ich heiter, setze mich an die Seite, die nicht verletzt ist, und lehne meinen Kopf an seine Schulter. Unauffällig sehe ich zu Neldor, welcher uns tatsächlich beobachtet. Ich ergreife noch seine Hand und sage "Nun iss endlich. Sonst kannst du doch nicht gesund werden." "Natürlich, meine Gefährtin.", meint er neckisch bevor er ein kleines Stück von dem Elbenbrot abbeißt. "Bitte, ich will seine Gefühle nicht verletzen, also müssen wir das hier vorspielen, bis wir Edoras verlassen haben.", flüstere ich leise und flehend. "Es ist schon in Ordnung.", flüstert er ebenfalls. Was ich nie und niemals erwartet hätte ist, dass er seinen Arm um mich legt. ~Bei den Valar! Das kann nicht möglich sein! Das ist bestimmt nur ein Traum!~ Innerlich beginne ich vor Freude Luftsprünge zu machen, doch äußerlich versuche ich ruhig zu wirken. ~Ruhig bleiben! Ruhig bleiben, Eve...~ "Ich hoffe es macht dir Nichts aus, aber es soll ja echt aussehen.", flüstert er ebenfalls, woraufhin ich einen einfachen zustimmenden Laut von mir gebe. Als ich erneut zu Neldor sehe, steht dieser auf und kommt auf uns zu. "Hier ist eine Mixtur, welche die Schmerzen lindern sollte.", meint er, wobei er Legolas keines Blickes würdigt. Es ist ein kleines Glasfläschchen, in dem sich eine blassblaue Flüssigkeit befindet. "Vielen Dank, Neldor.", ich neheme das Fläschchen entgegen und verstaue es in meinem Beutel. Er dreht sich um und setzt sich zu seinesgleichen. "Er kann mich nicht leiden.", stellt Legolas belustigt fest. "Das kann ich ihm auch nicht verübeln, wenn ich ehrlich sein soll.", erwiedere ich. Sein Lachen geht in ein schmerzvolles Schweigen über. "Wir ziehen weiter!", ruft der Anführer erneut und sieht mich und Legolas neugierig an. ~Hat es Neldor etwa weitererzählt..? ~

Ich liebe dich doch LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt