Kapitel 22

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Nun sind wir schon einen Tag lang in dieser Höhle eingesperrt und es gibt noch immer keine Aussicht auf eine Besserung. Gerade in diesem Moment beginne ich erneut zu zittern, erneut deshalb, da ich gestern nach ein paar Minuten damit aufgehört habe. ~Der Sturm soll gefälligst enden. Nessa hat es gut, sie hat jemanden an dem sie sich aufwärmen kann, aber ich nicht.. Oder.. Nein! Ich werde ihn nicht fragen. Ich werde das hier schon überleben. Gleich wird es mir bestimmt besser gehen.~ Es wird automatisch etwas kälter, da die Sonne untergeht und ihre Strahlen uns leider nicht mehr wärmen können. Nessa und Lanwë dösen vor sich hin, während sie eng aneinander gekuschelt und mit ihren Rücken an die Wand gelehnt auf dem Höhlenboden sitzen. Meine Finger beginnen langsam taub zu werden, weshalb ich meine Hände zu Fäusten balle, sie locker lasse und das immer wieder nach kurzen Pausen wiederhole. Und schon bemerke ich Legolas' Blick auf mir. Gekonnt versuche ich diesen zu meiden, denn meinetwegen sollte er sollte sich keine Sorgen machen. Aus diesem Grund, höre ich damit auf die Durchblutung meiner Finger aufrecht zu erhalten. In meinen Stiefeln versuche ich allerdings meine Zehen zu bewegen, denn die beginnen auch allmählich zu Stein zu werden. "Soll ich mich vielleicht zu dir setzen?", höre ich Legolas vorsichtig fragen. So schön der Gedanke auch ist, dass Legolas neben mir sitzt und mich durch seine Anwesenheit wärmt, darf ich nicht schwach werden und sein Angebot annehmen. ~Es würde dann alles vermutlich noch schlimmer werden.. Ein schlimmeres Gefühlschaos kann ich mir nicht leisten..~ "Es ist wirklich sehr aufmerksam, dass du mir das anbietest, aber es wird mir gleich bestimmt wieder warm werden.", lehne ich dankend ab, auch wenn es mir zugegebenermaßen sehr schwer fällt. ~Welche Elbin würde ihn denn schon nicht neben sich sitzen haben wollen? Außer all die bereits vergebenen natürlich.~ "Bist du dir da auch ganz sicher? Der Prinz des Düsterwaldes hat dir das gerade angeboten. Kannst du zu so jemandem wirklich 'Nein' sagen?", fragt Lanwë mich eindringlich. ~Ich kann nicht Nein sagen. Zu sehr wünsche ich es mir, auch wenn die andere Stimme in mir sagt, dass ich mich um seiner Sicherheit willen von ihm fern halten soll.~ Ich beschließe Lanwë nicht zu antworten, denn jedes Wort könnte ihn auf die Idee bringen, mir eine weitere unangenehme Frage zu stellen. Meine Beine ziehe ich an, lege meine Arme um meine Knie und stütze mein Kinn auf diesen ab. Als mich ein eiskalter Wind trifft schließe ich die Augen und presse meine Zähne aufeinander, um ja nicht zu zittern. ~Sie sollen sich einfach keine Sorgen um mich machen.~ "Ich merke doch, dass dir kalt ist.", stellt Legolas leise fest und steht auf. Als er Schritt für Schritt auf mich zu kommt, wird mein Puls Stück für Stück schneller und irgendwann hoffe ich einfach nur, dass er das nicht hören kann. Als er sich dann auch noch rechts neben mich setzt, beginnt es mir schon wärmer zu werden. ~Was macht er nur mit mir..?~ "Dankeschön.", murmel ich leise und schließe erneut meine Augen. Ich habe schon eine ganze Weile lang nicht geschlafen und bemerke langsam, wie meine Augenlider schwer werden, jedoch habe ich nicht das Bedürfnis zu schlafen. Ein weiterer, eisiger Wind zieht an mir vorbei, was dafür sorgt, dass ich ein weiteres, kleines bisschen näher an ihn heran rücke, um etwas mehr von seiner Wärme spüren zu können. Als ich meine Augen um Millimeter öffne, stelle ich fest, dass Lanwë Legolas vermutlich an Nessa zeigt, was er tun soll. Lanwë legt langsam einen Arm um Nessa, die Legolas aufmunternd zu lächelt, und deutet dann stumm mit seinem Kopf auf mich, weshalb ich schnell die Augen schließe. ~Wie knuffig.. Aber wird er auch das tun, was Lanwë getan hat?~ Und kaum habe ich das gedacht, rückt er ebenfalls ein Stück näher an mich heran, sodass sich unsere Oberarme berühren. Mein Herzschlag, der sich eben erst beruhigt hat, beginnt wieder schneller zu werden, als ich schon vor meinem inneren Auge sehe, wie er seinen Arm um mich legt. "Wenn du damit nicht einverstanden bist, dann sag es mir bitte.", höre ich ihn noch leise sagen bevor er tatsächlich einen Arm um mich legt und näher an sich zieht. Mein Herz macht einen gewaltigen Sprung, doch dieser Moment ist einfach zu schön für mich, als das ich etwas sagen könnte, denn ich befürchte so diesen für mich sehr bedeutsamen Augenblick zu ruinieren. Die Wärme, die von ihm ausgeht, ist einfach wunderbar und hilft mir sehr. ~Seine bloße Anwesenheit hilft mir schon.~ Einige Minuten vergehen und er bewegt sich langsam. Ich befürchte, dass er aufstehen möchte, also lege ich meine Arme schnell um seinen Oberkörper und murmel ein leises "Nicht gehen." ~Ich brauche ihn gerade einfach zu sehr.~ "Ich werde nicht gehen.", versichert er mir leise, woraufhin ich dankbar meinen Kopf an ihn lehne und schweigend die Wärme und ebenso auch die Nähe zu ihm genieße. Ich verbringe die Wartezeit damit mich an den Elben zu schmiegen, dem ich schon vor langer Zeit mein Herz geschenkt habe. ~Von jetzt an kann der Sturm Ewigkeiten lang toben..~ Mit der Zeit beruhigt sich mein Herzschlag wieder und meine Atmung kann man jetzt auch als normal bezeichnen. "Schläft sie?", höre ich Lanwë etwas später fragen. "Ich denke schon. Warum fragst du?", stellt Legolas nun die Gegenfrage. ~Na das kann ja noch interessant werden..~ Das Gespräch stellt sich im Nachhinein doch nicht als interessant herraus, da sie nur den weiteren Weg besprechen. Einige Augenblicke, nachdem sie zu Ende besprochen haben, tue ich so, als würde ich aufwachen. ~Soll ich ein Stück von ihm weg rücken oder nicht? Nein, ich muss mir mehr zutrauen.~ Ich beschließe mich weiter an ihm aufzuwärmen, jedoch nehme ich meine Arme von seinem Oberkörper, da mir das ein wenig unangenehm ist. ~Immerhin hat er vielleicht schon jemanden, mit der er glücklich ist..~ "Gut geschlafen?", fragt mich der blonde Elb und sieht zu mir hinab. ~Nicht in seine Augen sehen! Sonst starre ich ihn noch an.~ "Ja. Und danke dafür, dass ich mich bei dir aufwärmen darf.", antworte ich und richte meinen Blick auf meine Hände. "Ich kann dich doch nicht erfrieren lassen.", erwiedert er darauf und lächelt gerade vermutlich. ~Dieses Lächeln, wobei er die Mundwinkel nur leicht anhebt..~ Dieser Gedanke sorgt dafür, dass sich meine ebenfalls heben. ~Ich bin ein hoffnungsloser Fall..~ "Ist meine Schlafmütze auch endlich mal wach.", stellt Lanwë liebevoll fest und streicht mit seiner Hand vorsichtig eine Strähne aus ihrem Gesicht. Als ich zu Nessa sehe, sind ihre Augen geschlossen und sie, wenn es möglich ist, noch näher an ihn geschmiegt. ~Sie ist eingeschlafen?~ "Wann werden wir weiter ziehen?", frage ich, nachdem ein minutenlanges Schweigen die Atmosphäre besetzt hat. "Der Schneesturm ist nicht mehr so kräftig, wie noch zuvor. Wenn wir noch eine vielleicht zwei Stunden warten können wir aufbrechen.", erklärt Lanwë mir freundlicher Weise. ~Dann darf ich mich noch eine oder zwei Stunden lang an ihm aufwärmen.. Schade eigentlich.~ Mein Blick schweift zum Höhleneingang, durch den man den tatsächlich nicht sonderlich starken Schneesturm beobachten kann. Ich fürchte jetzt schon den Moment in dem ich ihn loslassen muss. ~Ich will ihn ja nicht für mich beanspruchen, ich will ihn nur nicht loslassen müssen..~ Jetzt weiß ich, wie es ist ihn zu umarmen und am liebsten würde ich ihn Ewigkeiten lang bei mir halten, aber das ist leider nicht möglich. Eine weitere Stunde später, in der ich mich durchgehend an Legolas aufgewärmt habe, muss ich ihn schweren Herzens loslassen. Da der Schneesturm jetzt kaum stärker als eine Brise ist, haben wir beschlossen weiter zu gehen. Irgendwie schlecht gelaunt bilde ich den Schluss unserer Gruppe, Legolas ist weit vorne und Lanwë zusammen mit Nessa zwischen uns. ~Ich muss dringend einmal mit Nessa reden, aber sie ist ja nur noch bei Lanwë.. Nicht das ich es ihr nicht gönne, ich gönne es ihr von ganzem Herzen, aber ich vermisse unsere Gespräche.. Vielleicht kann ich ja irgendwann einmal schlafen und mit Naneth reden..? Ich denke ich werde es versuchen..~ Und kaum habe ich das gedacht, höre ich auch schon die Stimme meiner besten Freundin neben mir "Ist alles in Ordnung? Seid wir aufgebrochen sind verhältst du dich anders als sonst. Und wehe du erzählst mir jetzt nicht die Wahrheit." ~Was würde ich bloß ohne sie tun..?~ "Es ist schwer zu sagen.. Ich hab Angst davor es zu sagen, Nessa.", erzähle ich ihr teils zögerlich und nervös. In ihren Blick legt sich das pure Vertrauen und dieser Glanz, den ich immer sehe, wenn sie die Rolle meiner großen Schwester übernimmt "Eve. Du weißt, dass du über alles und jeden mit mir reden kannst. Aber wenn du es mir nicht sagen möchtest, dann zwinge ich dich auch nicht dazu." "Ich will es dir doch sagen.. Es.. Ist nur ein bisschen schwer für mich..", sage ich und sehe auf den Schnee vor uns, über den wir laufen. Ohne es beabsichtigt zu haben ist mein Blick wenig später auf den blonden Elbenprinzen gerichtet, der sich mit seinem Freund unterhält. "Hat es mit ihm zu tun?", höre ich Nessa fragen, aber sie scheint sich ihre Frage von selbst beantwortet zu haben. Als ich schüchtern zu ihr sehe, beginnt sie langsam zu grinsen und sagt "Das ich den Tag miterleben darf, an dem du mit mir über einen Elben redest, ist ein Wunder." Lächelnd richte ich meinen Blick zu Boden. ~Er ist einfach nur toll.. Er sieht traumhaft gut aus.. Hat einen guten Charakter.. Und dann erst diese Augen! Noch nie habe ich solche wie seine gesehen..~ "Woran denkst du gerade?", fragt sie noch immer grinsend, nur hat sie dieses Mal ihren Blick auf den Weg vor sich gerichtet. "Daran, dass..", beginne ich zögerlich. ~Soetwas kann ich einfach nicht sagen..~ "Jaaa..?", fragt sie erwartend. "Ich weiß nicht..", versuche ich ihr zu sagen, dass es mir unangenehm ist, doch bei soetwas kennt sie keine Gnade "Es braucht dir nicht unangenehm zu sein, Eve. Es ist doch schön, dass du endlich einmal jemanden magst. Du hattest noch nie für einen Elben auf diese Art und Weise empfunden oder?" Stumm nicke ich. "Dann kannst du mir auch sagen, was genau über ihn gedacht hast." Nuschelnd und mit leiser Stimme erzähle ich ihr von meinen Gedanken, die sie bloß mit einem breiten Grinsen kommentiert. "Endlich hast du dich verliebt. Ich habe schon gedacht es würde niemals passieren.", sagt sie einige Minuten später. "Ich auch nicht.", gebe ich leise zu. "Könnte ich mit dir über etwas reden..?", frage ich sie vorsichtig, da sie immer wieder zu Lanwë sieht. "Natürlich. Worüber möchtest du mit mir reden?", fragt nun sie und sieht mich von der Seite an. Ich erzähle ihr von allem was ich empfunden und gedacht habe, als wir noch in der Höhle waren, was mir einfacher fällt, als ich gedacht habe. ~Ich habe bestimmt wie ein Wasserfall geredet..~

Ich liebe dich doch LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt