Kapitel 21

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"Geht es allen gut?", fragt Lanwë, nachdem er dem letzten Ork seine Klinge in den Rumpf gerammt und diese wieder herausgezogen hat. Alle stimmen ihm zu und schweigen einige Momente lang bis Legolas sich mir zuwendet und mit leicht bebender Stimme fragt "Was hast du dir dabei gedacht? Du hast dich in Gefahr gebracht, weißt du das eigentlich?" Unsicher auf Grund des Klanges seiner Stimme sehe ich stumm zu Boden. "Ich erwarte eine Antwort.", sagt er mit Nachdruck und ein paar Sekunden später, in denen ich geschwiegen und meine linke Hand an meinen rechten Oberarm gelegt habe. ~Wenn du nur wüsstest warum ich so gehandelt habe..~ "Es tut mir auch leid.. Ich habe einfach improvisiert..", murmel ich entschuldigend. Nach einigen Sekunden in denen er anscheinend überlegt hat, beschließen wir alle zusammen weiter zu gehen. "Mach soetwas nie wieder, in Ordnung? Was hätten wir bitte tun sollen, wenn sie dich beispielsweise gefangen genommen hätten?", fragt er mich als wir in die Richtung gehen, aus der die Warge gekommen ist. "Ich weiß es doch auch nicht.. Ich werde soetwas nicht noch einmal machen.", antworte ich leise. Das Schmerzen in den Ohren bereitende, heisere Jaulen eines Warges ertönt nicht weit von uns entfehrnt. "Wir müssen laufen. Keiner sagt ein Wort.", höre ich Legolas noch sagen bevor er nach meiner Hand greift und in vollem Elbentempo los läuft. ~So wird es sich bald anfühlen, wenn wir zusammen durch einen Wald laufen..Was?! Wir werden gejagt und ich denke an soetwas unrealistisches?!~ "Beeil dich.", höre ich Legolas noch leise sagen bevor er den Druck seines Griffes um meine Hand um ein kleines bisschen verstärkt, was mir allerdings kein bisschen weh tut. Sofort ist mein Kopf wieder klar und ich konzentriere mich darauf leise zu laufen. Mit einem Blick nach hinten stelle ich fest, dass Lanwë Nessas Hand hält und sie Seite an Seite hinter uns über den Schnee rennen. Die Geräusche der Orks ertönen wieder, dieses Mal weit hinter uns und von oben. ~Wir werden also wirklich verfolgt.. Und das ist meine Schuld..~ Der Weg spaltet sich circer 10 Meter vor uns, nach links geht es wieder zwischen den Felswänden weiter und der rechte Weg führt in eine gewaltige Schlucht. Eine Sekunde lang sehe ich mir die Schlucht genau an und stelle fest, das es dort nur einen Felsvorsprung gibt, der circer ein Meter breit ist und sich als einziger Weg hindurch erkennbar macht. Einige Warge tauchen wenige Meter hinter uns auf und weiter vorne ebenfalls, dort wo vermutlich der linke Weg entlang führt. Blitzschnell lässt Legolas meine Hand los, greift nach seinem Bogen, welcher sich bis dahin an seinem Rücken befand, und spannt einen Pfeil aus seinem Köcher in die Sehne der Waffe. Das alles binnen einer oder zwei Sekunden. Einem Warg nach dem anderen jagt er einen tötlichen Pfeil durch den Körper, als ich mitbekomme, dass Lanwë hinter uns auch etwas zu tun hat. Zwei oder drei Meter hinter ihnen befinden sich weitere Warge, auf denen auch ihre Reiter sitzen. Ein knackendes Geräusch von oben zieht meine Aufmerksamkeit während des Laufens auf sich und ich stelle schnell fest, dass dort oben auch welche von ihnen sind. Ich mache Nessa darauf aufmerksam und gemeinsam lassen wir einen kleinen Pfeilhagel auf unsere Gegner los. Eine stinkende Orkleiche nach der anderen fällt hinunter und bildet ein leicht zu überquerendes Hinderniss auf unserem Weg. Dann konzentriere ich mich wieder auf den Pfad vor uns. Legolas hat ganze Arbeit geleistet, doch es kommen immer mehr. An der gewaltigen Felswand angekommen müssen wir uns nun schnell entscheiden, ob wir den Orks entgegen gehen oder ob wir es wagen die riesige Schlucht zu durchqueren. Panisch sehe ich von den Orks, die schnell näher kommen, zu Leoglas, in der Hoffnung er würde weise entscheiden und uns weiter durch das Gebirge führen. Nessa blickt derweil ängstlich zu der Schlucht zu unserer linken und wünscht sich wahrscheinlich, dass wir den entgegengesetzten Weg nehmen. Der blonde Elb scheint intensiv nachzudenken und sieht manchmal zu Nessa, manchmal aber auch zu den Orks oder zu der Schlucht. ~Er will es Nessa bestimmt nicht antun, aber ich glaube wir können nur überleben, wenn wir durch die Schlucht gehen.. So leid es mir auch für sie tut.~ Lanwë deutet mir auf Nessa zu achten und stellt sich, so mutig wie er ist, vor uns und hält einige Okrs durch seine Pfeile von uns fern. ~Legolas beeil dich doch..~ Unruhig sehe ich nach rechts, wo weitere Orkgruppen auf uns zu rennnen. ~Das darf doch nicht wahr sein!~ "Wir müssen durch die Schlucht gehen. Uns bleibt keine andere Möglichkeit.", sage ich zu Legolas, wobei ich hoffe, dass er mir zustimmen wird. Er sieht mich einmal kurz unsicher an, doch dann nickt er entschlossen und zieht einen Pfeil aus seinem Köcher. "Geht schon einmal vor. Wir werden gleich nachkommen.", befiehlt er mir noch und stellt sich dann an Lanwës Seite, um gemeinsam mit ihm die Orks von uns fernzuhalten. "Ich kann das nicht. Lasst mich hier zurück.", höre ich Nessa panisch sagen, deren Blick von der Schlucht zu den Orks wandert und wieder zurück. "Ich werde dich hier nicht zurück lassen, hörst du. Niemals werde ich dich zurück lassen. Du wirst das schaffen, Nessa. So wie du alles andere auch mit mir durchgestanden hast, wirst du auch dieses Abenteuer mit mir durchstehen. Gemeinsam schaffen wir das.", spreche ich ihr Mut zu. "Gemeinsam schaffen wir das.", wiederholt sie leise und sieht kurz besorgt zu Lanwë. "Er wird schon überleben, mach dir da mal keine Sorgen. Wir müssen uns beeilen, sie werden gleich nachkommen.", erzähle ich meiner Freundin, erfasse ihr Handgelenk und ziehe sie hinter mir her, während ich auf den Weg durch die Schlucht zusteuere. ~Wir werden das schaffen. Sie wird das schaffen. Er wird es schaffen.~ Das Adrenalin pumt durch meinen gesamten Körper und ich laufe so schnell, wie es mir Nessa erlaubt. Das Aufeinanderschlagen von Schwertern ertönt nicht weit von uns entfehrnt, worunter ich verstehe, dass Legolas und Lanwë in den Nahkampf übergegangen sind. "Eve, pass auf!", höre ich Nessa rufen bevor sie mich ruckartig zurück zieht. Geschockt merke ich, dass ich aberhunderte Meter tief gefallen wäre, wenn Nessa mich nicht zurück gehalten hätte. Wir sind an einer kaputten, kleinen Brücke angekommen, die die Verbindung von dem Pfad zu dem Felsvorsprung darstellt. Dankbar sehe ich zu ihr bevor ich nach ihrer Hand greife und wir tief durch atmen. Die Kampfgeräusche werden immer lauter und Nessa beginnt zu zählen "Eins." "Zwei.", setze ich fort und in dem Moment, in dem wie gleichzeitig "Drei!" rufen, springen wir mit einem Mal auf die uns unbekannte Seite. "Wir warten hier auf sie, in Ordnung?", sagt Nessa leicht verzweifelt und versucht ihren Blick mit viel Mühe von der Tiefe abzuwenden. "Wir werden warten.", sage ich ihr und sehe hoffnungsvoll zu dem Pfad, der eine Kurve macht und uns so die Sicht auf den Kampf verhindert. ~Bitte lasst sie heile hier ankommen! Bitte!~ Noch immer mit Adrenalin im Blut warten wir hier, zu nervös, um still stehen zu können. "Komm, Legolas!", hören wir Lanwë rufen und kurz darauf, dass das Aufeinanderschlagen von Schwertern verstummt. Hunderte Orkfüße trampeln über den Boden und übertönen fast die federleichten, kaum hörbaren Schritte der Elben. "Lanwë! Nein!", ruft Nessa völlig entsetzt, als ihr Liebster um die Ecke biegt und schwankend an dem Abgrund zu stehen kommt. Legolas, welcher um die Kurve tritt und gleichzeitig weitere Orks mit seinen Pfeilen tötet, konzentriert sich augenblicklich auf seinen Freund und zieht ihn schnell in Sicherheit. Nessa und ich machen beide einen Schritt zurück, damit die beiden nacheinander hinüber springen und sicher landen können. Als Lanwë heil ankommt, schließt Nessa ihn mit Tränen in den Augen in ihre Arme und beginnt leise zu schluchzen. ~Es wird schrecklich für sie werden.. Sie tut mir so leid.. Aber sie hat uns an ihrer Seite, also.. Warum nerven Orks nur so?!~ In dem gleichen Moment sausen einige Pfeile an uns vorbei und der erste Ork kommt zu Vorschein, doch dieser lebt nur weitere zwei Sekunden, denn Legolas beendet sein räudiges Dasein schnell. "Wir müssen weiter.", flüstere ich den beiden mitfühlend zu, worauf Nessa sich mit ihrem Ärmel die Tränen unter ihren Augen wegwischt. Aufmunternd sehe ich zu ihr bis wir über den Felsvorsprung rennen. Einige Orks schaffen es zwar die Brücke zu überqueren, während andere von ihnen hinab stürzen, doch wir sind zu schnell, als das sie uns erreichen könnten. Nach zwei Stunden, die wir durchgehend gelaufen sind, halten wir endlich an, da wir eine kleine, aber breite Höhle gefunden haben, in der wir rasten können. "Schlaf ein wenig. Ich werde solange auf dich aufpassen.", sagt Lanwë mit sanfter Stimme zu seiner Liebsten, deren Kopf an seiner Schulter lehnt. Die beiden sitzen mir gegenüber und unterhalten sich leise, während ich mit dem Rücken an der Wand lehne und in meinem Buch weiter lese. Legolas steht am Eingang zu der Höhle und bewacht den Weg, um uns vor nahenen Gefahren zu warnen. "Ist gut.", murmelt sie leise und schließt ihre Augen. "Ein Sturm zieht heran.", berichtet uns Legolas etwas später, während er zwei Schritte weit in die Höhle tritt, "Wir müssen solange hier auf sein Ende warten." ~Das auch noch.. Aber es ist vermutlich auch besser so, er wird wohl nicht ohne Grund diese Entscheidung getroffen haben.~ So vergehen Stunden um Stunden des ewigen Wartens und der Sturm macht nicht die Anstalten zu enden. Da die Höhle nicht sehr tief ist, sind wir alle mit Schnee bedeckt und warten sehensüchtig darauf, dass wir weiter gehen können. Nessa ist mittlerweile auch schon wach und sieht, so wie wir anderen auch, durch den Höhleneingang hinaus in den unendlichen, wilden Tanz der Schneeflocken. Als weitere Stunden vergehen, in denen der Sturm in keinster Weise nachgelassen hat, beginne ich ein wenig zu zittern. Ich gehöre, ebenso wie Nessa, zu den sehr seltenen Elben, die nicht hundertprozentig gegen die Temperaturen geschützt sind. Nessa liegt derweil zitternd in Lanwës Armen, dem sie erst einmal erklären muss, dass wir anders sind. Verwundert sehen die beiden Düsterwaldelben uns an. "Aber wie kann das möglich sein?", fragt Lanwë teilweise schockiert und auch verwundert. Ich antworte ihm mit einem bloßen Zucken der Schulter und drücke mit meiner einen Hand die andere, da sie langsam beginnen abkühlen. "Gibt es bei euch im Düsterwald denn niemanden, der so ist wie wir beide?", fragt Nessa interessiert. "Nicht das ich wüsste.. Kennst du jemanden, Legolas?", erwiedert Lanwë nachdenklich darauf. "Ich kenne auch niemanden, der so einzigartig ist, wie ihr.", antwortet der Elbenprinz wenige Sekunden später und sieht wieder hinaus in den Sturm. ~Du bist aber auch einzigartig. Noch nie hat jemand solch eine Wirkung auf mich gehabt und konnte dafür sorgen, dass ich keine Kontrolle über meine Gedanken habe. Ich hoffe nur, dass ich nicht an einem gebrochenem Herzen sterben werde, weil ich mir falsche Hoffnungen mache, denn eines weiß ich: Ich habe intensive Gefühle für ihn, die ich nicht mehr rückgängig machen kann. Naneth hatte Recht..~

Ich liebe dich doch LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt