Kapitel 37

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"Da seid ihr ja! Ich habe schon beinahe geglaubt, dass ihr wirklich entkommen seid.", empfängt Alagos uns mit gespielt fröhlicher Stimme, während seine Mimik die pure Wut und Arroganz wieder spiegelt. Er scheint etwas nüchterner als vorher zu sein und es riecht in seiner Nähe auch nicht mehr so stark nach Wein. "Wärt ihr dann so freundlich und würdet euch neben eure Freunde knien?", fragt er dann, nachdem keiner etwas gesagt hat. Wir können nichts sagen, auf sein Wort hin bringen die Wachen uns zu dem Elbenpaar und drücken uns neben ihnen auf die Knie. Langsam kommt Alagos auf uns vier zu und holt etwas aus der Innentasche seines Gewandes herraus. Ich erkenne ein mittelgroßes Fläschchen, in der eine blassblaue Flüssigkeit mit einem Korken gehalten wird. Es könnte Gift oder ein einfaches Betäubungsmittel sein, in dem Bereich zwischen den beiden Sachen traue ich ihm alles zu. "Ihr fragt euch bestimmt, was das hier ist. Nun ja ich werde es euch demonstrieren.", meint er schlicht und winkt eine Wache herbei, die einen alten Menschen neben sich her führt. Graue, ja fast weiße Haare, umrahmen den beinahe kahlen Kopf des Mannes und graue, trostlose Augen blicken uns entgegen. Seine Kleidung kann ich nicht einmal Kleidung nennen: Stofffetzen verschiedener Farben wurden so aneinander genäht, dass sie ihn nur wenig vor Wind und Wetter schützen können. Neben Alagos bleiben die beiden stehen. Die Handgelenke des alten Mannes sind von zu eng angelegten Metallhandschellen umgeben und man sieht blutige Stellen unter dem Metall hervorstechen. So wie seine Handgelenke sehen auch seine Knöchel aus, beide metallenen Fesseln sind durch Eisenketten verbunden. Er lächelt teuflisch, als er das Fläschchen öffnet und sie dem Mann hin hält. ~Was soll das?! Der spinnt doch vollkommen! Wenn das Gift ist, wird dieser arme Mann sterben!~ "Trink einen kleinen Schluck.", befiehlt Alagos ihm herrisch und beobachtet ihn genau. Mit zitternen Händen nimmt dieser das Glas an und führt es an seinen Mund, hält allerdings in der Bewegung inne, bevor er etwas trinken kann. "Trink, du Narr!", setzt die Wache ihn unter Druck. Er sieht jeden von uns vieren an, genau mustert er unsere Gesichter "Das sind wahre Elben. Sie sind keine Tyrannen, wie ihr es seid. Sie sind keine Monster! Sie kümmern sich um das Wohl derer, die ihnen etwas bedeuten. Eure Geschichte wurden bei den Gefangenen herum erzählt. Ihr seid mutig und heldenhaft." Mit dieser kruzen Rede trinkt er so viel der Flüssigkeit bis die Wache ihm das Fläschchen aus der Hand reißt und nur noch wenige Tropfen übrig sind. ~Unsere Geschichte? Wie konnten sie davon erfahren?~ Beeindruckt von der Selbstlosigkeit des Mannes kann ich meinen Mund erstmal nicht schließen, als dessen Augen zufallen und er leblos auf dem Boden landet. Dieser Anblick wird zu viel für mich, also richte ich meinen Kopf nach links und sehe mir die eigentlich uninteressanten Dächer der Häuser an. ~Hat sich dieser Mann für uns geopfert? Möge er für seine Heldentat in guten Erinnerungen gehalten werden..~ "Schafft ihn weg! Dieser Narr! Aber wir müssen uns nicht sorgen, eine von euch wird gleich von allen Qualen erlöst werden.", Alagos schreitet bedrohlich langsam auf uns zu, während zwei Wachen den Leichnam des Mannes fort bringen. ~Eine? Also ich oder Nessa.. Nein, dass darf nicht wahrsein! Ich muss endlich aufwachen! Das kann doch nur ein Albtraum sein!~ Ich wende meinen Blick nun wieder nach vorne, nur um zu sehen, dass Alagos' Blick immerwieder von mir zu Nessa wandert, dann von mir zu Nessa und immer so weiter. Ich beuge mich ein Stück nach vorne, um sehen zu können, ob sie sich vor seiner Entscheidung fürchtet, davon sind jedoch keine Anzeichen zu erkennnen; Legolas und Lanwë scheinen so sehr angespannt zu sein vor Wut und Aufregung, dass sie, sobald er seine Entscheidung verkündet hat, aufspringen und uns verteidigen werden. Mutig schaut Nessa ihn bloß mit solch einem Blick an, der, wenn es möglich wäre, töten könnte und scheint auf seinen Beschluss zu warten. ~Sie hat sich so sehr verändert... Nicht das sie vor der Reise eine Hausfrau war, die sich dem Willen anderer gebeugt hat, aber sie ist nun mutiger. Sie denkt nicht nur an ihr Wohl, sondern an das von uns allen. Sie gibt nicht mehr kampflos auf - sie kämpft wie eine Tiegerin..~ "Ihr seid die glückliche.", meldet er sich an Nessa gewandt zu Wort. "Komm ihr nicht zu nahe! Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, wirst du derjenigen sein der dieses Gift schlucken wird!", wiederspricht Lanwë ihm brüllend mit all seiner Kraft. Alagos ignoriert seine Worte aber nur, kniet sich ebenfalls vor ihr nieder und hält die Flasche vor ihren Mund. Wiederstrebig presst sie ihre Lippen aufeinander, während ihre Augen zu kleinen Schlitzen werden, die puren Hass widerspiegeln. Wieder winkt er eine Wache herbei, die sich hinter Nessa stellt und ihren Kopf an den Haaren nach hinten zieht, sodass sie, wie ich es erkennen kann, trotz des Schmerzes mit allen Kräften versucht ihren Mund geschlossen zu halten. Lanwë versucht sich sofort auf Alagos zu stürzen, aber erst drei Wachen schaffen es ihn wieder auf den Boden zu drücken, so wütend ist er gerade. Und mindestens genau so wütend bin ich ebenfalls. "Du bist krank, Alagos!! Wie kannst du auch nur ansatzweise denken, dass du ein König oder etwas in der Art werden kannst?! Du bist das abartigste und wiederwärtigste Wesen dem ich jemals begegnet bin!! Und jetzt lass uns alle gehen oder ich schwöre auf die Vala das du die Sonne morgen nicht aufgehen siehst!!", platzt alles aus mir heraus. Erst als ich geendet habe, fällt mir auf, was genau ich gerade gesagt habe und bin von mir selbst beeindruckt. ~Soll er ruhig nochmal versuchen ihr weh zu tun! Nächstes Mal schreie ich ihn nicht nur an!~ Wir alle scheinen vor Wut zu kochen, so angeapannt wie unsere Haltungen nun sind. Ich hätte mich vermutlich nicht beruhigen können, als Legolas' Hand dann jedoch wieder meine umfasst, fällt mir dies um einiges leichter. Verwundert stelle ich fest, dass unsere Fesseln durchgeschnitten wurden. ~Wie bitte konnte das geschehen..? Das ist doch unmöglich... Egal, das kann ich ihn ja später fragen..~ Da Alagos selbst nicht einmal aufgefallen ist, dass wir keine Fesseln mehr tragen, verschränke ich meine Finger mit seinen. Der arrogante Elb hat sich inzwischen umgedreht und wendet uns nun den Rücken zu. Es ist ganz still, sogar die Natur scheint von der Spannung auf diesem Platz mitzubekommen, da die Vögel zu singen aufgehört haben und die Wasserfälle nicht mehr so laut rauschen. Auf einmal drehen sich alle Elben nach links, da von dort das Geräusch von sehr vielen Menschen herkommt. Alle sind verwirrt und daher auch überrascht, als Menschen den Platz stürmen und die Wachen Alagos' angreifen. Einer von ihnen steuert sofort auf diesen zu. Er hat braunes, schulterlanges Haar, trägt eine gewaltige silberne Krone auf seinem Haupt und eine silber schimmernde Rüstung, auf der ein weißer Baum zu erkennen ist. Ehe ich mich versehe werde ich auch schon von Legolas aus dem Gefecht gezogen, Nessa und Lanwë folgen uns. Wir halten an, als wir uns in Sicherheit glauben, die Geräusche des Kampfes allerdings noch gut zu hören sind. "Gehts es allen gut?", fragt Legolas dann hastig und sieht Nessa dabei an. ~Sie hat heute am meisten leiden müssen..~ Seinem Blick Stand haltend nickt sie, ebenso wie wir anderen auch. "Wir müssen euch Waffen besorgen.", stellt der Prinz erneut fest. ~Stimmt.. Ich habe ja noch das Messer.. Ob ich meine Fesseln wohl so ausversehen getrennt habe..?~ Wie auf Komando tauchen plötzlich circer 10 Elbensoldaten auf. "Lasst keinen am Leben!", ruft einer von ihnen. Da ich weiß, dass Lanwë besser kämpfen kann als ich, gebe ich ihm schnell mein Messer. Gemeinsam mit Legolas liefern sie sich einen Kampf. Überraschender Weise schaffen es zwei der Feinde an den Düsterwaldelben vorbei und kommen nun auf uns zu. "Seid brave Mädchen und bewegt euch nicht", bringt einer der beiden hervor, als sie sich uns erneut nähern. ~Nahkampf also..~ Ich und Nessa sehen einander noch an bevor wir auf sie zu stürmen und mit allen Mitteln versuchen sie irgendwie auf den Boden zu bekommen. Nessa schafft das nach kurzer Zeit und schlägt ihn dann auch noch bewusstlos, ehe sie mir hilft. ~Legt euch nicht mit schwangeren Frauen an..~ Auch die restlichen von ihnen liegen entweder bewusst- oder leblos am Boden. Schnell nehme ich mir eine Klinge, Nessa ein Langschwert, Lanwë neben dem Messer ein normales Schwert und Legolas zusätzlich noch den Bogen und Köcher eines Elben. Ausgerüstet begeben wir uns wieder zu dem Platz zurück, um unsere Retter so gut wir können zu unterstützen. Dort angekommen erwartet uns ein grauenhafter Anblick: Überall wo man hinsieht, liegen entweder Menschen- oder Elbenkörper auf dem Boden. Tapfer kämpfen die Sterblichen, die nun in der Unterzahl sind, gegen Alagos' Männer. "Viel Glück!", wünschen wir einander noch - Nessa und Lanwë küssen sich kurz - ehe wir uns auch unter die Menge mischen und versuchen so viele der Feinde, wie es uns nur möglich ist, auszuschalten. Ich schlage mich eigentlich ganz gut und gelange irgenwann am Rand der kämpfenden Menge an, als ich nach meinen Freunden suche. Lanwë ist in der Mitte und lässt seiner Wut freien lauf, als er einen nach dem anderen besiegt. Legolas ist mitten drin und kämpft Seite an Seite mit Lanwë und dem edlen Menschen, der Alagos angegriffen hat. ~Aber wo ist Nessa?~ beunruhigt suche ich den gesamten Platz nach meiner aller besten Freundin ab, entdecke sie aber nicht. "Eve! Hier bin..!", ihr Ruf hallt über den Platz und bricht mitten im Satz ab. Sofort stürme ich zu Lanwë, kämpfe mich zu ihm hindurch und erkläre ihm dann, während ich die Schläge der Feinde abwehren muss, dass Nessa vermutlich entführt wurde "Wir müssen sie suchen gehen! Sofort!" Entschlossen nickt er und erzählt dann Legolas davon, der meinem Vorschlag ebenfalls zustimmt. "Geht! Es sind nicht mehr viele! Wir schaffen das schon, sucht eure Freundin!", der Mensch ist zu uns gestoßen und sieht jeden von uns kurz an. "Ich danke Euch.", sind meine Worte bevor wir uns zu dritt aus dem Getümmel frei kämpfen und die Richtung einschlagen, aus der ich Nessa's Ruf ertönen hören habe. "Wer hat sie entführt?", will Lanwë dann aufgeregt wissen und sieht sich oft um. "Ich weiß es nicht. Sie hat nach mir gerufen, aber hat mitten im..", ich breche meine Erklärung ab, als wir drei um eine Ecke biegen und dort Nessa sehen. Sie steht auf dem Platz vor dem Tor Bruchtals, ist allerdings nicht alleine. Alagos, diese Ratte, hält ihr eine Klinge an den Hals. "Kommt näher.. Ich werde ihr noch nichts tun.", als er dies sagt müssen Legolas und ich Lanwë mit großen Mühen zurück halten, damit er nichts unüberlegtes tut. "Was verlangst du von uns, damit du sie frei lässt?", stelle ich dann mit einer leicht vor Wut zitternen Stimme die Frage.

Ich liebe dich doch LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt