7.

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Gemeinsam gingen Leon und Baran den Gang entlang, bis sie vor Simons Büro standen.
„Bereit?" Leon sah seinen Freund fragend an. Als dieser nickte, klopfte er kurz an, öffnete aber sofort die Tür.
Überrascht hob Simon den Kopf.
„Ist alles in Ordnung, mein Sohn?"
Der Prinz winkte ab und betrat den Raum, während der Hauptmann in den Türrahmen trat und salutierte. „Das kann warten. Erst einmal hat Baran dir etwas zu sagen."
Irritiert runzelte der König die Stirn. „Baran? Du auch hier? Ich dachte, du wärst bei meiner Gefangenen. Gibt es Probleme?"
Der Krieger schluckte kaum merklich und trat vor den Schreibtisch, wo er erneut Haltung annahm.
Simon wies auf die Stühle. „Setzt euch."

Entspannt lehnte Simon sich zurück und nickte Baran auffordernd zu.
Erneut erhob der Hauptmann sich und ging vor seinem Herrscher auf das Knie.
„Ich habe Euch in meinem Bericht heute Morgen etwas verschwiegen, mein König."
Mit gerunzelter Stirn richtete Simon sich wieder auf. „Das kann passieren, Baran. Wir alle vergessen mal was."
Der Vampir schluckte leicht und senkte den Kopf. „Wissentlich, mein König. Es tut mir leid."
Im nächsten Moment stand Simon mit einem Knurren vor dem knienden Baran.
Dieser rührte sich nicht.
„Vater!", ergriff Leon mahnend das Wort. „Baran ist gekommen, um seinen Fehler – wenn es denn überhaupt einer ist – einzugestehen."
Simons Augen blitzten seinen Sohn an, doch schließlich beherrschte er sich und kehrte auf seinen Platz zurück.
„Also gut. Steh auf, Baran. Und dann berichte mir."

Leicht schwankend kam Baran auf die Füße und nahm Haltung an, doch dieses Mal bot Simon ihm keinen Platz an.
„Steh bequem", forderte er ihn lediglich auf und sah den Hauptmann dann abwartend an.
„Wie Ihr bereits wisst, hat sich das Mädchen mit Händen und Füßen gewehrt, als wir es aufgegriffen haben. Allerdings gab es ein oder zwei Momente, in denen ihr fast die Flucht gelungen wäre."
Simon nickte nur. „Doch ihr konntet sie aufhalten."
„Das stimmt. Aber das lag nicht allein an uns. Sie hatte einen kleinen Gegenstand bei sich, der ihr sehr wichtig zu sein schien. Hätte sie nicht versucht, das Ding zu finden, wäre sie uns vielleicht entkommen. Selbst, als sie schon gefesselt vor mir gekniet ist, hat sie noch darum gekämpft, das Teil zu erreichen."
„Das muss ja wirklich einen besonderen Wert für das Mädchen haben."
Baran nickte bestätigend. „Sie war regelrecht verzweifelt, als Garin das Ding aus ihrer Reichweite getreten hat."
Simon strich sich nachdenklich über das Kinn und wies auf den freien Stuhl.
Baran schüttelte leicht den Kopf. „Ich... denke es ist besser, wenn ich noch stehen bleibe", erklärte er zerknirscht.
Simon runzelte skeptisch die Stirn. „Konntest du herausfinden, was es war?"
„Ja, mein König. Ich habe die anderen mit dem Mädchen zur Burg vorausgeschickt und dann den Boden abgesucht. Unter einem Busch habe ich dann ein kleines Holzherz gefunden."
„Ein Holzherz?", hakte Simon irritiert nach. „Zeig es mir."
Baran schluckte. „Das kann ich nicht, Hoheit. Nachdem ich es gründlich untersucht habe und es nichts als schlichtes Holz ist, habe ich es ihr zurückgegeben."
Simons Blick verfinsterte sich.
„Warum?"
Baran lächelte schwach. „Es schien ihr so wichtig. Und als sie in der Zelle erwachte...". Baran zögerte kurz.
„Nun... dazu später. Als sie in der Zelle erwachte, wirkte sie so schwach und hilflos. Sie hat mir leidgetan."
Simon hob amüsiert die Augenbraue. „Ein Werwolfmädchen tut meinem besten Hauptmann also leid."
„Ich dachte, vielleicht hilft es, dass sie sich ruhiger verhält, Hoheit."
Erneut wies Simon auf den Stuhl. „Setz dich. Und keine Widerrede dieses Mal."
Er wartete, bis Baran Platz genommen hatte. „Hat sie sich ruhiger verhalten?"
„Ja und Nein."
Baran schob langsam den Ärmel seiner Uniform zurück.
„Als ich ihr das Herz gezeigt habe, sprang sie auf mich zu und wollte es greifen. Ihre Finger waren erneut zu Krallen geformt und als ich zurückgewichen bin, hat sie mich am Arm erwischt."
Simon knurrte unwillig. „Das war sehr leichtsinnig, Baran."
„Halb so wild, Euer Sohn hat mir bereits Wolfswurz auf die Wunde gegeben. Was aber viel wichtiger ist, Hoheit, war ihre Reaktion danach."
Interessiert legte Simon den Kopf schief.
„Sie war selbst überrascht und es schien ihr fast schon leidzutun. Es sah aus, als ob sie versucht hat, sich zu beruhigen. Ihre Krallen haben sich wieder zurückgebildet und sie hat das Herz ganz vorsichtig aus meiner Hand genommen."

Die Julius-Chroniken - Teil 2: Die GeiselWo Geschichten leben. Entdecke jetzt