Playlist
Godless - Banks
My Blood Runs Cold - Laplace, Malory
Feelings - Clay
Waiting Game - Banks
Crazy for You - JOY.
Don't Wanna Share You - BRIDGE
Lord Knows - BRIDGE
Way down We Go - KALEO
Bold - Faith Richards
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Ich stehe schon seit über zwei Stunden vor dem Check-in des Airports von Portland. Die Schwüle Luft umhüllt mich wie ein fest umwickelter Kokon. Es ist beinahe unerträglich noch eine weitere Minute in diesem stickigen Terminal zu verbringen. Hätte ich gewusst, dass der Flug nach New York Verspätung hat, hätte ich den Taxifahrer vorhin nicht so gehetzt. Ein aufkommender Schneesturm hätte mir genauso gut einen Strich durch meinen Plan ziehen können, weswegen ich einfach nichts dem Zufall überlassen möchte.
Eigentlich bin ich ein echt geduldiger Mensch, aber das darf ja wohl nicht wahr sein! Ich will endlich in diesen Flieger.Um mir die Zeit zu vertreiben, habe ich mir bereits gefühlte tausend male meine Haare zusammengebunden und kurz darauf wieder geöffnet, so dass meine schokoladenbraunen Wellen wieder knapp über meine Schultern reichen.
Nach einer weiteren Wartestunde dürfen ich und einige andere Passagiere durch das Check-in und daraufhin in das Flugzeug. Auf meinem Sitz mache ich es mir gemütlich, um die fünf Stunden schnell rumzukriegen. Bevor mein Flug startet, setzt sich eine recht jungaussehende Mutter mit ihrem kleinen Kind, welches fröhlich herumstrampelt, neben mich. Sie ist vielleicht Mitte zwanzig. Ihr blondes langes Haar trägt sie in perfekt gedrehten Locken. Ebenso trägt sie eine Designerbluse, die bestimmt unbezahlbar ist, und eine dunkelblaue Anzughose. Passend dazu ergänzen schwarze Stilettos ihr Outfit. "Ich hoffe es ist kein Problem für Sie, wenn der Kleine hier mal etwas lauter wird", lächelt sie mir entgegen. In mich hinein grinsend winke ich ab und versichere ihr, dass ich absolut kein Problem damit hätte. Babys sind was echt Süßes, doch ich war mir sicher kein Kind zu brauchen, um mich vollständig zu fühlen. Das Einzige, was ich gebrauchen könnte, wäre ein Ort, an dem ich mich endlich wieder wie zuhause fühlen kann. Doch das steht mir gerade nicht zur Verfügung. Das ist ein Grund, weshalb ich nach New York will. Ein weiterer Grund ist meine Freundin Shelby, die mich schon lange nervt sie mal zu besuchen. Monatelang habe ich sie nicht mehr gesehen. Oh man, ich kann es kaum erwarten sie wieder zu sehen. Mir fehlen unsere Mädels Abende. Meist waren sie ziemlich verkorkst, was womöglich immer an einem ihren Exfreunden lag, wegen denen sie sich ausheulen musste. Doch gerade diese Momente haben uns zusammengeschweißt. Dazu hat sie mir andauernd die Chance gegeben mich in ihrem Umfeld vollends entfalten zu können. Shelby bewunderte mich für meine Fotografien und ich sie für ihr unglaubliches Selbstbewusstsein. Die immer größer werdende Aufregung bringt mich beinahe zum Platzen. Ich kann es nicht mehr erwarten sie wieder in meine Arme zu schließen. Und dann höre ich die Durchsage des Piloten - wir sind bald da. "Entschuldigen Sie." Meine Nebensitzerin schenkt mir ein vornehmes und höfliches Lächeln. Schweigend sehe ich zu ihr und wechsele die Blicke immer wieder zwischen ihr und ihrem Sohn. "Wäre es zu viel verlangt, für wenige Minuten auf Caleb aufzupassen? Flüge stressen mich unheimlich, weshalb ich mich dringend frisch machen sollte", sagt sie, während sie sich einzelne Haarsträhnen aus ihrem Gesicht streicht und den kichernden kleinen Mann von ihrem Schoß nimmt. Es vergeht gerade einmal so viel Zeit, in der ich zum Blinzeln komme und schon sprintet sie - und das voller Stil - auf die Boardkabine und lässt mich mit ihrem Sohn alleine. Vorsichtig fasse ich dem kleinen Racker unter seine Armen und hebe ihn hoch. Lachend und quietschend strampelt er mit seinen kurzen Beinchen und strahlt mich mit seinen Eisblauen Augen an. Na du kleiner Pupser. Deine Mama kommt gleich wieder und solange musst du es mit mir aushalten." In der Hoffnung keine falsche Bewegung zu machen, setze ich ihn auf meinen Schoß. Es bringt mich zum Lachen diesem Baby zuzuschauen, wie es versucht alles, was es in die Hände bekommt in sein kleines Mündchen zu stecken. Sein Köpfchen ist von braunen Haaren bedeckt, was bedeutet, dass er nicht mehr allzu jung sein kann. Ich schätze ihn auf zwei Jahre. Grinsend kitzele ich ihn am Bauch und sehe ihm dabei zu, wie er versucht zuerst meinen Finger, und dann seinen eigenen kleinen Schuh in sein Mündchen zu nehmen. "Wieso steckst du dir eigentlich alles in den Mund?". Und wieder lacht er und nimmt meine Halskette in die Hände. Schnell versuche ich ihm sie aus den Händen zu nehmen, da diese Kette zurzeit mein wichtigster Besitz ist. Ich wüsste nicht was ich ohne diese Kette machen würde. Das ist alles, was mir von meinem verstorbenen Vater geblieben ist. Abgesehen von dem hohen Geldbetrag, den er mit hinterlassen hatte. Nach all den schmerzhaften Verlusten würde ich diesen nicht auch noch ertragen können. Calebs eiskalten blauen Augen verpassen mir einen Stich ins Herz. Sein Blick geht beinahe bis in mein Tiefstes Inneres. Erschreckend aber sowas von wahr. Nur wenige Schritte von meinem Sitzplatz entfernt sind die klappernden Geräusche eines taktvollen Ganges zu hören. Die Mutter des Kindes, das ich noch immer auf meinem Schoß halte, gelangt galant zurück auf ihren Sitzplatz. "Danke, dass Sie auf ihn aufgepasst haben." Mütterlich nimmt die junge Frau ihren Sohn wieder von meinem Schoß und küsst ihm auf seine rundliche, weiche Wange. "Mach ich doch gerne", und schenke ihr ein kurzes Lächeln.
Am New Yorker Airport angekommen, schnappe ich mir meinen kleinen Koffer, der für mich ziemlich gut zu identifizieren ist. Wieso? Weil ich schon mein Leben lang die Orte auf ihn schreibe, an denen ich schon war. Sonderlich viele sind es bisher noch nicht. Als ich kleiner war, waren meine Eltern zu sehr mit ihren Eheproblemen beschäftigt. Aus diesem Grund kamen meine kleine Schwester und ich nicht gerade oft in eine andere Stadt, geschweige denn in ein anderes Land. Aber das wird sich dieses Jahr ändern. Angefangen mit einem zweiwöchigen Besuch in New York.
Was danach passiert, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht.
Kurz bleibe ich noch stehen, um wirklich zu realisieren, was ich hier tue. Ich nehme mir eine Auszeit von allem und tue ausnahmsweise mal nichts Dummes. Hoffe ich. Plötzlich werde ich von einer kreischenden Frau umarmt. Mir ist sofort klar, wer es ist. "Du bist wirklich hier." Endlich lässt sie mich los. Jep, es ist meine allerbeste Freundin auf der ganzen weiten verkorksten Welt.
Shelby war schon immer die Aufgedrehte von uns beiden. "Meine beste Freundin ist wirklich hier", ruft sie durch den gesamten Flughafen. Lachend hebe ich ihr eine Hand an den Mund, was sie endlich zum Stoppen bringt. "Halt die Klappe, Shel. Ehrlich, es haben sich schon genug Leute umgedreht." Augenrollend beginnt sie zu grinsen. Langsam nehme ich ihr die Hand wieder vom Mund. "Ich habe dich echt vermisst, du Spaßbremse. Und sieh an, deine Haare sind kürzer." Da war der gewünschte Überraschungseffekt. Bisher sah mich noch keiner mit der neuen Frisur. Dank ihm habe ich mir vorgenommen, nicht mehr das naive, dumme Mädchen zu sein. Der Kurzhaarschnitt war der erste Schritt in das unabhängige Leben, das ich vorerst allein führen werde. "Ja, ich dachte eine Veränderung tut mir bestimmt gut." Mit einem tröstenden Blick mustert sie mich und streichelt mir den Arm. "Wenn es deine Entscheidung war, wird es gut für dich sein. Also komm, lass uns gehen." Und schon packt sie sich meinen Koffer und geht in Richtung Ausgang. Draußen stolziert sie stolz über den Parkplatz zu ihrem neuen Wagen, während ich noch immer am Ausgang stehe und zuerst die New Yorker Luft einatme. Irgendwann werde ich mich bei ihm bedanken, schließlich war es seine Idee diese Auszeit zu nehmen. Jayden gab mir den Kick in die richtige Richtung und ich habe es dann beendet. Schnell reiße ich mich wieder zusammen und verkneife mir die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt hatten, und laufe zu Shelbyˋs Auto. Es fühlt sich zwar gut an sein Leben für sich allein zu haben, doch der Gedanke an ihn schmerzt jedes Mal aufs Neue. Verständnisvoll wartet sie, bis ich einsteige. Im Auto ist es eine sehr lange Weile ruhig, ich schätze das liegt daran, dass keiner so genau weiß, was er sagen soll. Bis ich dann diese Stille breche. "Lebt Liam eigentlich noch bei dir?". Völlig in meinen eigenen Gedanken vertieft versuche ich mich nach ihrem Leben zu erkundigen und streichle den beigefarbenen Ledersitz, auf dem ich es mir gemütlich gemacht hatte. "Jap. Solange er noch keinen Schulabschluss hat, gewähre ich ihm die letzte Ehre und lasse ihn bei mir wohnen", grinst sie. Ich wünschte ich könnte auch so eine Schwester sein, doch ich bin die, die zurückgestoßen wird. Also bin ich schon früh von zuhause weggegangen und höre seit ein paar Monaten nichts mehr von meiner Schwester. Und von meiner Mutter auch nicht mehr. Von ihm bekomme ich auch keine Antwort mehr auf meine E-Mails, was ein wirklich gutes Zeichen ist, denn ich bin diejenige, die wegrennt. Jayden hat nichts zu befürchten. Solange er mich in Ruhe lässt und mir nie wieder zu nahekommt, habe ich Hoffnung, alles wieder in Ordnung zu bringen. Nur jetzt nehme ich mir nach all den verkorksten Jahren endlich Zeit für mich, was womöglich das Beste war. "Hast du was von Riley gehört?", fragt sie mich vorsichtig. Und schon ist da wieder dieser Kloß in meinem Hals, sobald ich über meine Familie nachdenke. Also schüttele ich nur langsam meinen Kopf und richte meinen Blick aus dem Fenster.
Die grauen Wolken über uns versperren die Sicht auf die Hochhäuser und anderen Gebäuden, die Kilometer weiter weg von uns stehen müssten. Stattdessen sehe ich nur dicke Schneeflocken, die vom Himmel fallen und die Straße bedecken. Dank diesem Anblick verschwindet der Kloß in meinem Hals wieder und lässt mich wieder lächeln. Ich hatte mir die perfekte Zeit für eine Zeit in New York ausgesucht. "Okay, ich weiß genau an was du denkst und ich bin voll dabei." Fragend schaue ich Shelby an und muss kurz nachdenken, bis ich verstehe, was sie meint. Mal wieder einen guten Tequila in meiner Kehle brennen zu spüren, ist genau das, was ich jetzt noch brauche. Das war zwar nicht das, an das ich dachte, aber was soll's. Ich brauche das jetzt.
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Trust me - solange du bleibst
Romance"Man sagt, die erste wahre Liebe vergisst man nicht. Wie sollte ich auch, wenn er mir dicht auf den Fersen ist." Um ihre tiefsitzende Trauer zu lindern, flüchtet Kristen nach New York. Doch zwischen der Liebe und der Trauer herrscht ein schmaler Gr...