Mitten in Hicksville halten wir vor einem Einfamilienhaus. Es steht nur ein Wagen da. Ein weißer BMW M4 – Liams Auto. Er muss hier sein, flüstere ich, während die Tränen dabei sind, sich anzusammeln. Dieser Wirbel von Geheimnissen sorgt in mir für das reinste Gefühlschaos. Dean greift um meine Taille, woraufhin wir Drei auf das Haus zu gehen. Nicole wartet keine Sekunde, bis sie zu klingeln beginnt. Nach dem zweiten Läuten der Klingel, wird die Tür von einem Jungen in Liams Alter geöffnet. Als er Nicole erblickt, fährt er sich durch seine dunkelblonden Haare. "Verdammt – was suchst du hier?" Sein verstörter Blick mit seinen geröteten Pupillen schreit nur so nach Ich-bin-ein-Junkie. "Wir suchen Liam. Ist er bei dir?" Dean tritt vor Nicole und mich und richtet sich auf, bis er einen Kopf größer ist als der Kerl. "Und wer bist du, du Pisser?" Dean spannt seine Kiefermuskeln an was ihn irgendwie noch attraktiver wirken lässt. Plötzlich lacht Tommy auf. "Oh und wer ist die Schlampe hinter dir? Wird das jetzt eine Versammlung der Arschgeigen?", lacht er. In dem Augenblick, in dem die letzten Worte aus seinem Mund kommen, greift Dean nach Tommys Kragen. "Sprich nicht so über die reizende junge Dame, hast du mich verstanden? Und jetzt zeigst du uns, wo Liam ist, ansonsten kann ich für nichts mehr garantieren." Seine Drohung kommt boshaft über Deans Lippen, dass es mich beinahe erschreckt, jedoch weiche ich keinen Schritt zurück. Ich gehe auf ihn zu und halte seinen freien Arm fest, damit er Tommy nichts tun kann. "Schon gut. Beruhig dich mal, Alter", flüstert er fast, als Dean ihn loslässt. Tommy öffnet uns die Tür, und begleitet uns ins Wohnzimmer. Auf der Couch liegt Liam, noch mit seinen Klamotten von gestern Abend. Seine Augen sind geschlossen, allerdings sieht er gequält aus, als müsste er in diesem Moment irgendwelche Schmerzen ertragen. Sein Anblick verursacht mir ein schreckliches Gefühl. Nicole geht schnellen Schrittes auf ihn zu und kniet sich nieder, um seine Hand zu halten. Diese sind zu Fäusten geballt uns eiskalt. "Wie lange liegt er schon so rum?", frage ich Tommy der nur wortlos an einer Wand gelehnt steht. "Er kam gestern Abend zu mir und sagte, er müsse bei mir pennen. Um elf ist er ungefähr eingeschlafen." Das sind bereits über zwölf Stunden. Allerdings klingt der vergangene Abend ziemlich harmlos. Langsam gehe ich ebenfalls auf ihn zu und lege meine Hand auf seine Stirn. Er glüht. "Dean, wir müssen ihn dringend zum Arzt bringen", sage ich an ihn gewandt, als ich die angespannten Adern an Liams Hals entdecke. Schon gibt Dean Tommy Anweisungen, wie er seine Beine hochheben soll und trägt selbst die obere Hälfte von ihm. Nicole und ich folgen ihnen dicht. Und obwohl ich hierbleiben und mich an sie klammern möchte, muss ich stark bleiben. Die Jungs legen Liam vorsichtig auf die Rückbank, was bedeutet, dass Nicole kein Platz mehr im Auto hat. Glücklicherweise beschließt Tommy sie mit ins nächste Krankenhaus, an dem wir uns wieder treffen, zu nehmen.
*
"Er wird schon wieder. Setz dich endlich mal hin", flüstert mir Dean sanft zu. Er sitzt vor Liams Krankenzimmer, während ich vor ihm den Flur auf und abgehe. Wie soll ich das Shelby erklären? Verängstigt kaue ich an meiner ohnehin schon abstehenden Nagelhaut an meinem Daumen herum. In vier Stunden werde ich sie anrufen müssen. Ich möchte ihr während der Arbeit keine schlechten Nachrichten überbringen. Sie wird durchdrehen. Liam ist der Einzige, der ihr aus ihrer Familie noch bleibt. Abrupt bleibe ich vor Dean stehen und lasse mich auf dem freien Stuhl neben ihm nieder. "Was ist, wenn es ihm nicht gut geht? Ich meine, wenn er wirklich krank ist. Was soll ich Shelby bitteschön sagen?", flüstere ich zurück. Er legt eine Hand auf meinen Kopf und beginnt in mir nach unten hin zu streicheln. Dank seiner Streicheleinheit fühlt es sich weniger so an, als ob mein Schädel gleich explodieren würde und dafür bin ich ihm unfassbar dankbar. Allein der Gedanke daran, dass Liam die nächsten Stunden über weiter nicht aufwacht, oder der Arzt jeden Moment kommen wird und uns sagen wird, dass er krank ist, lässt mir Tränen in die Augen steigen. In dem Augenblick als Dean mich in seine Arme schließt, öffnet sich Liams Zimmertür und ein Arzt im mittleren Alter und dem typischen weißen Kittel gesellt sich zu uns. "Sind sie die Angehörigen des jungen Mannes?", fragt er mit einer bestimmten Sorge und blickt noch einmal durch das kleine Fenster in Liams Zimmer. Da ich keinen Ton herausbekomme und nur nicke, übernimmt Dean für mich das Beantworten der Fragen. "Und w-was ist jetzt mit Liam? Geht es ihm gut?" Beinahe schrecke ich zurück, als ich das Zittern in meiner Stimme wahrnehme. Der Doktor fängt an uns beiden genau zu erklären, was mit Liam los ist und keine Sekunde später beginne ich unkontrolliert zu schluchzen und breche beinahe in Deans Armen zusammen.
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"Du bist schuld!", schreie ich Tommy entsetzt an. Er sitzt mit Nicole zusammen an einem Tisch in der Cafeteria. Mit aufgerissenen Augen betrachtet er mich. "Was hat deine kleine Schlampe jetzt wieder für ein Problem"?, fragt er lässig an Dean gewandt. Dean schlingt, bevor ich auf Tommy losgehen kann, seine Arme um meine Taille und hält mich fest. "Du hast ihn mit Drogen vollgepumpt. Verdammt! Du hättest ihn damit umbringen können!" Mittlerweile hat sich jeder, dank meiner Gebrülle, in unsere Richtung gewandt. Schnell steht Tommy auf und geht auf mich zu. Dean jedoch lässt meine Taille los und stellt sich vor mich. "An deiner Stelle würde ich mal dafür sorgen, dass deine Kleine kein Wort darüber verliert, denn das wird Konsequenzen haben", flüstert er Dean zu und zeigt verschwörerisch auf mich. Nicole wirkt geschockt und betrachtet unseren Aufstand schweigend. Nach wenigen Minuten zieht sie ihre Jacke vom Stuhl und geht an uns vorbei. Kaum ist sie weg schüttelt Tommy seinen Kopf. "Ihr habt sie doch nicht mehr alle!", sagt er vorwurfsvoll und geht ebenfalls an uns vorbei.
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Trust me - solange du bleibst
Romantizm"Man sagt, die erste wahre Liebe vergisst man nicht. Wie sollte ich auch, wenn er mir dicht auf den Fersen ist." Um ihre tiefsitzende Trauer zu lindern, flüchtet Kristen nach New York. Doch zwischen der Liebe und der Trauer herrscht ein schmaler Gr...