Chapter 46

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Warme Decken umhüllen mich.

Deans muskulöser Arm fest um meine Taille geschlungen. Und wir liegen beide im Bett.

Dean trägt genau dieselben Sachen wie er es auch gestern Abend tat. Ich dagegen trage nicht mehr als meine Unterwäsche und einem schwarzen Hoodie, der eindeutig Dean gehört.

Völlig verwirrt sehe ich mich im Raum um.

Die Decken vom vergangenen Abend liegen noch immer auf der Ledercouch. Meine Jacke liegt, wie sonst auch, auf meinem Koffer. Unsere Handys liegen beide auf unseren Nachttischen.

Das darf doch nicht wahr sein, flüstere ich und reibe mir dabei meine angeschwollenen Augen frei. Ist alles okay?, fragt mich Dean, der mir harmlose Küsse auf meinen Hals drückt. Seine Hände sind überall und lassen mich nicht mehr klar denken. Ich weiß es nicht. Ein kurzes Stöhnen entfährt mir, ehe ich ihm meine wahre Antwort geben kann. Nein, ist es nicht. Gestern bin ich gar nicht ins Bett. Deans Hand wandert weiter, bis sie an der Innenseite meines Schenkels anhält. Ich weiß. Du bist auf der Couch eingeschlafen. Als ich in der Nacht wach wurde, habe ich dich zu Bett getragen, haucht er mir verführerisch zu. Ach du heilige Scheiße! Seine Hand ist genau dort, wo sie nicht sein sollte, wenn man solch ein ernstes Gespräch führt. Hast du dein Handy heute Nacht nicht gehört?, versuche ich ihn so ernst wie möglich zu fragen. Doch was ich bekomme, ist nur das wortlose Knurren aus seiner Kehle. Es hat nicht geklingelt, Süße. Ich hätte es sonst mitbekommen bei meinem leichten Schlaf, zwinkert er mir zu. Beginne ich etwa schon damit zu halluzinieren? Als er damit aufhört mich zu begehren, schenkt er mir noch einen Kuss auf die Stirn und geht ins Bad, um sich frisch zu machen. Das ist die perfekte Möglichkeit, um auf sein Handy zu schauen. Leise greife ich nach beiden Handys und gehe zuerst meine SMS und Anrufe durch.

Nichts.

Rein gar nichts!

Wie kann das nur sein? Nach dem Telefonat mit Six gestern Abend hatte ich es zurück in meine Jacke gesteckt und bin ins Hotel zurück. Keine einzige Nachricht hatte ich dabei gelöscht. Als ich versuche Deans Handy zu öffnen, funktioniert es nicht mehr. Es zeigt auch keine verpassten Anrufe mehr an. Irgendetwas stimmt hier nicht. Drehe ich gerade offiziell durch? Bevor Dean die Badezimmertür aufschließen kann, lege ich die Handys wieder zurück und lächle ihm entgegen. War heute Nacht irgendwas?, frage ich, während er sich über mich lehnt. Langsam schüttelt er seinen Kopf. Du hast geschlafen wie ein Engel, grinst er und küsst mich innig.

Na klar. Wohl eher wie ein schreiender Engel mit einem verdammten Trauma.

Mit dieser ganzen Sache traue ich ihm nicht so ganz. Ziemlich schnell entziehe ich mich ihm und beende damit diesen Kuss. Ich weiß ganz genau, was ich gesehen habe, flüstere ich todernst. Und was wäre das, fragt er völlig ahnungslos. Sein unverschämt sexy Lächeln macht mich verrückt, weswegen ich aus dem Bett steige und nach einer Jeans suche. Dean blickt nur kurz auf den Nachttisch, auf dem unsere Smartphones liegen und zieht beide Augenbrauen in die Höhe.

Ohne auch nur ein weiteres Wort, verziehe ich mich ins Bad, um mir meine Haare zusammen zu binden und mir meine Zähne zu putzen. In der Zeit räumt Dean unser Zimmer auf und verschließt unsere Koffer.

Bist du fertig? Wir sollten bis in ein paar Minuten aus dem Zimmer sein, ruft er in meine Richtung.

Nickend trete ich aus dem Badezimmer und steige in meine warmen Boots. Die Jacke und den Schal ziehe ich mir in der Lobby über. Mein Vertrauen wurde bereits einmal missbraucht – ein weiteres Mal würde ich es nicht aushalten. Ich muss herausfinden, was letzte Nacht wirklich passiert ist.

*

Solange ich auf Dean warte, der gerade auscheckt, schaue ich immer wieder auf mein Handy. Eine Nachricht von Six und zwei von Liam. Mich wundert es sehr, dass ich von Shelby in den letzten Tagen kein Sterbens Wörtchen gehört hatte. Vermutlich ist sie einfach zu sehr mit Logan beschäftigt. Bitte lass es so sein. Ich will mir nicht schon wieder Sorgen machen, denn da ist noch immer der gestrige Abend, der anders verlief, als es Dean mir gegenüber behauptet. Er verheimlicht mir etwas.

Dafür, dass wir heute Sonntag haben, ist es erstaunlich voll auf den Straßen. Nachdem wir einen Zwischenstopp bei einem Starbucks eingelegt hatten, verlief der Rest des Rückwegs verdammt still. Deans Reaktionen sind einzig und allein auf den Verkehr bezogen. Meine dagegen wirken wie abgestorben. Nachdenkend blicke ich aus der Fensterscheibe und versuche Abstand zwischen Dean und mir zu bringen. Es sind noch etwa vierzig Meilen, bis wir zurück in New York sind. Den Rest der Strecke antworte ich auf Sixˋ Nachricht.

Six: Wünsche dir eine gute Heimfahrt. Melde dich wann du willst

Kristen: Danke. Mach ich. Verlass dich drauf 😉

Ich bin erleichtert, dass Six kein bisschen Ahnung davon hat, was hier wirklich los ist. Ich muss verhindern, dass weitere Menschen auf Jaydens Zielscheibe erscheinen.

Dean sieht immer wieder zu mir rüber und atmet plötzlich laut aus. Kristen. Ich lege mein Handy wieder weg und höre ihm gespannt zu. Seine Hände umfassen das Lenkrad immer fester, bis seine Knöchel hervorstehen und seine Haut kreidebleich wird. Ich habe dich angelogen, fängt er an. Und plötzlich fällt mir ein Stein vom Herzen. Er hat es zwar getan aber gesteht es mir. Du hattest heute Nacht einen Alptraum. Mitten in der Nacht fand ich dich schluchzend am Zimmereingang sitzen und oh Gott, du hast keine Ahnung, wie sehr es mich verletzt hat. Schweigend schaue ich auf meine Hände und erinnere mich wieder an den Rest. Du hast dich zu mir gesetzt, ergänze ich. Kurz nickt er und konzentriert sich weiter auf den Verkehr. Hör zu, du musst mir nicht sagen, um was in dem Traum ging, aber Während seiner Pause spannt er seinen Kiefer an, fährt dann aber fort. Du hast mir eine scheißangst eingejagt als du angefangen hast zu schreien. Und deine Worte, dein hasserfüllter Blick mit dem du mich angesehen hast. Kristen, mich hat das alles so unfassbar wütend gemacht. Um ihn nicht vom Verkehr abzulenken, berühre ich seine Hand nur kurz. Es war nur ein Traum, bestätige ich ihm. Na, das hättest du wohl gerne. Um wen ging es denn in diesem Traum? Um meine verkorkste Vergangenheit. Meine kaputte Familie. Meinen verrückten Exfreund. Um meinen Vater, sage ich nach einer kurzen Weile. Nicht ganz die Wahrheit aber auch nicht gelogen. Verständnisvoll nickt er wieder und was daraufhin folgt, ist wieder diese unerträgliche Stille.

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