Chapter 20

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Er konnte mir zum Abschied kein einziges Mal mehr in die Augen sehen. Hatte ich mich vielleicht komisch verhalten? Gut möglich, dass er zuerst verstanden hat, dass das Ganze zwischen uns hier keinen Sinn hat. Versteinert und unfähig, mich zu bewegen, verweile ich an Ort und Stelle, bis mich eine ältere Frau merkwürdig anschaut. Schnell ziehe ich mir meinen Mantel über, streife die Tasche über meine Schulter und begebe mich ebenfalls nach draußen. Erstaunlicherweise ist es nicht allzu schwer ein Taxi für mich zu erwerben. Zurück im Apartment ziehe ich mir zuerst meinen Micky Mouse Pyjama an und gehe daraufhin ins Badezimmer, um mich fürs Bett fertig zu machen. Es ist zwar erst 21.23 Uhr, trotzdem fühle ich mich irgendwie so, als hätte mich ein Lastwagen überrollt. Nachdem ich mich abgeschminkt hatte, lasse ich mich noch kurz in der Küche blicken, um ein Glas Wasser zu trinken. Shelbys überraschter Blick ist nicht zu übersehen, als sie meinen Pyjama entdeckt. Du weißt schon, dass wir nicht einmal 22 Uhr haben, oder? Mit einem ausdruckslosen Blick zeige ich ihr, dass es keine Rolle spielt, wie spät es ist. Ich will ins Bett. Und das jetzt! Also gut, die Süße scheint wohl ihre Tage zu haben. Augenrollend geht sie an mir vorbei. Dann lass ich dich mal dein depressives Leben weiterleben. Du kannst dich ja unter den ganzen Decken vergraben, aber es wird nicht besser, hörst du? Warnend zeigt sie mit ihrem nackten Zeigefinger auf mich. Ich kann es nicht fassen. Noch nie hatte sie mir Vorwürfe zu meinem Verhalten gemacht. Mit offenem Mund sehe ich sie an. Shelby scheint es nicht zu bemerken, da sie sich einen knallroten Lippenstift aufträgt. Erst jetzt bemerke ich ihr Outfit – sie hat sicher ein Date mit Logan. Kristen schau nicht so. Gott, wir sind erwachsen. Leb dein Leben weiter und hör auf so ein Schisser zu sein. Ich verstehe es einfach nicht. Bin ich diejenige die heute einfach alles falsch macht oder wieso ist heute jeder so merkwürdig drauf? Es sieht so aus, als würde sie auf eine Antwort von mir warten. Doch genau in diesem Moment sollte sie froh sein, dass ich nichts sage. Ich weiß nicht, wie sehr ich sie mit dem, was ich aussprechen würde, verletzen würde. Also halte ich lieber meine Klappe. Fein. Dann bleib hier, du hast das ganze Apartment für dich. Liam ist auch mit den Typen aus seinem Footballteam unterwegs, und schon macht sie kehrt und lässt mich alleine.

*

Mit einer Decke habe ich es mir inzwischen gemütlich auf der Couch gemacht und zappe durch alle Fernsehprogramme. Eigentlich will ich am liebsten einschlafen aber schon vor wenigen Minuten war da ein komisches Piepsen, das mich wach hält. Es klingt etwas gedämpft. Und da war es wieder. Piep. Wenige Minuten später – piep. Zuerst schalte ich kurz den Ton des Fernsehers aus um herauszuhören aus welchem Raum es kommt. Piep. Ganz klar aus meinem Schlafzimmer. Um genauer zu sein aus meiner Tasche. Nachdem ich mein Handy entsperrt hatte, zeigt es mir einen Chatverlauf mit einem mir Unbekannten.

Unbekannt: Schönen guten Abend Miss Mitchell

Unbekannt: Mir wurde gesagt, sie hatten einen nicht so angenehmen Tag in unserer wundervollen Stadt.

Unbekannt: Ich wollte dir nur sagen, dass du mir vertrauen kannst. Falls dich etwas bedrückt, dann bitte. Lass es mich wissen

Unbekannt: Es tut mir wirklich leid, wie ich einfach aus dem Laden gestürmt bin.

Oh mein Gott, woher hat Dean meine Nummer? Einerseits macht mir das ein wenig Angst, doch andererseits freu ich mich total über seine Nachrichten. Mit einem kleinen Lächeln setze ich mich wieder auf die Couch und schalte den Ton des Fernsehers erneut an. Kurz zögere ich ob ich ihm zurückschreiben soll, tue es dann aber einfach und bringe es sofort auf den Punkt.

Kristen: Woher hast du meine Nummer?

Plötzlich beginne ich zu lachen. Es ist absurd, wie sehr ich mich freue zu sehen, dass er online ist und mir schreibt.

Edwards: Hatte ein schlechtes Gewissen, also habe ich Logan gefragt, der wiederum Shelby gefragt hat.

Dean Edwards hatte ein schlechtes Gewissen, weil er mich hat stehen lassen. Und schon wieder beginnt mein Herz schneller zu schlagen als gewöhnlich. Als ich ihm antworten möchte, halte ich inne, da ich nicht genau weiß, wie sich das wieder entwickeln könnte. Halte einfach Abstand, Kristen. Abstand, schon klar.

Kristen: Und sie hat sie dir gegeben, schon klar.

Edwards: Habt ihr irgendwie Stress oder so?

Als Streit oder ähnliches würde ich es nicht bezeichnen. Shelby kennt quasi mein ganzes Leben und ich bin immer diejenige die mit einem furchtbaren Trauma umherstreunt. Ich kann, wie sie es sagte, einfach nicht loslassen. Doch dabei meint sie es doch nur gut.

Kristen: Ne, nicht wirklich. Sie hat sich nur über meinen Pyjama witzig gemacht. Das war ziemlich hart.

Edwards: Oh nein, welch eine Tragödie.

Ich muss zugeben, dass ich es süß finde, wie er mir schreibt. Als wären wir seit Ewigkeiten einfach Freunde. Weil wir das auch sind. Freunde. Auf seine Nachricht antworte ich nicht mehr, stattdessen schalte ich den Fernseher aus und lass mich daraufhin ins Bett fallen. Ein paar Minuten bleibe ich noch wach, weil etwas in mir darauf hofft eine weitere Nachricht von ihm zu lesen. Als nach zwanzig Minuten noch immer nichts kommt, lege ich mein Handy unter mein Kissen, und schließe meine Augen.

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