Trust me - solange du bleibst

Chapter 22

Stillschweigend trauere ich der Liste hinterher und verdrücke beinahe ein halbes Kilo Eis, solange ich Shelby zuhöre, wie großartig sie Logan findet. Sie ist beinahe am Boden zerstört, dass er sich seit gestern nicht mehr bei ihr gemeldet hat. Zuallererst beginnt sie von seinem Humor zu schwärmen. Weiter geht es dann mit deinem Aussehen, was natürlich bin ins Intime geht und da wären wir schon bei dem Thema Sex. Gott, es ist echt unfassbar, was er mit mir angestellt hat, flüstert sie lüstern und dabei färben sich ihre Wangen rosa. Findest du es nicht ein wenig stürmisch?, frage ich, während ich das leckere Pistazieneis vom Löffel lecke. Shelby sagt immer Sex ist das Beste für den Körper – ich dagegen empfinde die Art wie mir das Eis auf meiner warmen Zunge zergeht schon als Orgasmus für meine Geschmacksknospen. Kristen, Süße – Sex spielt eine riesengroße Rolle in einer Beziehung. Also meiner Meinung nach kann eine Beziehung nur funktionieren, solange der Sex gut ist. Vertrauen. Vertrauen ist ein riesengroßer Faktor damit eine Beziehung funktionieren kann. Körperliche Bedürfnisse sind Nebensache. Hast du eigentlich vor meinen kompletten Eisvorrat leer zu räumen? Um ehrlich zu sein – Ja. Aber keine Sorge ich hol uns morgen gleich neues. Brave Kristen, und schon zieht sie mir den Eisbecher aus der Hand. Kaum hat sie ihre Worte ausgesprochen wird mein Gesicht bleich. Unangenehme Säure steigt mir hoch. Brave Kristen. So hatte Jayden mich andauernd genannt. Scheiße, am Anfang unserer Beziehung war das noch irgendwie sexy und aufregend auf eine völlig andere Art und Weise. Was jedoch mit bestimmten Vorlieben anfing endete mit furchtbaren Schmerzen. Lust wurde von Hass überschattet. Jetzt wird mir einfach nur schlecht bei dem Gedanken daran, wie lüstern Jayden mich immer betrachtete. Um den Schweiß von meinen Händen zu kriegen, reibe ich sie mir über meine Oberschenkel und widme mich wieder ganz dem was Shelby mir noch zu sagen hat. Jetzt weiß ich, was wir heute machen. Wir lassen unsere alten Sonntage wieder aufleben! Das bedeutet Bier, Maniküre und Pediküre uuuund haufenweise Frauenfilme. Unsere Sonntage früher waren immer total durchgeknallt. Unsere Eltern waren am Wochenende meistens nicht da also haben wir aus unseren Familienhäusern wahre Frauenreviere erstellt. Ich weiß noch genau wie wir aus jeder Süßigkeit, die wir zuhause hatten, eine gigantische Eisbombe zusammengebastelt haben. Aber da wir beide genau in diesem Moment dabei sind das letzte Eis im Haus zu verputzen, muss das leider ausfallen. Lachend stimme ich ihr zu und wir einigen uns auf eine Partypizza anstelle unseres Kalorienbombeneis.

Nachdem wir uns gegenseitig die Nägel lackierten, so wie wir es früher taten, suchten wir alte Filme zusammen. Mit unserer Pizza genießen wir zusammen Dirty Dancing. Den Film hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Mir fällt erst jetzt wieder auf, wie sehr mir die Zeit mit Shelby gefehlt hatte. Und so vergeht der Tag ziemlich schnell – Lachen, Filme schauen und uns antrinken. Uns war irgendwann gar nicht mehr klar, dass Liam auch noch hier war und fingen an über unser verkorkstes Frauenleben zu reden. Ich hätte auf die Stanford gehen können, platzt es Shelby plötzlich heraus. Tränen sammeln sich in ihren Augen. Himmel, wo kommt dieses Geständnis denn her? Ich wollte es dir schon lange sagen, dachte aber immer du hättest deine eigenen Probleme. Wow. Ich bin extrem von mir selbst enttäuscht, dass ich meiner Freundin den Eindruck gebe, ihre Probleme könnten meinen gegenüber nicht gleichwertig sein. Tröstend schließe ich sie in die Arme und sage ihr, dass es nicht schlimm sei. Sie könne es nachholen, schließlich ist sie erst zwei und zwanzig. Darum geht es mir nicht. Ich.. war., mitten im Satz bricht sie schluchzend zusammen. Was warst du, Shelby? Vorsichtig versuche ich den Rest des Satzes aus ihr heraus zu bekommen. Tränen strömen ihr übers Gesicht und tropfen auf die Couch, da sie ihr Kopf hängen lässt. Bis dann leise eine Antwort kommt, die man beinahe nicht verstehen kann. Aber nur beinahe. Schwanger. Nein. Das kann nicht wahr sein. Wie konnte ich nie davon erfahren? Was ist passiert? Somit nimmt unser lustiger Mädels Sonntag eine ziemlich emotionale Wende und ich höre mir ihre Geschichte über das Jahr nach unserem Highschool Abschluss an. Erinnerst du dich noch an Cole? So schnell kann man Cole nicht vergessen. Er war der Obermacho der gesamten Highschool. Quarterback unseres Schulteams und heißbeliebt bei den Mädchen. Also jap, tue ich. Kurze nicke ich und sie fährt fort. Noch ehe Shelby erzählt hat, wie sie mehrmals etwas miteinander hatten und sie es oftmals ungeschützt miteinandertrieben, war mir klar, dass er sie geschwängert hat. Er hat sich genauso gefreut, wie ich es tat. Kristen wir waren jung und dachten nicht mal ans Kinder kriegen, aber es war der Hammer. Du hättest Coleˋs Blick sehen sollen, als er die kleine Erbse auf dem Ultraschallbild sah. Er lächelte über sein ganzes Gesicht. Lange macht sie eine Pause und heult sich an meiner Schulter aus. Kurz lasse ich sie los, um ihr Taschentücher und ein Glas kaltes Wasser zu bringen. Ich werde nichts sagen. Wenn sie bereit dazu ist, soll sie weitererzählen. Und das ist sie. Alles war so schön. Wir haben uns sogar nach einem Haus umgesehen. Beim nächsten Arzttermin sagte man uns, dass es ein Junge war. Gott. Schniefend wischt sie sich ihre Tränen fort und sieht an die Decke. Bis sie beginnt zum düsteren Teil des ganzen zu kommen. Cole freute sich über alles. Wir wollten ihn über alles. Bis ich im fünften Monat eine Fehlgeburt hatte. Er hat nicht mehr gelebt Kristen. Gequält spuckt sie den letzten Satz heraus. Aufˋs Neue bricht sie in meinen Armen zusammen. Sanft streiche ich ihr über ihren zitternden Rücken und versuche sie zu beruhigen. Dazwischen wischt sie sich immer über ihr Gesicht, um dem Lauf ihrer Tränen einem Ende zu bereiten. Shelby ist so eine zerbrechliche Frau, und doch wirkt sie so stark und entschlossen dazu mir alles zu erzählen, als sie sich mir wieder gerade gegenübersetzt. Cole war am Boden zerstört. Alles wurde mir nacheinander weggenommen. Zuerst das Baby, dann hatte ich Stanford schon abgesagt und schließlich ging Cole auch. So ein Arschloch. Es ist eine Sache mit jemandem Schluss zu machen, weil die Beziehung nicht mehr funktioniert, aber eine völlig andere eine Frau, die gerade ihr Baby verloren hat, allein zu lassen. Sie hatte ihn in ihrem Bauch gespürt, sagt sie mir. Es waren die kleinen Momente, die sie zum Strahlen brachte. Sogar einen Namen hatten sie sich überlegt. Er hätte Andrew heißen sollen. Mein Herz schmerzt an dem Gedanken, wie Shelby nun ihren kleinen Sohn im Arm halten könnte. Mittlerweile wäre er drei Jahre alt. Seit sie mir den Namen verraten hat, stelle ich mir in jeder Minute vor, wie er wohl ausgesehen hätte. Womöglich hätte er blaue Augen bekommen und braune Haare. Nicht nur irgendwelche blaue Augen – es wären Shelbyˋs strahlend himmelblaue Augen gewesen. Und er hätte nicht irgendwelche braune Haare bekommen – er hätte hellbraune, leicht gewellte Haare bekommen, genau wie sein Vater. Die Vorstellung daran bricht mir beinahe mein Herz. Motivierend spreche ich ihr gut zu. Shelby, du kannst es wieder versuchen. Doch das Einzige, was ich von ihr höre, ist ein Er wäre so schön geworden. Sie blendet mich aus, denn sie redet weiter. Ihre Worte erweitern meine Vorstellung. Er wäre bestimmt Footballspieler geworden sagt sie mir und lächelt schwach. Es schwindet sofort wieder. Mir das zu erzählen, hat sie bestimmt eine Menge Kraft gekostet. Ich kann es mir nicht vorstellen ein kleines Leben in mir wachsen zu lassen und schließlich einfach so zu verlieren. Ich denke, ich lege mich etwas hin, flüstert sie als sie die Taschentücher in die Hand nimmt und mit ihnen in ihrem Schlafzimmer verschwindet. Zuerst ist sie eine Stunde darin. Dann auch eine zweite.