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„Veränderung nur ist das Salz des Vergnügens ..."

Friedrich Schiller in: Kabale und Liebe

Die Hand des alten Mannes zitterte, als sie sanft über Arianes schwarzen Ärmel fuhr

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Die Hand des alten Mannes zitterte, als sie sanft über Arianes schwarzen Ärmel fuhr.

»Hast du dir das denn auch gut überlegt?«, krächzte er und blinzelte mit seinen wasserstoffblauen Augen, die immer ein wenig abwesend wirkten.

»Natürlich, Herr Walzmann. Ich möchte nur etwas neues dazulernen. Mein Vater wird seinen Betrieb noch eine lange Zeit selber leiten können und unterstützt mich voll und ganz. Er braucht mich im Moment nicht, jedenfalls nicht als Vollzeitkraft.«

Wie immer blieb ihr Auszubildender im Hintergrund. Wenn Julian als Schornsteinfeger Erfolg haben wollte, musste er dringend lernen, mehr aus sich herauszukommen. Kommunikationsfähigkeiten waren wesentlich wichtiger, als viele Laien glaubten.

Herr Walzmann führte sie zum Wohnzimmerfenster. Ariane kontrollierte unauffällig den Sitz von Julians Stoßbesens und der Kehrleine, die sich beide immer noch da befanden, wo sie sein sollten. Er würde seine Arbeit gut machen.

»Das ist doch kein Grund, alles hinzuschmeißen!«

Ariane kaschierte ihr Grinsen, doch die Verzweiflung des Mannes war herzerwärmend. »Ach, Herr Walzmann. Ich arbeite doch weiterhin in Teilzeit. Und ein Lehramtstudium ist jetzt auch nicht wirklich eine Katastrophe, nicht wahr?«

Der alte Mann zupfte erneut an ihrem Ärmel. »Aber du wirst dein Glück verlieren!«

Julian öffnete das Fenster und schaute auf das Dach hinaus. Über den roten Ziegeln zeichnete sich Hannovers wolkenverhangener Himmel ab. Ein Schwarm Spatzen jagte durch die Bäume.

Ariane nutzte den Moment, um ihre Hand über die zitternden Finger des alten Mannes zu legen. »Das werde ich nicht. Sie wissen doch, was es heißt? Einmal Schornsteinfeger, immer Schornsteinfeger.« Sie beugte sich vor und senkte ihre Stimme. »Die wenigsten wissen doch, dass man das Glück nicht auf seiner Kleidung, sondern im Herzen trägt.«

Ihr Lehrling kletterte bereits die Stufen hoch zum Kamin. Sie warf einen Blick hinaus und registrierte zufrieden, dass er alles umsetzte, was sie ihm beigebracht hatte. Seine Schritte wirkten wendig, aber nicht sorglos, so dass er mühelos sein Ziel erreichte. Dort versenkte er die Kehrleine, um den Schornstein vom Ruß zu befreien.

Herr Walzmann schüttelte nur den Kopf und gemeinsam beobachteten sie Julian, wie er Schritt für Schritt zu ihnen hinabstieg.

»Ich habe Kuchen gebacken«, grummelte der alte Mann, als Julian wieder im Wohnzimmer stand. »Stachelbeerkuchen.«

Julian warf ihr einen Blick zu, den Ariane mit einem Nicken beantwortete.

»Das ist schön, Herr Walzmann.« Der Kuchen war etwas dunkel, doch die Sprühsahne verdeckte die unschönen Stellen. Es stimmte Ariane traurig, dass es wohl das letzte Stück Kuchen war, dass Herr Walzmann für sie backen würde. Im Heim ließen sie die Bewohner bestimmt nicht mehr an den Ofen. »Wann ist denn Ihr Übersiedelungstermin?«

WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt