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Ich bin kein Vogel, und kein Netz umgarnt mich, ich bin ein freier Mensch mit einem freien Willen - das werde ich zeigen, indem ich Sie verlasse.

Charlotte Brontë in: Jane Eyre

Charlotte Brontë in: Jane Eyre

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Spiekeroog 2001

Jona lehnte sich mit gekreuzten Armen an einen der Träger ihrer Fähre und blickte auf das glitzernde Meer. Die Sonne schien ihm warm ins Gesicht, dennoch umgab ihn eine merkwürdige Stimmung. Zwar konnte nicht genau sagen, woran es lag, aber er hatte das deutliche Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

Seine Tante und sein Onkel saßen auf einer Bank und unterhielten sich leise. Wie immer stand Marlene neben ihm. Sie fummelte an ihrem MP3-Player herum und zwinkerte ihm zu.

Seine Cousins Paul, Noah und Mark waren ein paar Meter weiter. Paul las ein Buch, Noah blätterte in einem Comic und Mark spielte mit seiner Sonnenbrille herum. Eigentlich wirkte alles normal. Eine Möwe über ihm kreischte, bevor sie sich zum Wasser fallen ließ und aus seinem Blickfeld verschwand. Nur ihr Feriengast fehlte?

Als ob Jonas Gedanken sie beschworen hatte, tauchte Daria aus dem hinteren Bereich des Schiffes auf. Sie musterte die drei Brüder, dann ging sie zur Rehling. Das war unüblich für sie, denn eigentlich ging sie Marlene meistens aus dem Weg. Jona musterte sie unter gesenkten Lidern. Seiner Meinung nach, waren die beiden sich auf einer wichtigen Ebene einfach zu ähnlich. Rechthaberisch, sarkastisch und schlau. Aber das würde er keiner von beiden je sagen.

Mark setzte seine Sonnenbrille auf und stand auf. Sein Lächeln schien alleine Daria zu gelten. Doch die bemerkte es nicht. Jona musterte ihren starren Gang und runzelte die Stirn. Oder wollte sie es nicht bemerken? Was war da los? Er hatte gedacht, dass Mark und Daria gut miteinander auskamen. Ihre Reaktion schien auch seinen Cousin zu irritieren, denn er legte den Kopf schief und setzte sich wieder hin. Sein Gesicht wirkte ratlos, bis er seinen Ausdruck hinter den spiegelnden Brillengläsern versteckte. Von Paul und Noah ging nichts als entspannte Ruhe aus, keiner von beiden schaute hoch. Hatte Mark etwas getan oder gesagt, was Daria wütend gemacht hatte? Oder gab es einen anderen Grund?

Jona beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Als Daria näher kam, lächelte er sie freundlich an.

»Hey, Daria«, sagte er freundlich. »Wie geht's dir?«

Ihr Blick kreuzte sich mit seinem, bevor sie sich neben ihn an die Reling stellte und auf das Wasser starrte.

Marlene zog ihre Augenbrauen hoch, nickte abschätzig in Richtung Daria und ging dann ihren Brüdern, um sich neben Noah zu setzen.

»Mir geht's gut«, sagte sie kühl.

Es war eindeutig, dass sie log. Jona versuchte es noch einmal.

»Du siehst nicht so glücklich aus«, stellte er vorsichtig fest. »Ist alles in Ordnung?«

Ihre Antwort folgte erst nach einem genervten Stöhnen. »Ja, ja, alles perfekt.«

WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt