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Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.

Bertolt Brecht, in: Der gute Mensch von Sezuan

Bertolt Brecht, in: Der gute Mensch von Sezuan

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Spiekeroog 2001

Der vordere Bereich des Gartens war zum Bersten gefüllt mit Menschen. Noah war völlig unklar, wie seine Mutter so viele von ihnen dazu gebracht hatte, an ihrem Grillabend teilzunehmen. Auf der anderen Seite war ihm in letzter Zeit vieles unklar, was seine Mutter betraf. Warum sie seinen Bruder beispielsweise mit ihrer diesjährigen Nachbarin verkuppeln wollte, beispielsweise.

Aramis warf ihm einen hilfesuchenden Blick zu. Zunächst wollte er seinem ersten Impuls folgen und mit den Schultern zucken, doch dann besann er sich eines besseren. Das Leben hatte es mit dem kleinen weniger gut gemeint als mit den anderen. Nicht so schlimm wie mit seinem Cousin, natürlich, aber für die Darrerschen Familienverhältnisse war er definitiv schlechter dran. Paul hatte Fechtpokale errungen, er selbst sammelte Schwimmmedaillen, nur der Kleine fing nichts mit sich an. Mit dem Kopf deutete er auf den schmalen Trampelpfad, der um das Haus herum führte.

Die Augen seines Bruders leuchteten auf. Als sich die Blondine neben ihm umdrehte, um sich ein Glas von einem der Stehtische zu schnappen, duckte sich Aramis und eilte in Richtung des hinteren Gartens. Jetzt würde er wohl etwas Ruhe haben.

Seine Mutter trat mit einem Tablett aus dem Haus heraus. »Hey, Kobold. Hilf mir bitte mal.«

»Soll ich dich auch hinunter tragen oder reichen das Tablett?«

Seine Mutter strafte ihn mit einem strengen Blick. »Möchtest du dein Glück versuchen?«

»Nicht heute.« Mit einem galanten Lächeln griff er nach dem silberfarbenen Teller.

Sie nickte zufrieden und ließ ihren Blick über die Menge schweifen. »Da sind ja doch einige gekommen. Wie nett.«

»Sehr nett«, erklärte Noah und versuchte, die Ironie in seinen Worten zu dämpfen.

»Kobold.« Das Kosewort schien eine Drohung zu beinhalten. Aber seine Mutter schien abgelenkt. »Sag mal, hast du Motte gesehen?«

»Mark?« Seine Mutter anzulügen ging immer nach hinten los. Sie kannte ihre Kinder einfach zu gut. Die einzige, die Chancen hatte, war Marlene, aber die war gerade nicht zu sehen. »Das letzte Mal stand er bei der Blondine. Von neben an.«

»Oh, gut, gut.«

Vielleicht war dies ein guter Moment, um zu klären, warum seine Mutter diese Anni in letzter Zeit ständig anschleppte. »Sag mal, Mama. Was ist denn mit der? Hast du sie unter deine Fittiche genommen?«

Sie war schon fast wieder im Inneren verschwunden, aber seine Frage hielt sie zurück. »Ach was. Aber ich dachte, Motte braucht auch eine Freundin. Er wirkt so einsam.«

WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt