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Nichts bleibt, wie es ist. Alles verändert sich.

Ovid, in: Metamorphosen

Bennet warf Mark einen mitleidigen Blick zu

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Bennet warf Mark einen mitleidigen Blick zu. »Mann, Alter. Du bist wirklich nicht mehr du selbst.«

Mit einem Stöhnen verteilte Mark eine weitere Ladung Stroh im Stall. Selbst Dumas' Schnauben klang lauter und ungeduldiger als üblich. »Was meinst du?«, fragte er und harkte das Stroh glatt.

Sein Freund schüttelte den Kopf und grinste. »Ich meine, dass ich dich noch nie so erlebt habe, wie jetzt. Was ist aus dem großen Frauenheld geworden?«

Trotz der kühlen Temperaturen schwitzte Mark. Er beendete seine Arbeit und lehnte die Strohgabel gegen die Stallwand. »Die Zeiten ändern sich, Ben.«

Bennet kam näher und stützte seinen Ellenbogen auf dem Griff ab. »Komm schon, erzähl mir nicht, dass du plötzlich sesshaft werden willst. Wie konnte mir das nur entgehen?«

»Ach, erzähl keinen Mist. Es ist nur ...«

»Nur was?«, hakte Bennet nach.

»Es ist anders.« Dumas knuffte ihn von der Seite und Mark zog einen Apfel aus seiner Tasche. »Schwer zu erklären.«

»Es ist wegen Daria, hm?«

»Natürlich.« Marks Mund verzog sich zu einem grimmigen Lächeln. »Ria war schon immer das Problem. Sie ist halt anders. Sie ist es wert, Ben. Und weil ich das schon immer wusste, stehe ich jetzt da wie ein Trottel.«

Dramatisch breitete Ben seine Arme aus. »Ein romantischer Trottel.«

Mark schüttelte den Kopf, doch er konnte das Lächeln nicht unterdrücken. »Halt die Klappe, Ben.«

»Okay, okay. Hast du was Besonderes für heute Abend geplant?«

Leises Donnern war zu hören. In der Stadt wurden die ersten Knaller gezündet, obwohl es nicht einmal dunkel war. Dumas zuckte mit den Ohren, aber er schien glücklicherweise eher neugierig als verängstigt zu sein. »Nicht wirklich. Ich glaube, wenn ich zu viel Aufwand betreibe, wird die Situation eher verschlimmern. Ich dachte einfach an einen gemütlichen Abend mit gutem Essen und Wein.«

»Klingt vernünftig. Weniger ist manchmal mehr, vor allem wenn es um Daria geht.« Ben tätschelte Dumas' Hals. »Und wer weiß? Vielleicht wird sie dich ja mit einem Kuss belohnen.«

Mark verdrehte die Augen und griff nach einem Eimer mit Futter. »Ich sollte Dumas noch versorgen, dann geht's nach Hause. Daria wollte heute noch ihre Mutter im neuen Haus besuchen, sie sollte auch bald heimkommen.«

Bennet klopfte ihm auf die Schulter. »Viel Glück, Alter. Ich hoffe wirklich, dass du mal irgendwann ein glücklicher Trottel wirst.«

»Danke, Ben. Und viel Spaß bei deinem Date.«

»Mach dir keine Sorgen, das werde ich haben.« Winkend verließ er den Stall.

Mark wandte sich Dumas zu und begann, das Futter in den Trog zu schütten. Der Hannoveraner wieherte leise und schnupperte an seiner Schulter. »Hey, alter Junge. Ich hoffe, du hattest einen schönen Ausritt heute.« Dumas schnaubte und begann zu fressen. Mark lachte leise. »Das nehme ich als Zustimmung.«

Der klare Winterhimmel erstreckte sich über ihm, als Mark den Stall verschloss und zu seinem Auto ging. Während der Heimfahrt dachte er über die Sackgasse nach, in die er sich manövriert hatte. Mit Daria war es ein ewiges Auf und Ab. Immer wenn er dachte, sie würden wenigstens Babyschritte machten, war sie im nächsten Moment wieder absolut abweisend. Die meiste Zeit musste er gegen den Drang ankämpfen, seinen Kopf gegen die Wand zu hauen.

Als Mark schließlich Zuhause ankam, war es bereits dunkel. Er kümmerte sich um das Abendessen, schnitt Gemüse für einen Salat und bereitete Pasta zu. Die Wohnung roch bald verlockend nach Essen. Während er in der Küche beschäftigt war, hörte er die Tür aufgehen und Daria betrat die Wohnung. Ihre Miene war finster, und sie ließ ihre Tasche auf den Couchtisch fallen.

»Schlechter Tag?«, fragte Mark vorsichtig und wendete den Fisch in der Pfanne. »Wie war dein Besuch bei deiner Mutter?«

»Anstrengend. Wie immer. Sie hat sich über alles beschwert, hauptsächlich über mich«, erwiderte sie mürrisch und warf sich aufs Sofa.

Mark atmete tief durch und versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. Er wollte den Abend nicht gleich zu Beginn in eine falsche Richtung lenken. »Möchtest du darüber sprechen?«, fragte er vorsichtig und drehte das Feuer unter der Pfanne niedriger.

»Es ist nichts, worüber es sich zu reden lohnt.«

Mark nickte langsam und verteilte das Essen auf den Tellern. Mit einem Lächeln deutete er auf den Platz gegenüber.

»Entschuldigung«, sagte sie plötzlich und musterte ihre Mahlzeit. »Du hast das Abendessen vorbereitet?«

»Naja, es ist Silvester«, erklärte er und zuckte mit den Schultern.

Ein leichtes Lächeln spielte um ihre Lippen. »Das ist wirklich nett von dir. Danke.«

Das leise Klirren der Silvesterknaller drang durch die geschlossenen Fenster und verlieh der Szenerie eine eigenartige Stimmung. Nach dem Essen entschieden sie sich dazu, einen Film anzuschauen. Mark suchte nach einem romantischen Klassiker aus, der thematisch gut zu Silvester passte und sie ließen sich auf der Couch nieder. Doch in Marks Kopf drehten sich die Gedanken um die Geschehnisse der letzten Wochen. War er zu schnell vorgegangen? Zu langsam? Wusste sie überhaupt, was ihre Nähe mit ihm anstellte? Mark seufzte. Er war ein erbärmlicher Trottel.

»Was meinst du, Mark?«, fragte Daria und deutete mit einem Nicken auf den Bildschirm »Würdest du auch um die halbe Welt reisen, um eine Verwechslung aufzuklären?«

Mark legte vorsichtig einen Arm um sie. »Nun, das hängt wohl von der Person ab, die mich verwechselt hat.«

Ihr Lachen vermischten sich mit dem Klang des Feuerwerks draußen, als sie ihm in die Rippen knuffte. »Na, ich hoffe schon, dass du im Zweifelsfall ein paar Unanehmlichkeiten in Kauf nehmen würdest.«

Er spürte ihren Herzschlag, der genauso schnell zu pochen schien wie seiner. Ihr Gesicht war ihm ganz nah und sein Puls explodierte förmlich. Mark schluckte. »Du weißt schon, dass ich für dich noch weiter gehen würde, oder?«

Doch gerade als Mark dachte, sie hätten endlich einen gemeinsamen Rhythmus gefunden, war der Moment auch schon wieder vorbei. Langsam löste sie sich von ihm und rutschte auf der Couch herum, als würde sie nach einem besseren Sitz suchen. Ihr Blick war auf den Bildschirm gerichtet, auch wenn ihre Gedanken wahrscheinlich ganz woanders waren. »Oh, bitte. Versuch nicht, mich mit deinen Schmeicheleien einzufangen, Mark. Das funktioniert nicht.«

»Daria, ich ...«, begann er, aber sie unterbrach ihn.

»Lass uns einfach den Abend genießen, okay?« Ihr Lächeln erreichte nicht ihre Augen.

Der Film endete, und die Silvesterknaller draußen begannen, lauter zu werden. Das Licht der explodierenden Feuerwerkskörper flackerte durch die Fenster. Die ganze Stadt schien zu feiern, während Mark und Daria in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen waren.

»Das Feuerwerk ist wirklich beeindruckend«, stellte Daria fest.

Mark sah rot. Seine Frustration und Enttäuschung brachen aus ihm heraus und er sprang auf. »Weißt du, Daria, ich versuche wirklich mein Bestes hier. Aber du machst es mir verdammt schwer. Mal bist du distanziert, dann wieder zickig. Und immer wenn ich denke, dass ich keine Chance habe, machst du etwas super Niedliches und backst mir einen Kuchen, oder so. Was willst du überhaupt von mir?«

Daria funkelte ihn an. »Entschuldige vielmals, dass ich nicht perfekt bin!«

»Es geht nicht um Perfektion«, erwiderte Mark scharf. »Es geht darum, dass absolut planlos bin! Ich versuche, dir näher zu kommen, aber du blockst immer ab. Und ich weiß nicht einmal, warum!«

Daria sprang auf. »Wenn es dir nicht passt, dann such dir doch einfach eine andere, die deine ganzen Erwartungen erfüllen kann!«


WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt