Epilog

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Das Ende eines Dings ist der Anfang von etwas anderem.

Edna Ferber, in: Saratoga Trunk

Edna Ferber, in: Saratoga Trunk

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Spiekeroog 2001

Die Sonne schien auf das Meer, das sanft an den Sand schwappte. Die Möwen kreischten in der Luft. Es war ein idyllischer Ort, aber Daria war nicht zum Genießen hier. Sie wollte den beiden Brüdern nachspionieren.

Langsam spähte sie über den Sand der Düne, hinter der sie sich versteckte. Sie war Mark und Paul aus dem Souvenirladen heraus gefolgt. Was genau wollten ihr bester Freund mit seinem Bruder besprechen? Ging es um sie?

Marks Kuss hatte sie verwirrt. War es nur ein Spiel für ihn gewesen? Oder empfand er wirklich etwas für sie?

Als Mark anfing zu reden, beugte sie sich vor, um mehr zu verstehen.

»Hör mal zu, Athos! Es geht dich nichts an, wer wen nun geküsst hat oder nicht! Warum mischt du dich da ein?«

Paul stand mit dem Rücken zu ihr und sprach so leise, dass sie nichts von dem verstand, was er murmelte.

Bei Marks höhnischen Lachen verknotete sich ihr Bauch. Irgendetwas lief hier total schief.

»Deine verdammte Aufgabe, huh? Glaub mir, Athos, ich habe nicht um diese Aufpasserrolle gebeten.«

Warum sprach Paul nur so leise. Es war zum verrückt werden.

»Du willst also meine Fehler vorhersehen und sie verhindern, oder?«, knurrte Mark wieder.

Meinte er sie mit Fehler? Eine Möwe flog über sie hinweg und übertönte Pauls Antwort. Sollte sie näher heran? Aber wie? Und warum eigentlich? Marks Aussagen waren mehr als eindeutig.

Ein Druck stieg in Daria auf. Sie wollte schreien, hinter der Düne hervor preschen und ihn schlagen, aber dann hörte sie ihn weitersprechen. »Zu deiner Information. Sie hat mich geküsst. Nicht ich sie. Sie hat mich abgepasst und mir einfach ihre Lippen aufs Gesicht gedrückt. Ich fand es ziemlich widerlich, wenn ich ehrlich bin. Also was möchtest du jetzt dagegen tun. Mir ihr reden wenn wir zum Haus zurück kehren und ihr erklären, dass sie deinen Bruder in Ruhe lassen soll? Vielen Dank, aber das kann ich verdammt noch mal selber!«

»Sie hat sich in dich verliebt?« Pauls Stimme war leise, doch er klang überrascht. Würde er jetzt Daria verteidigen?

»Und das ist das Letzte, was ich zu diesem Thema sagen werden: Ich bin nicht interessiert. Überhaupt nicht. Sie ist nicht mein Typ.«

Meinte er das Ernst? Daria spürte einen Riss in ihrem Herzen. Mit aller Macht kämpfte sie gegen den Schmerz an und schob ihn weg. Daria spürte sie nichts mehr.

Stunden später saß Daria alleine in ihrem Zimmer. Der Tag hatte sie emotional ausgelaugt,, als ob all ihre Energie aus ihr herausgesogen worden wäre. Das Bedürfnis, sich in Ruhe zu sammeln, war übermächtig. Dennoch hatte sie das Abendessen durchgestanden und sich erst verabschiedet, als auch der Rest der Familie zu Bett ging. Auf ihrem Nachttisch lag ein kleines Kästchen aus rotem Plastik. Daria griff danach. Als sie den Deckel hob entdeckte sie den Bernsteinkreis, den sie am Nachmittag noch bewundert hatte. Als ihre Welt noch in Ordnung gewesen war. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, ließen den Bernstein in warmen Farben schimmern.

Die Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie hielt den Bernsteinkreis fest gegen ihre Brust gedrückt. Leise, so leise, dass niemand es hören würde, ließ sie die Traurigkeit zu. Tränen flossen über ihre Wangen, während sie all die Verwirrung, Unsicherheit und Enttäuschung herausweinte. Dieser Tag hatte sie mehr getroffen, als sie gedacht hatte. Wieso hatte sie sich nur darauf eingelassen? Daria atmete tief durch. Morgen würde sie wieder stark sein, aber in diesem Moment ließ sie all ihre Mauern fallen.

Als sie sich auf ihr Bett sinken ließ umklammerte sie den Bernsteinkreis immer noch. Paul musste ihn ihr geschenkt haben. Gerade heute hatte sie diese Geste gebraucht. Sie strich sich die Tränen aus dem Gesicht und holte ein Lederband aus ihrem Koffer. Eigentlich passte dieses Geschenk gar nicht zu ihm. Er war zwar aufmerksam und verlässlich, aber nicht besonders emotional. Auf der anderen Seite, von wem sollte er denn sonst sein? Daria wischte den Gedanken beiseite und klammerte sich an die Vorstellung, dass Paul es gewesen sein musste.

ENDE


WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt