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Ein neues Jahr ist wie ein unbeschriebenes Buch, und der Stift ist in deiner Hand.

L.M. Montgomery, in: Emily of New Moon

***

Das Klingeln an der Tür durchdrang Marks verschlafene Gedankenwelt. Ein warmer Körper schmiegte sich an ihn und er spürte eine Hand auf seiner Brust. Vorsichtig schlug er die Augen auf. Die Strahlen der Sonne drangen durch die Fenster und hüllten das Wohnzimmer in ein warmes, sanftes Licht. An seiner Seite schlummerte Daria trotz des Läutens friedlich weiter. Vorsichtig löste er sich aus ihrer Umarmung. Ihr Gesicht sah so friedlich aus in der Morgenruhe.

Jetzt klopfte es an der Tür. Mark strich sich eine Hand durchs Haar und bemerkte, dass sein Hemd aufgeknöpft war. Durch die Fenster sah er eine Welt, die über Nacht in ein zartes Weiß gehüllt worden war – der Schnee auf der Terrasse glitzerte im Sonnenlicht. Während sich auf den Weg zur Haustür machte, schloss er die knöpfe.

Mit einem Stirnrunzeln öffnete er. Vor ihm stand Kalomira, die erstaunt die Augen aufriss und einen Schritt zurück trat.

»Störe ich?«, fragte sie gedehnt.

»Saudoofe Frage«, erwiderte Mark und unterdrückte ein Gähnen. »Es ist Neujahr.«

Kalomira schnalzte mit der Zunge und musterte ihn abfällig. »Tut mir leid, wenn ich dich bei irgendetwas wichtigem stören sollte.«

»Hast du einen guten Grund, warum du so früh auftauchst?«, fragte er betont ruhig.

Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Sie schien nicht die beste aller Nächte hinter sich zu haben. »Ich habe eh schon versucht, dich anzurufen.«

»Ist alles in Ordnung?«

»Keine Ahnung. Weißt du, wo Didi ist?« Kalomira verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie ist gestern nicht nach Hause gekommen. Ich habe schon mehrfach angerufen.«

Jetzt hatte sie Marks ganze Aufmerksamkeit. »Und?«

»Sie geht nicht ans Telefon.«

Mark runzelte die Stirn. Didi war störrisch wie ein Bock aber es passte nicht zu ihr, ihre Mutter zu ignorieren. »Ich schaue mal bei mir nach.«

Mit gerunzelter Stir eilte Mark in das Wohnzimmer zurück und griff nach seinem Handy, das auf dem Couchtisch lag. Als er darauf schaute, entdeckte er zuerst den verpassten Anruf von Kalomira, dann eine Nachricht von Didi. Sein Herz entspannte sich, als er las, dass sie die Silvesternacht bei Dumas verbrachte, um sich um sein Pferd zu kümmern und sicherzustellen, dass es nicht wegen des Feuerwerks aufregte. Er unterdrückte ein Lächeln. Sein Blick huschte zu Daria, die ihn neugierig musterte.

»Du bist wach?«, flüsterte er.

Daria schmunzelte. »Offensichtlich.«

Rotblonde Locken umrahmten ihr Gesicht. Die Decke war von ihrer Schulter gerutscht und entblößte eine nackte Schulter. Sie sah zum Anbeißen aus, wie eine fleischgewordene Wunschvorstellung. Jetzt musste er nur noch so schnell wie möglich Kalomira loswerden. »Bleib genauso. Ich bin gleich wieder zurück.«

Im Flur wanderte Kalomira unruhig auf und ab. »Alles gut«, murmelte Mark und zog die Wohnzimmertür hinter sich zu. »Didi ist im Stall bei Dumas.«

Miras Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Μα καλά«, fluchte sie. »Warum hat sie mir das nicht einfach gesagt?«

»Das fragst du sie wohl lieber selber«, antwortete Mark und deutete mit einem milden Lächeln auf die Tür. »Im Stall hat man schlechten Empfang. Fahr am Besten selbst raus.«

Bevor er Kalomira hinauskomplimentieren konnte, hörte er wie sich hinter ihm die Wohnzimmertür öffnete. Daria stand in die Decke gehüllt im Türrahmen, ihre Arme vor der Brust verschränkt. »Mist. Ich dachte, es wäre nur ein Albtraum, plötzlich giechisch zu hören.«

WG gesucht - Liebe gefunden (Stadtgeflüster)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt