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"Holt ihn hier raus. Sofort", weist der dunkelhäutige Mann an. 
Maria meldet sich sogleich zu Wort: "Das ist das Problem. Es gibt zwei Fernbedienungen, wir wissen aber nicht was passiert, wenn wir die falsche drücken. Aber das Glas einzuschlagen, könnte sehr gefährlich für ihn werden." 
Der Mann - wahrscheinlich dieser Captain Wilson - denkt scharf nach. Sein Blick gleitet immer wieder zwischen den Fernbedienungen und dem Glas hin und her. Gelegentlich treffen seine Augen auch auf meine. 
"Wir wagen es mit den Fernbedienungen. Ich mag das Risiko zwar überhaupt nicht, aber noch schlimmere Verletzungen will ich ihm nicht zumuten", entscheidet er am Ende. 
Natasha nickt und hebt die zwei Konsolen an. Angestrengt blickt sie darauf, während sie die rechte anhebt. 
"Na dann Murphy, bitte wende dein Gesetz nicht gegen uns an", murmelt sie kurz bevor sie den roten Knopf drückt. 
Noch bevor ich weiss, was passiert höre ich es zischen und die Welt verschwimmt. Danke Murphy... 
Die Welt verschwindet und ich muss keine Angst mehr verspüren. 

°°° 

Zitternd und blinzelnd öffne ich die Augen. Mein Untergrund ist weich und warm. Es gibt nur einen Ort, an dem es wenigstens etwas wärmer ist.
Es ist Fütterungszeit. Gleich müsste mein Magen wieder vollgepumpt werden. Die Maske ist bereits weg. Somit warte ich ab, bis mir der Schlauch durch die Nase geschoben wird. 

Aber es steht niemand bei mir. Keiner hantiert an mir herum. Niemand spricht über mich hinweg. Ich bin alleine. 
Verwirrt drehe ich mich so weit auf die Seite, wie ich kann. Die Flügel sind noch immer in dem Netz gefangen. Aber meine Arme sind wieder frei. Vorsichtig strecke ich sie, wobei ich den schmerzhaften Zug in meinen Gelenken spüre. Aber es ist viel besser, als sie weiterhin in der Zwangsjacke gefangen zu haben. 
Behutsam biege und dehne ich meine Arme ein wenig. Dann gleitet mein Blick durch den Raum. Die Wände sind weiss und wirkt sehr steril. Selbst der Operationssaal hatte Wände aus nacktem Beton. 

Wo bin ich hier also? 
Mit grossen Augen suche ich weiterhin meine direkte Umgebung ab. Dabei bleibt mein Blick an einem Stuhl vor der Wand hängen. Auf diesem sitzt ein dunkelhäutiger Mann. Schweigend und mit verschränkten Armen sieht er zu mir. 
Allarmiert will ich mich aufsetzen, doch meine Arme können mein Gewicht nicht tragen. Somit breche ich sofort wieder zusammen und bin ihm weiter ausgeliefert.
Wehrlos liege ich seitwärts in dem Bett und sehe mit tellergrossen Augen und schwer atmend zu dem Mann herüber. Meine Arme bewege ich dennoch, in dem hoffnungslosen Versuch weiter von ihm wegzurücken.  

"Ist schon gut, Mann. Du bist jetzt in Sicherhit. Sie können dir nichts mehr tun", meint er ruhig. 
Ich benötige einen Moment bis ich seine Worte vollständig verarbeitet und verstanden habe. Doch sogleich sehe ich zu ihm auf. Meine Brust bebt und die Hände zittern. 
Meint er das ernst? Ich muss nicht mehr eingesperrt und als Laborratte leben? 
Oder experimentieren sie weiter an mir? Er meinte nur, sie könnten mir nichts mehr antun. Damit meint er vermutlich Schmidt und Zola.
Aber er hat nicht gesagt, dass sie mir nichts tun würden. Was bedeutet jedoch Sicherheit? Wie sieht er das? 

Der Mann beugt sich ein wenig nach vorne, näher zu mir. Angespannt lehne ich mich ein wenig zurück und behalte ihn genau im Auge. Hat er irgendetwas vor? 
"Ich bin Sam. Captain des Bravo-Teams. Tut uns leid, dass wir dich betäubt haben, wir wussten nicht, welche Bedienung diejenige für die Glaskuppel war", erklärt er mir. 
Mit Glaskuppel muss er den Würfel meinen. Ich sage ihm jedoch nicht, wie ich es all die Zeit genannt habe. 
"Du bist Bucky Barnes, oder?" 
Bei der Erwähnung meines Namens hebe ich schockiert den Kopf. Tränen füllen meine Augen und die Luft scheint dünner zu werden. 
Wie lange habe ich meinen Namen nicht mehr gehört? Genug lange, dass ich ihn bereits vergessen habe. Denn ich habe nie mehr an ihn gedacht. 
"Erinnerst du dich an Steve Rogers? Er hat dich als vermisst gemeldet", klärt Sam mich weiter auf. 
Weitere Schuldgefühle kommen in mir auf. Ich habe auch Steve vergessen. Ich habe meinen Geliebten vergessen! Keinen Tag habe ich an ihn gedacht! Oh Gott, ich bin ein furchtbarer Freund! 
Nun tropfen mir die Tränen wirklich über die Wangen. Ich habe meinen festen Freund vergessen. Weil ich Angst hatte. Dabei hätten die Erinnerungen an ihn mir doch Stärke geben können! Mit dem Gedanken an ihn hätte ich sicherlich entkommen können! 
Aber ich habe ihn verlassen. Weil ich ihn vergass. 
"Hey, schon okay. Ich bin mir sicher, dass du ihn vermisst. Vielleicht kann er dich besuchen kommen, wenn weitere Besucher erlaubt sind", bemerkt Sam. 
Fragend und weinend sehe ich zu ihm auf. Was meint er damit, wenn weitere Besucher erlaubt sind? 
"Du stehst unter Schutzgewahrsam. Wir wissen nicht wer sonst noch alles hinter den Dingen steckt, die dir zugestossen sind. Und solange nicht alle sicher hinter Gitter verschlossen sind, ist es das Sicherste für dich hier zu bleiben. Und nur ich darf dich besuchen, damit sie dich nicht finden können", berichtet Sam mir. 
Stockend senke ich den Blick und lasse es sinken. Sie verstecken mich. Damit diese Leute keine Möglichkeit haben mich wieder einzufangen und erneut zu entführen. 
"Ich werde einige Zeit hierbleiben, ja? Damit du dich an mich gewöhnst und vielleicht auch verstehen kannst, dass dir nichts mehr passieren wird. Ich verspreche dir, Bucky, es wird alles wieder gut." 
Ich nicke schwach und senke den Kopf. Inzwischen weine ich richtig. Einerseits vor Erleichterung, diesem Alptraum endlich entkommen zu sein, andererseits aus Schamgefühl. 
Zudem hasse ich es, wenn mich jemand weinen sieht. Im Labor haben sie mich deshalb immer ausgelacht und mich als schwach bezeichnet. Und jetzt sieht auch einer meiner Retter, wie gebrochen und wertlos ich bin. 
"Schon in Ordnung, Bucky. Das ist okay, du verdienst das. Du hast so viel Leid durchgestanden", flüstert er mir hingegen zu. 
Fassungslos sehe ich zu ihm. Wie kann er mich bei diesem erbärmlichen Unterfangen noch unterstützen? Warum lacht er nicht, wie es alle anderen getan haben? 
"Du hast diese Hölle ausgehalten. Du bist stark geblieben und hast nicht aufgegeben. Du verdienst es, dich jetzt ausweinen zu dürfen", stimmt er dem weiter zu. 
Sein Blick ist sanft und voller Mitleid. Und trotzdem finde ich eine Beständigkeit darin, die mir Halt gibt. 

He is a fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt