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Müde schlurfe ich aus dem Zimmer um mir einen Kaffee zu holen. Bucky schläft noch und lässt mir somit etwas Freiraum. Ich muss trotzdem schnell sein. 

Beim Kaffeeautomaten bemerke ich, dass das Zimmer neben Bucky belegt wurde. Gerade kommt Rollins, ein Teamkollege, hinausgehuscht. 
Als er mich sieht kommt er eilig zu mir und nimmt sich ebenfalls einen Becher. 
"Noch ein Patient? Mann, bald ist das Rehabilitierungszentrum ja voll", bemerke ich nüchtern. 
Rollins nickt brummend und schnuppert an dem Gebräu. 
"Ein weiteres Opfer von Pierce. Wurde direkt von ihm selbst missbraucht. Kam gestern an, nachdem Pierce offiziell verhaftet wurde", verrät er mir. 
"Hat sie einen Namen?" 
Rollins sieht schweigend zu mir, weshalb ich zur Unterstützung die Augenbraue hebe. 
"Er heisst Brock. Er war so etwas wie der persönliche Sklave und Diener von Pierce. Völlig abhängig von dem Mistkerl. Fragt die ganze Zeit nur wo Meister Pierce ist und ob er sich nach ihm erkundigt hätte. Armer Kerl", berichtet er mir. 
Schluckend nicke ich und sehe zu der Tür. 
"Steht er unter Selbstmordwache?" 
"Unbedingt. Er könnte sonst wie reagieren, wenn wir ihn langsam an die Realität heranführen." 
Mitleidig nickend nippe ich an meinem Kaffee. Wollte Pierce auch Bucky zu einer abhängigen Marionette formen? War das der Grund, dass er ihn mit zu sich Nachhause genommen hat? 
Wenn ja, wie viel Glück hatte Bucky in das Labor zu kommen? Ich glaube keines, beide Optionen sind verdammt scheisse. 

Seufzend richte ich mich etwas auf und verkünde: "Also dann, ich muss zurück. Bevor Bucky einen Nervenzusammenbruch hat, weil ich nicht da bin." 
Rollins nickt brummend und nimmt einen weiteren Schluck Kaffee. Ich klopfe ihm kurz auf die Schulter und kehre zum Zimmer zurück. 

Gerade noch rechtzeitig husche ich in das Zimmer und setze mich auf mein Bett. Denn sogleich wacht Bucky brummend auf und streckt sich ausgiebig. Seine Flügel nehmen dabei einen unglaublichen Umfang an! 
"Guten Morgen", schmunzle ich und lehne mich zu ihm nach vorne. "Gut geschlafen?"
Bucky grinst und sieht schon wacher zu mir. 
"Sehr gut. Danke", meint er fröhlich. 
Zufrieden lächle ich und setze mich gerade auf. 
"Du weisst noch, was wir für heute geplant haben?", erkundige ich mich. 
Bucky nickt. Jedoch weder enthusiastisch, noch übermässig verängstigt. Trotzdem ein gutes Zeichen. 
"Das Frühstück in der Kantine", bemerkt er leise. 
"Genau", stimme ich ihm zu. "Mach dich bereit, ja? Und nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst." 
Mein Gegenüber nickt dankbar und schiebt sich vom Bett. Eilig huscht er ins Bad und schliesst die Tür. Weiterhin lächelnd sehe ich ihm hinterher. 

°°° 

Als es soweit ist und Bucky die ersten Schritte aus dem Raum macht klopft mein Herz wie wild. Tagelang habe ich ihn darauf vorbereitet. Jetzt zeigt sich, wie gut meine Arbeit war. 
Mit grossen Augen und geöffnetem Mund sieht Bucky sich um. Bis jetzt ist noch niemand auf dem Flur, wofür ich extra gesorgt habe. Erst soll er sich an die Erweiterung gewöhnen. 

Nachdem Bucky sich auf dem gesamten Stockwerk umgesehen hat - jedoch ohne in die besetzten Zimmer zu gehen - gibt er mir das okay. Zeit für Schritt zwei. 
Der Fahrstuhl nach unten. 
Ich lasse Bucky den Kopf drücken. Nervös wartet er, bis die Tür mit einem Klingeln aufgeht.
Erschrocken weicht er ein wenig zurück. 
"Schon okay. Sie ihn dir an und wenn du so weit bist steigst du ein", beruhige ich ihn sachte. 
Tapfer nickt Bucky und nähert sich dem Lift wieder. Ich stehe in der Tür und verhindere somit, dass er sich schliesst bevor Bucky bereit ist. 
Erstaunlich schnell steht Bucky dann in dem Aufzug und nickt mir zu. Verstehend nicke ich zurück und trete neben ihn. 
Hilfesuchend greift er meine Hand und drängt sich ein wenig an meine Schulter.
Beruhigend umarme ich ihn kurz und flüstere ihm zu: "Du machst das grossartig, besser geht es gar nicht. Du kannst wahnsinnig stolz auf dich sein." 
Bucky nickt und blickt angespannt zu der Tür. Gelassen behalte ich den Körperkontakt bei, bis die Tür wieder aufgeht. Dahinter ist es noch immer ruhig. 
Absichtlich habe ich eine Zeit gewählt, in der in der Kantine nicht viel los ist. 

Wie ein junges Reh tritt Bucky aus dem Aufzug und sieht sich erneut um. Bis auf die Zimmertüren sieht es hier jedoch gleich aus, wie in unserem Stockwerk. Somit gewöhnt er sich sehr schnell an die Umgebung. 
Behutsam führe ich ihn den Flur entlang. Schnell werden die Stimmen lauter und Bucky nervöser. Bis er an einem Punkt stehen bleibt und versucht wieder rückwärts wegzukommen. 
Fragend sehe ich ihn an, doch er schüttelt nur den Kopf und weitet die Augen. Immer panischer versucht er meinem Griff zu entkommen. Hektisch weicht er so weit zurück, wie ich es zulasse. 
"Bucky hey, ganz ruhig. Denk daran, du bist hier sicher. Niemand wird dir hier weh tun, daran musst du dich erinnern", bemerke ich möglichst ruhig. 
Doch Bucky schüttelt nur flehend den Kopf und reisst weiter an meinem Arm. Wie kann er so mager und gleichzeitig doch so kräftig sein? 
"Nein! Ihr werdet mich versteigern! An-An ein neues Labor, welches mir wieder Schmerzen zufügt! Ich werde wieder für 52.000 verkauft!", schreit er blind in seiner Panik. 
Fassungslos durch seine Worte lasse ich ihn los. Bucky nutzt dies sofort aus und rennt zurück zum Aufzug. Hektisch drückt er immer wieder auf den Knopf um wegzukommen. 
"Bucky wir tun dir nichts derartiges an. Erinnere dich, wir wollten nur frühstücken. Mehr nicht, ja?", versuche ich ihn zu beruhigen. 
Doch der Braunhaarige schüttelt den Kopf und versucht mir weiter zu entkommen. Er ist festgefahren in seiner Panik, wie ich betroffen erkennen muss.

Kaum ist der Lift da, springt Bucky zwischen den nur halb geöffneten Türen hindurch direkt hinein. Belämmert sehe ich zu ihm und hoffe, dass er mich auch einsteigen lässt. 
Tatsächlich dreht er sich verunsichert zu mir um und streckt die Hand nach mir aus. Lieb lächelnd steige ich neben ihn ein und greife nach dieser. 

°°° 

In seinem Zimmer schmeisst sich Bucky beinahe auf das Bett. Zitternd rollt er sich zusammen und sieht zähneklappernd zu mir. 
Mitleidig setze ich mich neben ihn und streiche ihm beruhigend über den Rücken. Wimmernd schliesst Bucky die Augen und lehnt sich in die Bewegung. Deprimiert lächelnd sehe ich auf ihn herunter. 

"Es tut mir leid, dass ich es nicht geschafft habe. Ich hatte nur so Angst und es war wie das letzte Mal...", beichtet er mir. 
"Schon in Ordnung. Wie gesagt wir arbeiten daran. Da muss nicht immer alles auf den ersten versuch hin klappen." 

He is a fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt