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"Wie lange wird das dauern?", fragt Bucky weiter. 
Schluckend senke ich den Blick und denke über eine Antwort nach. 
"Je nach Umständen und Trauma zwischen ein paar Monaten und ein paar Jahren", gebe ich vorsichtig preis. 
Ich sehe, wie Bucky die Schultern hochzieht und blinzelnd zum Fenster blickt. Das war nicht die Antwort, die er sich erhofft hat. Vermutlich wünscht er sich, dass alles so schnell wie möglich vorbei ist und er endlich in ein normales Leben zurückkehren kann. 
"Und was ist mit den Flügeln? Kommen sie noch weg?", flüstert er, während ihm eine einsame Träne über die Wange tropft. 
Instinktiv trete ich nach vorne und wische sie ihm weg. Kurz zuckt Bucky, als er meine Hand nicht kommen sieht, entspannt sich aber schnell wieder. Unsicher schielt er zu mir herüber. 
Möglichst gelassen lächle ich ihm zu und fahre mit meiner Hand weiter über seine Wange. Regungslos lässt es Bucky zu. 
"Wie gesagt, sie steht bereit, sobald du dich sicher genug fühlst es zu tun", verspreche ich ihm weiter. 
Zaghaft nickt Bucky und lehnt sich etwas mehr gegen meine Hand. Zufrieden lächelnd entfalte ich meine Hand und decke somit seine gesamte Wange ab. 
Mir vertrauend schliesst Bucky seufzend die Augen und entspannt sich. 

°°° 

Nach der ersten Aufregung haben wir uns auf das Sofa gesetzt und sehen auf die Veranda. Hier auf dem Land haben wir einigen Platz mehr, was Bucky hoffentlich mehr Freiheiten schenkt. 
Für die ersten Tage, würde ich aber sagen, dass wir uns nur im Haus bewegen. Vorräte werden uns von Shield Mittarbeitern zweimal die Woche vor die Haustür gestellt. Somit müssen wir uns um nichts sorgen und können uns voll und ganz auf Bucky konzentrieren. 
Ich habe meinen Arm um Buckys Schulter gelegt, während er seinen Kopf auf meiner abstützt. Schweigend sehen wir uns einfach die Welt an, welche vor der Tür auf uns wartet. 

"Ich hoffe du weisst, dass noch einiges auf dich zukommen wird. Therapie und Standpunktbestimmung. Die Welt hat sich verändert. Und bis wir dich guten Gewissens in diese entlassen können, braucht es noch ein wenig", durchbreche ich die Stille. 
Bucky verkrampft sich, aber es muss sein. Bucky muss sich bewusst sein, was auf ihn zukommt.
Der Umzug war erst der Anfang und er muss dringend in Therapie kommen. Ich bin zwar ausgebildet, vierundzwanzig Stunden an sieben Tagen die Woche für jemanden da zu sein. Aber die Therapie selbst muss noch von einem Experten durchgeführt werden. 
Ausserdem muss Bucky sich gemächlich daran gewöhnen auch mit anderen Menschen als nur mir zu interagieren. Er muss wieder lernen mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, ohne eine Gefahr für sie darzustellen. 
Zudem muss er die letzten Jahre verarbeiten. Was er durchgemacht hat ist wortwörtlich die Hölle gewesen. Ich meine, kaum jemand würde eine Operation ohne Betäubungsmittel überstehen und den Verstand behalten. 
Und Bucky überlebte das dreieinhalb Jahre lang. Das ist unglaublich. 

"Das habe ich mir schon gedacht", antwortet er mir leise. 
Nickend beobachte ich ein Eichhörnchen, wie es der Veranda entlang hoppelt. Sein buschiger Schwanz zieht es dabei zuckend hinter sich her. 
"Sam?" 
Summend zeige ich ihm auf, dass er meine Aufmerksamkeit hat. 
"Danke, dass ihr mich gerettet habt. Ich weiss nicht, wie lange ich es noch ausgehalten hätte", flüstert Bucky mir zu. 
Lächelnd drehe ich mich zu ihm und sehe auf ihn herunter. Von meiner Schulter aus, schielt er zu mir hoch. 
"Glaub mir, ich hatte keine andere Wahl, als dich zu retten, als ich dich dort sah. Du hast das alles nicht verdient und machst es trotzdem so gut", erkläre ich ihm liebevoll. 
Buckys Wangen färben sich rosa und er senkt peinlich berührt den Blick. Sein Lächeln habe ich dennoch deutlich gesehen. 
Lachend schüttle ich ihn mit meinem Arm etwas durch, bevor ich ihn fester an mich drücke. Das bringt auch Bucky zum Kichern und er versteckt sein Gesicht an meiner Brust. Seine Flügel schaudern ein wenig. 
"Du bist unglaublich Bucky. Glaub mir, kein anderer hätte so lange durchgehalten wie du. Aber du hast es geschafft. Du hast durgehalten und überlebt. Jetzt wird alles besser", muntere ich ihn weiter auf. 
Er kichert weiter und hält nun seine Arme vor sein Gesicht. Lächelnd drücke ich meinen Kopf gegen seinen Haarschopf. Er riecht gut und ich verliere mich beinahe in seinem Duft. Er ist wirklich betörend. 

Doch nach einem gewissen Moment beginnt Bucky sich zu wehren. Giggelnd drückt er sich von meiner Brust weg und klettert weiter die Couch hinauf. 
Lachend sehe ich ihm hinterher, während er sich schüchtern zurückzieht. Seine Wangen sind weiter gerötet und seine Augen schüchtern abgewendet. Buckys Hände sind nervös vor seine Brust gezogen, während er nicht aufhören kann zu kichern. 
Das wiederum schenkt mir noch ein breiteres Grinsen. Er ist so unendlich niedlich und süss, sodass ich es kaum aushalte. 
Mein Blick schweift zu der Uhr über der Tür zur Veranda. Bald ist Mittagszeit. 
"Hast du Hunger? Ich könnte uns etwas kochen", biete ich Bucky somit an. 
Sein Gesicht wird noch etwas heller und er nickt. Einverstanden stehe ich auf und begebe mich in die angrenzende Küche. Der Raum ist offen, womit Bucky mich sehen kann. 
Doch natürlich reicht ihm das nicht. Mit tapsigen Schritten folgt er mir, bis er mich von hinten umarmen und sich somit an mich hängen kann. 
Lachend bewege ich mich durch die Küche, während Bucky sich wie ein Koala an mich heftet und mir folgt. 

°°° 

Lachend schiebe ich mir eine Gabel voller Spagetti Napoli in den Mund. Bucky erzählt mir voller Eifer, was für ein Buch er gestern gelesen hat. Eine Komödie, wie sich herausstellt. 
Auch Bucky lacht und es ist wunderschön. Sein Lachen ist so rein und bezaubernd. Ich kann mir nur wünschen, dass ich ihn jeden Tag so glücklich sehen darf. 
Bucky bemerkt meinen Blick und sieht schüchtern zu mir auf. Seine Augen funkeln und er sieht genauso fasziniert zu mir, wie ich zu ihm. Lächelnd sehe ich ihm in die Augen und verliere mich darin. 
Das Blau seiner Iriden ist strahlend schön und so tief, dass ich in ihnen ertrinke.
Er ist wunderschön. 

Plötzlich blinzelt Bucky und schüttelt etwas verwirrt den Kopf. Irritiert lächelt er mich an, bevor er nervös eine weitere Gabel mit Spagetti dreht. 
Nun ebenfalls aus dem Moment gerissen atme ich kurz tief durch und schüttle meine Gedanken ab. Mich selbst zusammenreissend wende ich mich ebenfalls wieder meinem Essen zu. 

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Uh, 200 Reads!
Das ist grossartig!

Danke euch vielmals und bis morgen!

He is a fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt