Kapitel 12: Halloween á la Venedig

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Wir saßen im Gemeinschaftsraum abseits des Feuers, mein Gesicht lag wie so oft im Schatten. Blaise saß zu meiner linken, Draco zu meiner rechten. Crabbe und Goyle waren noch nicht vom Abendessen zurückgekehrt.

„Sag mal Lea, wie feiern Muggel Halloween?", fragte Blaise neugierig. Halloween war in einer Woche und Dumbledore machte ein unglaubliches Geheimnis daraus.

„Nicht so viel anders als wir", erwiderte ich und sah von meinem Kräuterkundebuch auf. Zugegeben war mir bei Kräuterkunde auch jede Ablenkung recht, ich hasste dieses Fach. „Sie machen Festessen, schmücken ihre Häuser mit kleinen, ausgehöhlten Kürbissen und Papierfledermäusen und die Kinder verkleiden sich so, wie sie sich Hexen, Vampire und Geister vorstellen. Dann ziehen sie von Haus zu Haus und sagen ‚Süßes oder Saures"'.

„Süßes oder Saures?", Blaise hob fragend die Augenbrauen.

„Ja, entweder die Bewohner des Hauses geben den Kindern etwas Süßes oder sie bekommen einen Streich gespielt", erklärte ich und erinnerte mich schaudernd an Dudley den Wabbelzombie. Gut, dass ich das nie wieder sehen musste.

„Klingt lustig, obwohl die Streiche wohl eher lahm sein dürften", meinte nun Draco, der über Zauberkunst zu verzweifeln schien.

„Mmmh, das Schlimmste ist, dass sie das Haus mit Eiern und Klopapier bewerfen."

Blaise kicherte. Ich jedoch kramte nach einem Pergament und warf es auf Dracos aufgeschlagene Seiten. „Hier nimm, aber pass beim Abschreiben auf", sagte ich. Tiefe Dankbarkeit lag in seinem Blick, als er mich kurz ansah, bevor er nach seiner Feder kramte, die ich mit dem Pergament vom Tisch gewischt hatte.

Am Abend von Halloween wurden wir angewiesen, uns um sechs Uhr abends in der Großen Halle einzufinden. Dumbledore stand vorne und lächelte. Er trug einen dunkelblauen Umhang mit goldenen Sternen und Monden darauf und sah ungeheuer zufrieden mit sich aus. Die Haustische waren zu den Wänden gerückt worden, wie ein großes Buffet, und nicht gedeckt.

„Guten Abend, die jungen Herrschaften!", rief er vergnüglich von seiner Position vor dem Lehrertisch aus. Wir sahen gespannt nach vorn. „Anlässlich des – Achtung, lasst mich Luft holen – magischen, internationalen Jahres der magisch - nicht magischen Zusammenarbeit durch die Jahrhunderte", Dumbledore hielt inne um sehr auffällig einzuatmen, „darf ich euch heute Abend bitten, euch so festlich wie möglich zu kleiden, denn wir werden ein kleines Experiment wagen!"

Aufgeregte Murmelei folgte diesen Worten. Was hatte Dumbledore bloß wieder Verrücktes vor?

„Zur Erklärung für diejenigen, die in magischer Geschichte nicht allzu bewandert sind, die Übrigen mögen mir verzeihen und derzeit weghören: vor einigen hundert Jahren begann, wie ihr wohl alle wisst, der Argwohn gegen magisch begabte Menschen zu wachsen. Um der Ausgrenzung entgegenzuwirken, organisierten magisch Begabte sowie Unbegabte in Venedig die berühmten Maskenbälle, auf denen nicht erkannt werden konnte, wer wer war, und ob er oder sie vielleicht jemand war, dem man magische Begabung nach sagte.

In Anbetracht dessen und des Mottos dieses Jahres, habe ich mir überlegt, etwas Ähnliches mit euch zu unternehmen. Ihr werdet euch also so festlich wie möglich anziehen, ihr solltet ja alle etwas anderes dafür haben. Dann werdet ihr euch eine Maske beschwören – die Hauslehrer helfen euch wenn nötig, den Zauberspruch sage ich euch gleich – und wieder hier erscheinen. Und – tadaa! – Niemand erkennt mehr, welchem Haus ihr angehörig seid. Ich hoffe, dass ihr so Vorurteile fallen lassen und euch auch mit anderen Häusern unterhalten könnt, denen ihr sonst nicht zu nahe kommen würdet.

Zu guter Letzt also den Spruch, mit dem ihr euch eine Maske eurer Vorstellung heraufbeschwören könnt: Persona rogaro! Sehr schön, und nun, husch! Um die Mädchen nicht zu hetzen, treffen wir uns hier in zwei Stunden wieder!"

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt