Kapitel 35: So ein langweiliges Turnier

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Als es nach Weihnachten wieder zum Unterricht ging, erwartete Draco mich am Schlosstor mit dem Tagespropheten in der Hand. Er lächelte so böse, wie ich es seit der Weltmeisterschaft nicht mehr an ihm gesehen hatte.

„Wollen wir?", fragte er mich mit bittersüßer Stimme und bot mir seinen Arm an. Ich nahm ihn, griff aber gleichzeitig nach dem Tagespropheten und schnappte ihm diesen aus der Hand. „Hey!", wollte er protestieren, doch ich hatte ihn bereits aufgeschlagen und starrte auf die Schlagzeile, die da hieß: Dumbledores Riesenfehler. Der Artikel behandelte Hagrid und seine Abstammung und ich wusste sofort, woher Dracos gute Laune kam. Ich schnaubte und gab ihm die Zeitung zurück.

„War das nötig?", fragte ich. Meine Stimme war leise und eiskalt.

„Wolltest du etwa immer bei diesem Idioten Pflege magischer Geschöpfe haben? Damit wir noch eines Tages von seinen Krötern oder etwas Schlimmerem getötet werden?", brauste Draco auf.

„Darauf wollte ich nicht hinaus", murmelte ich leise. Ich ließ Draco stehen und ging hinunter zu Hagrids Hütte. Im Gegensatz zu meinem Bruder wunderte ich mich nun gar nicht über Professor Raue-Pritsche, die uns vor Hagrids Hütte erwartete. Ich hörte Dracos bitterböses Lachen hinter mir, als er in Harrys Hörweite kam.

„Hier entlang bitte", sagte Professor Raue-Pritsche und führte uns vorbei an den Pferden aus Beauxbatons und hinüber zum Wald. Dort, an einen Baum gebunden, stand ein gleißend weißes Einhorn. Die anderen Mädchen waren verzückt von seinem Anblick. „Jungen zurückbleiben! Sie ziehen die Hand einer Frau vor, diese Einhörner. Mädchen nach vorn und vorsichtig annähern. Kommt schon, ganz locker bleiben...", sprach die Professorin und winkte die Mädchen zu sich. Ich jedoch bewegte mich keinen Millimeter. Jedes magische Wesen konnte andere magische Wesen spüren und ich hatte keine große Lust herauszufinden, was geschehen würde, wenn mich dieses Einhorn aus nächster Nähe sah, es war so schon nervös genug. Auch Emily blieb bei mir stehen. Ein Metamorphmagus war zwar weit weniger gefährlich als eine Schwarze Veela, doch mit ihrer Drachenschuppe im Ohr war das Einhorn sicher auch nicht gut auf sie zu sprechen.

Ich hörte aber auch Draco und Harry nicht zu, die sich hinter meinem Rücken über den Zeitungsartikel stritten. Ich interessierte mich nicht dafür, dass sie sich stritten, das taten sie schließlich jedes Mal, wenn sie aufeinander trafen.

Eigentlich verlief das Jahr nach Weihnachten erst mal recht ereignislos. Bis zur zweiten Aufgabe waren es noch einige Wochen. Heute war ein Tag in Hogsmeade ausgeschrieben worden, aber irgendwie hatte ich darauf keine große Lust. Das Wetter war seltsam nass-kalt und es lag nach wie vor Schnee. Auch die Jungs hatten keine große Lust ins Dorf zu gehen, also saßen wir in unserer Ecke auf dem Sofa und hingen jeder unserer Beschäftigung nach. In unserem Fall hieß das, ich erledigte Hausaufgaben, Theodore saß neben mir und las, Blaise und Draco spielten Zauberschach und würden morgen bei mir abschreiben, wie so oft. Nein, ich war keine Streberin, aber ich hasste es, Hausaufgaben unerledigt zu lassen und wenn ich sie schon machte, dann konnte ich mir ja auch Mühe damit geben.

„Wollen wir ein bisschen frische Luft schnappen?", fragte Blaise unvermittelt und ich hob den Blick von Tausend Zauberkräuter und Pilze um ihn fragend anzusehen.

„Heißt?", fragte ich gespannt. Wenn Blaise vorschlug, rauszugehen, tat er das selten ohne Grund.

„Nun erstens, hab ich gerade verloren, schon wieder und zweitens, kommen da die Mädchen wieder", setzte er hinzu und sah über Dracos und meinen Kopf hinweg zur Tür. Draco fuhr so schnell herum, dass es an Lichtgeschwindigkeit grenzte.

„Oh nein", stöhnte er. „Ich geh mich umziehen"

Ich grinste und stimmte zu.

Keine zehn Minuten später waren wir draußen. Ich trug den Weasley-Pulli und eine schwarze Cordjeans unter der meine Winterstiefel hervor lugten, die ich seit mittlerweile vier Jahren hatte. Am Wetter jedoch änderte das nichts. Schweigend stiefelten wir durch den Schnee bis wir dorthin kamen, wohin die Zwillinge mich für gewöhnlich für ihre Schneeballschlachten schleppten. Eine Schneeballschlacht... Lächelnd blieb ich stehen und formte aus dem Schnee auf dem Boden eine ungefähr runde Kugel. Dann wog ich sie abschätzend in der Hand und schleuderte sie mit voller Wucht in Dracos Richtung. Von der Wucht des Schneeballs getroffen ruckte sein Kopf nach vorne.

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt