Auf einmal hielt der Zug und es wurde dunkel und kalt. Ein großes Wesen, das nur aus Umhang zu bestehen schien, öffnete die Abteiltür. In dem Moment, wo es mich ansah, zumindest sah es stark danach aus, und tief und rasselnd Atem holte, verschwand die Welt um mich und ich sah mich zurückgeschleudert an den Tag, an dem Voldemort meine Eltern getötet hatte.
Ich hörte meinen Vater schreien, dass Mum fliehen sollte, er wollte sie beschützen. Ich hörte ihre Schreie, als er starb. Ich sah sie in unserem Zimmer stehen und Voldemort anbetteln. Dann hörte ich auch ihre Schreie. Sein Lachen erklang, kalt und gehässig. Dann richtete sich der weiße Zauberstab auf uns. Ein grünes Licht, höllische Schmerzen und ich hörte laute Schreie, seine Schreie, Harrys Schreie, meine...
Seine Sicht:
Als der Dementor das Abteil wieder verließ, saß Eleanor immer noch klein gekauert neben mir. Mir war so verdammt kalt gewesen, kälter als es jemals im Winter gewesen war. Ich hatte mich gefühlt, wie Zuhause, wenn ich wusste, dass ich etwas getan hatte, was Vater nicht gefiel. Nur war das Gefühl stärker gewesen als sonst, viel stärker. So als würde man mir alles Gute, alles Schöne aus dem Kopf reißen wollen, so als ob... nein, das war nun doch übertrieben, schalt ich mich selbst und schüttelte den Kopf.
Doch das Gefühl verschwand, kurz nachdem der Dementor gegangen war. Auch wenn mich immer noch fröstelte. Sie jedoch hielt sich die Hände über die Ohren, weinte und schrie. Ich konnte nicht anders. Ich nahm sie in den Arm und versuchte, sie zu trösten.
„Lea, Lea, ich bin da. Es ist alles gut, er ist weg. Lea hörst du mich? Eleanor?", sie reagierte nicht. Zwar hörte sie auf zu schreien, aber sie wimmerte und schluchzte. Dicke, glänzende Tränen liefen über ihr Gesicht. Ich fühlte mich furchtbar hilflos. Was sollte ich nur tun? Noch nie war ich mir so hilflos vorgekommen. Rat suchend sah ich mich um, doch die anderen sahen genauso angeschlagen aus, wie ich mich fühlte.
Da erkannte ich einen Erwachsenen auf dem Gang vor unserem Abteil. Ich wusste, dass nur eine Stelle in Hogwarts wieder neu besetzt werden musste, und ich hatte den zerschlissenen Zauberer zuvor schon im Abteil ihres Bruders gesehen. Also öffnete ich kurzerhand die Abteiltür und rief: „Professor, können Sie mir helfen?"
Der Professor fuhr herum und sah mich milde lächelnd an.
„Was gibt es denn?", fragte er mit rauer Stimme. Stumm deutete ich auf Eleanor, die wimmernd auf ihrem Platz kauerte. Ich wusste keine Worte, um zu beschreiben, was los war, ich war froh, selbst überhaupt Worte herauszubekommen. Seine Augen wurden groß, als wüsste er, wer sie war. „Komm kurz mit in mein Abteil, dort habe ich etwas, was ihr hilft", sagte er.
Ich wandte den Kopf. Blaise nickte ungefragt und so folgte ich dem Professor den schmalen Gang hinunter.
An seinem Abteil angekommen, sah ich etwas, was mich verwunderte. Der Professor saß mit Eleanors Bruder, dem Weasley und dieser Granger in einem Abteil, aber das wusste ich ja schon. Ihr Bruder schien zu schlafen, auch die anderen beiden sahen etwas fertig aus. Kein Misstrauen stand in ihren Gesichtern und das war nun doch verwunderlich. Wie ich aussah, wollte ich gar nicht wissen. Sicher nicht viel glücklicher als die beiden, aber ich versuchte, meine übliche kühle Fassade zu halten. Wie gut auch immer das ging, so wie ich mich gerade fühlte. Unbewusst fasste ich mir an die Brust. Ganz war das Gefühl nach wie vor nicht verschwunden. Der Professor griff in seinen abgegriffenen Koffer oben auf der Gepäckablage und drückte mir einen Riegel Schokolade in die Hand, den ich misstrauisch beäugte.
„Sieh zu, dass sie das isst. Dann wird es ihr besser gehen", sagte er. Die Granger warf mir einen fragenden Blick zu und ich ahnte, dass auf Eleanor ein Kreuzverhör zukommen würde, warum sie denn gerade bei mir war. Warum gerade ich durch den Zug lief, um ihr Hilfe zu organisieren. Doch im Moment wollte ich das alles nicht wissen, ich wollte nur wissen, dass es ihr besser ging...
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Die vergessene Geschichte
FanfictionEleanor Lily Potter ist Harry Potters Zwilling. Doch für gewöhnlich spricht niemand über sie, die meisten wissen nicht einmal, dass sie existiert. Bei den Dursleys sind sie gleich, denn sie mögen beide nicht, doch sobald sie nach Hogwarts kommen, än...