Kapitel 38: Dementoren in Little Whinging

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Ihre Sicht:

Die Ferien waren wohl noch nie so schlimm gewesen wie jetzt. Ich saß neben Harry im Blumenbeet unter dem Wohnzimmerfenster der Dursleys und lauschte den Abendnachrichten. Es hatte keinen Zweck sich zu ihnen ins Wohnzimmer setzen zu wollen, sie stellten dann immer komische Fragen, und Onkel Vernon führte nur zu gerne aus, wie dumm Dudley war(was er natürlich nicht so formulierte) und zeigte, wie unglaublich blauäugig die beiden mit ihm waren. Also saßen und lagen wir unter dem Fenster und lauschten.

Wir sahen beide leicht ungesund aus, was jedoch auch daran lag, dass wir beide in der so gesehen doch recht kurzen Zeit, in der bisher Ferien waren, ziemlich schnell gewachsen waren. Harry zugegeben noch ein gutes Stück mehr als ich. Unsere T-Shirts waren ausgeblichen und kaputt, auch die Jeans-Hosen hatten einige Löcher zu viel und von den ein wenig kleinen Schuhen schälten sich die Sohlen. Zusammengenommen sahen wir beide nicht gerade aus wie Leute, die man gern in seinem Vorgarten hatte, aber der vor sich hin welkende Hortensienbusch verbarg uns vor neugierigen Blicken.

Doch es kam einfach nichts Bemerkenswertes, und als wir schließlich bei Wasserski fahrenden Wellensittichen angelangt waren, entfuhr mir ein leises Seufzen, nichts, wieder nichts. Seit unserer Ankunft hier bekamen wir nichts mit und auch die Muggel schienen nichts mitzubekommen. Wo war Voldemort? Was trieb er? Wir hatten keine Ahnung und auch unsere Freunde schrieben keine sehr aufschlussreichen Briefe. Die Jungs hätten mir wohl sinnvollere Briefe schicken können, doch weder von ihnen noch meinem Paten hatte ich seit Beginn der Ferien überhaupt etwas gehört. Ich machte mir Sorgen um ihn und meine Freunde, doch das sagte ich in Gegenwart meines Bruders nicht laut.

Ein lauter Knall riss uns aus unseren Gedanken. Wir sprangen auf, doch nichts Verräterisches war zu sehen. Den kurzen Streit zwischen Harry und Onkel Vernon überhörte ich und ging dann gemeinsam mit Harry den schon vertrauten Weg zum Park, wo wir uns auf die letzten nicht demolierten Schaukeln setzten, die Dudley und seine Gang übrig gelassen hatten.

„Morgen müssen wir uns was Neues einfallen lassen", murmelte Harry neben mir. Ich wandte den Kopf und sah ihn an. Trübsinnig starrte er zu Boden, die Arme so wie ich um die Ketten der Schaukel geschlungen.

„Sieht ganz danach aus", gab ich tonlos zurück.

„Es ist so ungerecht!", entfuhr es ihm plötzlich und ich legte verwundert den Kopf schief. „Die beiden sitzen irgendwo zusammen rum und ich stecke hier fest, ich kann nichts tun außer morgens um fünf aufzustehen, um einen sinnlosen Tagespropheten zu erhalten und mir dann bis abends zu überlegen, wie ich sinnlosen Muggelnachrichten lauschen kann! Es ist einfach ungerecht!"

„Ich weiß", murmelte ich. Plötzlich schnellte sein Kopf herum.

„Wieso bekommst du eigentlich keine sinnvollen Briefe? Wenigstens du könntest es doch."

„Könnte ich, aber wie dir vielleicht aufgefallen ist, schreiben Emily und die Zwillinge genauso rätselhaftes Gerümpel wie Ron und Hermine. Und von den Jungs oder gar Severus hab ich seit Beginn der Ferien nichts mehr gehört", zum Ende hin wurde meine Stimme immer leiser. Ich sah ihm in die Augen. Diese Augen, meinen so gleich, spiegelten dieselbe Hoffnungslosigkeit wider, die ich in mir spürte.

„Haben sie uns etwa alle vergessen? Dumbledore würde mich doch nicht vergessen oder? Und wieso sind Ron und Hermine zusammen, laden mich aber nicht ein? Wie lange müssen wir uns von Sirius noch anhören brav zu sein und die Ohren steif zu halten? Wieso darf ich nicht an den Tagespropheten schreiben und denen klar machen, wie blind sie sind? Wieso?! Es ist ungerecht!", platzte es aus Harry heraus und Tränen der Wut und Verzweiflung traten in seine Augen. Ich verstand ihn nur zu gut und stand auf. Er ließ sich wortlos von mir in den Arm nehmen und ich spürte, dass seine Tränen auf meine Schulter tropften.

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt