Kapitel 20: Neue Fächer, neuer Quatsch

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Ihre Sicht:

Meine erste Stunde dieses Jahr war Wahrsagen. Ich machte mich in aller Ruhe auf den Weg nach oben. Das Klassenzimmer befand sich in einem Turm im siebten Stock. Auf dem Weg hinauf holte Emily mich ein und so kam es, dass wir uns im furchtbar stickigen Turmzimmer einen Platz gemeinsam suchten.

Aus dem Schatten kam plötzlich eine Stimme, die uns willkommen hieß. Sie klang furchtbar theatralisch und ich schnaubte belustigt. Ich fühlte mich wie in einem schlechten Theater. Überall hingen Vorhänge, es standen alte Lampen, Sessel und Tische voller Gerümpel herum. Unter all dem Gerümpel waren staubige Kristallkugeln, Bergeweise Teetassen und Bücher in allen Größen, Formen und Farben. Was kam denn noch?

Tatsächlich sollten wir aus unseren Teeblättern lesen. Lecker war der Tee im Übrigen nicht, er hatte definitiv zu lange gezogen. Wir tranken unsere Tassen leer, schwenkten sie wie geheißen und tauschten sie aus. Ich zog Entnebelungen der Zukunft zur Rate, um die Zeichen zu deuten.

„Mal sehen, wenn ich das richtig deute", sagte ich und ahmte Professor Trelawneys rauchige Stimme mit Absicht vollkommen überzogen nach, „Dann wirst du alsbald einen außergewöhnlichen Verehrer haben und wenn ich dieses komische Gebilde hier richtig entziffere, dann hast du einen Menschen, dem dein Herz gehört und dir seines, der damit überhaupt nicht einverstanden sein wird."

Mit hochgezogener Augenbraue blickte ich zu Emily hinüber. Sie sah mich fragend an. Da ihr jedoch kein Kommentar einzufallen schien, wandte sie sich meiner Tasse zu.

„Und wenn ich deine Tasse richtig deute, dann wird dich ein Bär zum Stepptanz auffordern", erwiderte sie. Ich kicherte. Das lockte Professor Trelawney an, welche sich wie ein Geier auf meine Tasse stürzte.

„Armes Mädchen...so viel Leid. Der Schlagstock, so viele Angriffe...der Falke, ein Todfeind... armes Mädchen, so viel Leid in so jungen Jahren"

Ich verzog das Gesicht. Als Professor Trelawney außer Hörweite war, beugte ich mich zu Emily rüber.

„Deine Deutung fand ich besser", raunte ich ihr zu und sie grinste.

Plötzlich entstand bei Harrys Tisch ein Tumult.

„Der Falke...mein Lieber, du hast einen Todfeind!", hauchte sie, während sie in eine Tasse starrte, die scheinbar Harry gehörte. Noch ein Falke? Nein, eher derselbe Falke.

„Aber das wissen doch alle", flüsterte Hermine so laut, dass jeder sie hörte. „Alle kennen die Geschichte von Harry und Du-weißt-schon-wem." Aha, also derselbe Falke. Warum auch sollte ich einen anderen Todfeind haben? Eben.

„Der Schlagstock...ein Angriff. Meine Güte, das ist keine schöne Tasse...", analysierte sie weiter, ohne Hermine zu antworten.

„Der Schädel...da wartet Gefahr auf dich, mein Lieber...", meinte sie weiter.

„Ich dachte, das sei eine Melone", meinte Ron, der so überhaupt keine Ahnung von Wahrsagen zu haben schien. Dann schwenkte sie die Tasse noch einmal und gab einen theatralischen Schrei von sich. Dramatisch ließ sie sich in ihren Sessel fallen. Emily und ich tauschten einen skeptischen Blick. Was kam denn jetzt?

„Mein lieber Junge...mein armer lieber Junge...nein...besser, wenn ich es nicht sage...nein...fragt mich nicht..."

„Was ist los, Professor?", fragte Dean Thomas, ein Gryffindor, jener Gryffindor, den ich letztes Jahr im Duellierclub durch die halbe Halle geschleudert hatte. Es tat mir immer noch nicht leid.

„Mein Lieber", antwortete sie und schaute mit dramatisch geweiteten Augen auf Harry, „Du hast den Grimm!"

„Den was?", fragte Harry ahnungslos. Emily erklärte mir schnell in der Kurzfassung, dass ein Grimm ein Todesomen war. Ich machte mir darüber keine Gedanken, wenn wir gestorben wären, jedes Mal, wenn es uns einer angedroht hätte, dann wären wir selbst in der Zauberer-Welt ein medizinisches Wunder. Würde Professor Trelawney voraussagen, dass es morgen nicht regnete, ich hätte wahrscheinlich mehr dabei als nur einen Regenschirm.

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt