Kapitel 13: Es werde Quidditch

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Seine Sicht:

Kurz nach dem Angriff auf Mrs. Norris an Halloween, erhielt ich einen Brief von meinem Vater, den ich kurz zuvor gefragt hatte, was denn nun die Kammer des Schreckens genau war und wer sie wohl öffnen könnte. Süffisant grinsend, saß ich mit dem Brief im Gemeinschaftsraum, umringt von Crabbe, Goyle, Pansy und Eleanor, die ziemlich gelangweilt drein sah, Geschichte Hogwarts aufgeschlagen auf den Knien. Ich kostete die Aufmerksamkeit aus, welche sie für mich übrig hatten und öffnete den Brief. Ich hatte ihn natürlich vorher bereits gelesen, damit sich das auch lohnte. Die meisten Absätze übersprang ich, es hatte sie ja nicht zu interessieren, was bei uns Zuhause los war.

„Die Kammer des Schreckens wurde vor fünfzig Jahren bereits einmal geöffnet, von einem Erben Slytherins, so heißt es. Ich weiß den Namen nicht, aber er wurde im Nachhinein dafür rausgeworfen. Es wurden mehrere Schlammblüter angegriffen und das Letzte ist gestorben. Danach hörten die Angriffe auf. Wer oder was die Schüler angegriffen hat, wurde nie bekannt gegeben", las ich genüsslich den passenden Absatz vor.

„Viel ist das ja nicht", sagte plötzlich Blaise, der bis dahin ungerührt in einem Lehnstuhl in der Nähe gesessen hatte, so als hätte er gar nicht zugehört. Das war eine Fehlannahme gewesen, wie ich feststellen musste. „Was steht denn in Geschichte Hogwarts Lea? Lies mal vor!", wandte Blaise sich nun direkt an Eleanor, die in dem dicken Wälzer zu blättern begann.

Ich spürte einen leichten Stich in meiner Brust und merkte, dass ich Blaise, meinen eigentlich besten Freund, eifersüchtig anstarrte, wie er sich mit Eleanor unterhielt. Er war schon länger mit ihr befreundet als ich, sicher, doch ich merkte, dass ich neidisch auf ihn war. Ich schüttelte kurz unbemerkt den Kopf, was war nur mit mir los, wenn die Schwarzhaarige in der Nähe war? Eleanor hatte nun die passende Seite gefunden und begann zu lesen.

„Die Kammer des Schreckens ist eine geheime Kammer, unauffindbar, versteckt und erbaut von Salazar Slytherin – Näheres siehe Seite tausendvierzehn, später vielleicht – welcher sie auf unbekannte Weise versiegelte, sodass nur sein wahrer Erbe sie zu öffnen imstande wäre. Auch steht geschrieben, dass er allein den Eingang zur Kammer finden könne. – Na, wenn er es nicht kann, wer dann? – In der Kammer lebt ein furchtbarer Schrecken, ein Monster, das nur vom Erben Slytherins kontrolliert werden kann. Mit diesem Schrecken soll er die Schule von allen säubern, die des Studiums der Magie nicht würdig sind – na wie nett", schloss Eleanor und blickte von den vergilbten Seiten ihres Buches auf. Sie hatte eine so schöne Stimme, wenn sie etwas vorlas. Ihre kleinen, eingeworfenen Kommentare brachten mich immer sachte zum Lächeln. Sie hatte generell eine wirklich melodische Stimme. Ich spürte, wie mir heiß wurde und ich stand wortlos auf und ging davon. Niemand fragte, niemand sagte etwas.

Im Schlafsaal warf ich mich auf mein Bett, zog die Vorhänge fest zu, vergrub den Kopf in meinen Kissen und ließ den Tränen freien Lauf. Ich wusste weder woher sie kamen, noch warum sie da waren, nur dass sie hemmungslos und stetig aus meinen Augen in mein Kissen liefen. Wie gut, dass mich hier niemand sehen konnte!

Eleanors und mein erstes Quidditch-Spiel ging Anfang November gegen Gryffindor, das hieß gegen ihren Bruder. Sonderlich zu stören schien sie das allerdings nicht. Wir betraten das Feld und ich war in diesem Moment furchtbar nervös, hätte mir das aber nie anmerken lassen. Ein Malfoy zeigte keine Schwäche. Eleanor sah viel gelassener aus als ich. Einzig ihre grünen Augen bewegten sich schneller als normal. Sie bestieg ihren Nimbus Zweitausendeins und flog galant zu den Torringen empor. Ihr langer schwarzer Zopf wehte hinter ihr im Wind des Fluges. Mit weichen Knien bestieg ich meinen eigenen Besen und stieß mich vom Boden ab. Ich sah Potter knapp über mir und rief: „Na, alles klar Narbengesicht?"

Ich schoss unter ihm entlang, längst nicht so schnell, wie mein Besen es gekonnt hätte, aber schnell genug, um ihn zu ärgern.

Kurz darauf wurde ich des nervigen Klatschers gewahr, der sich beharrlich darauf verlegt zu haben schien, Potter von seinem Besen zu holen. Ich grinste und beobachtete das Schauspiel eine Weile angeregt. Es begann zu regnen. Wir führten mit sechzig zu null. Unsere Besen zahlten sich aus. Da Potter eh keine Möglichkeit hatte, nach dem Schnatz zu suchen, konnte ich mir damit auch Zeit lassen und unseren Triumph noch größer machen. Ich schwebte auf der Stelle und beobachtete Eleanor, welche die wohl beste Hüterin war, die ich je hatte fliegen sehen. Selbst Klatscher hielten sie nicht davon ab, den Quaffel zu fangen. Und die beiden Treiber der Gryffindors waren vollauf beschäftigt mit dem verrückt gewordenen Klatscher, sodass einige Torschüsse bereits vorher vereitelt wurden.

Eleanor hatte mir nur gesagt, dass sie sich als Hüterin würde bewerben wollen und ich hatte die Gelegenheit beim Schopf gegriffen und ihr, als Entschädigung für meine Schikanen im letzten Jahr, den Platz im Team geschenkt. Flint hätte mir, angesichts der neuen Besen vor ihm, auch alles gegeben, was ich hätte haben wollen, sein Abzeichen inbegriffen. Eleanor flog verdammt gut. Ich schreckte auf, als Madam Hooch zu einer Auszeit für Gryffindor pfiff.

Inzwischen ziemlich nass, landete ich zwischen den anderen Slytherins und beobachtete Eleanor, die ihren langen Zopf aus wrang. Die Auszeit war nicht für uns und so warteten wir ungeduldig ab. Schon kurz darauf waren wir wieder in der Luft und ich fiel vor Lachen fast vom Besen, während ich Eleanors Bruder bei seinen Versuchen beobachtete, dem Klatscher zu entkommen.

„Trainierst du fürs Ballett, Potter?", rief ich schadenfroh zu ihm hinauf, als er gezwungen war einen albernen Tanz aufzuführen, damit der Klatscher ihn nicht erwischte. Ich sah, wie sein Gesicht wütend zu mir herum schnellte. Mich wütend anstarrend, blieb er mitten in der Luft stehen und ich sah mit Genuss, wie der Klatscher ihm den Ellenbogen zertrümmerte. Fast konnte ich das Geräusch bis zu mir hören. Plötzlich jedoch schoss er auf mich zu.

„Was zum-", keuchte ich und duckte mich aus seiner Flugbahn. Als ich ihm jedoch hinterher sah, bemerkte ich meinen Fehler. Potter jagte den goldenen Schnatz. Wo bei Merlins Zauberstab war der hergekommen? Doch bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte Potter den Schnatz bereits gefangen und prallte, hoffentlich schmerzhaft, auf dem nassen Boden auf.

Ich landete wütend am anderen Ende des Feldes. Doch meine Wut auf mich selbst verrauchte, sobald ich Flint sah, der mit hochrotem Kopf vor mir auf dem Boden aufkam und sofort begann auf mich einzubrüllen – von wegen Schnatz direkt über dem Kopf haben und nicht bemerken. Eleanor sah ebenfalls nicht besonders erfreut über unsere Niederlage aus, schien aber, im Gegensatz zu Flint, nicht nur mir die Schuld daran zu geben. Dafür war ich ihr insgeheim unendlich dankbar. 

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt