Kapitel 34

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Ein lautes Klopfen unterbrach den Kuss zwischen Sukuna und mir, der langsam aber sicher immer leidenschaftlicher geworden war. Kurz darauf stand Utahime mit ihrem Buch in der Hand in der Türe. „Die 15 Minuten sind um. Zeit, zu gehen." Ich sah zu Sukuna auf, der bereits wieder seine kühle Maske aufgesetzt hatte und Utahime gespielt desinteressiert ansah. Ich sammelte die Tüte samt Papier wieder ein und gab Sukuna einen letzten Kuss, ehe Utahime mich zur Türe hinausschob und sie mit einem lauten Knallen ins Schloss fiel. Langsam drehte ich mich zu ihr um, doch sie deutete bereits in den Gang hinter mich. „Wir sehen uns morgen." Ihr Ton ließ keinerlei Spielraum für eine weitere Unterhaltung zu, also nickte ich bloß und wanderte zurück durch die Akademie Richtung Zimmer. Doch als ich vor meiner Türe stand hatte ich das Gefühl, noch nicht allein sein zu können. Ich fühlte mich mit einem Mal schrecklich einsam. Ich hatte gesehen, dass bei Yuji unter der Türe noch Licht hindurchschien. Nach kurzem Zögern klopfte ich schließlich. „Wie wärs, wenn wir den Filmabend nachholen, den wir mit deinem Wurmmensch geplant hatten?" fragte ich, als Yuji die Türe geöffnet hatte. „Klar doch, das wird lustig! Ich werde Popcorn machen!" und schon hopste Yuji den Gang hinunter Richtung Küche. Seit Sukuna und er getrennt waren kam er mir fröhlicher vor. Freier als vorher. Mehr wie er selbst. Was verständlich war, wenn man bedachte, dass er vorher für geraume Zeit seinen Geist hatte teilen müssen. Kopfschüttelnd lief ich in Yujis Zimmer, schob die DVD in das Laufwerk und öffnete das Fenster. Es war schrecklich stickig hier drin. Die kühle Nachtluft strich über meine Haut und für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Doch das Knacken eines Astes ließ sie mich wieder öffnen. Da das neue Wohnhaus direkt am Waldrand lag, hatte man eine gute Sicht auf den dunklen Wald, der in der Dunkelheit unter dem Wind knackte und knarrte. Ich konnte weder etwas sehen noch hören, auch nicht, nachdem ich einige Minuten unbeweglich in den dunklen Wald gestarrt hatte. „Was machst du da?" vor Schreck machte ich einen Satz und wäre fast aus dem Fenster gefallen. Hinter mir stand Yuji, er hatte eine Schale Popcorn in der Hand und einen fragenden Ausdruck in den Augen. „Ich dachte bloß, ich hätte was gehört." Yuji zuckte die Schultern und schloss das Fenster. „Die Akademie steht mitten in einem Wald. Das sich Tiere auf das Gelände verirren ist nichts Neues. Wir hatten schon mal einen Hirsch und was weiß ich noch alles hier." Meinte er mit einer wegwerfenden Handbewegung, ehe er es sich auf dem Bett bequem machte und wir begannen, den Film zu sehen.

Am nächsten Morgen beschlossen Yuji und ich, an dem Vormittag zusammen am Waldrand zu trainieren. Auch Maki und Yuta stießen zu uns und schon bald verfielen wir alle in den Alltagstrott des Trainings. Doch ab einem gewissen Punkt sank die Stimmung auf dem Platz. Und ich spürte Sukuna hinter mir. Seine Hände lagen auf meinen Hüften, sein Atem kitzelte mein Ohr. Yuji sah ihn grimmig an und ballte die Hände zu Fäusten. Auch Yuta und Maki verzogen ihre Gesichter und machten einen Schritt zurück. „Wie passend." Durchbrach Sukuna hinter mir die Stille, der Sarkasmus tropfte wie Wasser von seinen Lippen. „Ich wollte unserer lieben Adelina hier heute die Umkehrtechnik näherbringen." Der Boden um meine drei Freunde herum brach auf, Flammen schossen heraus und kesselten sie ein. „Und jetzt stehen hier gleich drei Testpersonen zur Verfügung." Sukunas Blick erinnerte mich an den eines Raubtieres, dass gerade abwog, welches seiner in die Enge getriebenen Beutetiere es zuerst reißen sollte. „Was für ein glücklicher Zufall."

Unter meinem stummen Befehl versanken die Flammen wieder im Boden. „Ich werde keinem von ihnen weh tun." Sagte ich über die Schulter. Doch Sukuna griff nur nach meinem Arm und strich über den blauen Fleck, den Makis Stab bei unserer letzten Übung hinterlassen hatte. „Keine Sorge. Das werd ich tun." Er drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. Er musste seinen Blick auf Maki gerichtet haben, ihre Beine zitterten mit jeder Sekunde, die verstrich, mehr. „Sich selbst zu heilen ist bei weitem nicht so schwer wie es ist, andere zu heilen. Kann man andere heilen kann man auch sich selbst heilen." Er streckte sich. „Also? Wer stellt sich zur Verfügung?" gerade wollte ich abwinken. Mir schwante Übles. Doch schon hatte Yuji die Hand gehoben, einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht. „Der Rotzlöffel, natürlich." Sukuna grinste und war mit zwei großen Schritten bei Yuji, den er an der Jacke packte. „Ihr zwei." Er deutete auf Maki und Yuta, ohne sie dabei anzusehen. „Verschwindet." Ich nickte den Beiden zu, es war okay und wahrscheinlich sogar besser, wenn sie gingen. Also kamen sie Sukunas Befehl nach und verschwanden, Yuta jedoch nicht, ohne kurz neben mir stehen zu bleiben. „Schrei einfach, wenn was passiert." Flüsterte er und warf Sukuna einen hasserfüllten Blick zu. Ich lächelte ihn dankbar an. „Danke dir, Yuta."

Kaum war Yuta verschwunden, knackte es in meinem Rücken hässlich, es folgte ein schmerzerfüllter Schrei. Erschrocken wand ich mich um. Sukuna hielt Yuji nach wie vor fest, Yujis Jacke war an seinem rechten Oberarm zerrissen, Blut tropfte auf den Boden. Wie vom Donner gerührt stand ich da. Sukuna hatte ihm den Oberarm gebrochen. „Yuji!" hörte ich mich selbst schreien, doch das schien Sukuna nicht zu stören. „Weißt du, Kleiner." Knack. Ein Schrei. Das war Yujis Unterarm gewesen. „Mit jedem gebrochenen Knochen," erneut knackte es, Yujis Schulter fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus, „mit jedem gebrochenen Knochen kommen wir," ein erneutes Knacken erfüllte die Luft, „dem Lernziel ein Stück näher." Sukuna zerdrückte Yujis Hand. Das Geräusch erinnerte mich an brechende Äste, mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Yuji plumpste zurück auf den Boden, Blut lief ihm über die Unterlippe. Mit einem gezielten Tritt auf Yujis Brustkorb zertrümmerte Sukuna ihm zusätzlich noch die Rippen. Als Sukuna ausholte, um ihm auch die verbliebene Schulter zu zertrümmern, hatte ich endlich wieder die Kontrolle über meinen Körper. All die Kraft, die Sukuna in seinen Schlag gelegt hatte, vibrierte durch meinen Körper, als ich mich zwischen ihn und Yuji stellte und seine Hand abfing. Schwarz glühten die Male an meinem Arm, meine Sicht wurde schärfer und weiter, als ich das zweite Paar Augen auf meinen Wangen öffnete. „Es reicht! Wag es ja nicht, ihm auch nur noch ein Haar zu krümmen!" Sukuna bleckte frustriert die Zähne, was ich erwiderte und wir uns einige Sekunden lang kochend vor Wut und Frust anstarrten. Doch plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter. Yuji hatte sich hinter mir auf die Füße gekämpft. „Ist schon okay. Es hilft dir beim Lernen." „Nein! Nein, das ist nicht okay, Yuji!" fuhr ich ihn an und fühlte ich sofort schlecht, als ich seinen desolaten Zustand sah. „Du musst sofort zu Shoko." Doch Yuji schüttelte den Kopf. „Probier es doch erstmal selbst, danach kann ich immer noch zu Shoko. Sie ist ja nicht weit weg." Seine Stimme war immer leiser geworden, ehe er jetzt das Bewusstsein verlor und zu Boden sackte. Sukuna hatte seine Hand sanft aus meinem eisernen Griff befreit und war ein paar Schritte zurückgetreten. Blanke Angst um Yuji durchschoss mich, als ich neben ihm auf die Knie ging und verzweifelt seine Hand nahm. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, Tränen verschleierten meine Sicht. „Yuji, bitte. Bitte wach wieder auf." Blaue Fluchkraft schoss aus meinen Händen heraus, hüllte Yuji komplett ein. Das Blut in seinem Gesicht verschwand, auch seine Hand richtete sich langsam wieder. Ich merkte bereits, wie ich Kopfschmerzen bekam, die Fluchkraft begann, zu flackern. Lange würde ich das nicht mehr halten können. Doch schon war Sukuna an mich herangetreten, seine Fluchkraft löste meine reibungslos ab und schon bald atmete Yuji wieder gleichmäßig.

Erneut spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, als ich hochsah, blickte ich direkt in Satorus blaue Augen. „Starke Emotionen sind ein guter Katalysator, wenn es darum geht, starke Kräfte zu wecken." Es schien, als hätte er so etwas schon mal erlebt. „Das war bei deinem Ausbruch dasselbe." Meinte er ernst. „Prinzipiell war der Gedankengang deines Freundes hier richtig, auch wenn ich einen anderen, weniger brutalen Weg gewählt hätte." Er warf Sukuna über die Schulter einen vernichtenden Blick zu, doch dieser zuckte bloß mit den Schultern und gab Yuji einen Stubs. „Steh schon auf, Bengel." Ganz langsam setzte Yuji sich auf und sah an sich herunter. „Hey, du hast es geschafft, Addie! Das hat sich ja richtig gelohnt!" „Nicht ganz." Flüsterte ich und fiel Yuji um den Hals, froh, dass es ihm wieder gut ging. Der Schock saß mir tief in den Knochen. Satoru tippte mir auf die Schulter. „Ich werde ihn zu Shoko bringen. Sicher ist sicher. Für den Fall, dass unser Freund hier etwas übersehen haben sollte." Satoru wand sich an Sukuna, trat dicht an ihn heran und legte ihm einen Finger auf die Brust. „Wenn du es wieder wagen solltest, einen meinen Schüler derart zuzurichten werde ich dich auf der Stelle austreiben. Damit wir uns auch ja richtig verstehen."

Mit diesen Worten verließen Satoru und Yuji den Platz. „Warum hast du das gemacht?" langsam stand ich auf und sah Sukuna an. „Um dir zu helfen." „Satoru meinte gerade, es gäbe auch andere Wege, das zu üben!" „Üben, ja. Aber vor dem Üben muss erst der Groschen fallen, Adelina. Der fällt bei solchen Techniken nicht durchs Üben." Er nahm mich in die Arme und strich mir über das Haar. „Es tut mir leid." Ich wusste natürlich, dass es ihm in keinster Weise leidtat, dass er Yuji so zugerichtet hatte, unabhängig von dessen Einwilligung. Aber als ich Sukuna in die Augen sah, sah ich, dass ihm tatsächlich etwas leidtat.

Nämlich mir einen solchen Schrecken eingejagt zu haben.

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Ich wünsche euch einen schönen restlichen Sonntag!

Eure Erin xx

Plötzlich Fluch (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt