Kapitel 62

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Das Rauschen von Wellen rief mich langsam, aber sicher zurück ins Bewusstsein. Sonnenstrahlen tanzten über meine Haut, blendeten mich, als ich stöhnend versuchte, die Augen zu öffnen und sie aufgrund des grellen Lichts gleich wieder schloss. „Oh, entschuldige bitte. Ich habe ganz vergessen, den Sonnenschirm nachzujustieren." Etwas rutschte über Holz, kurz darauf legte sich Schatten über mein Gesicht. Erneut versuchte ich, die Augen zu öffnen, vage Schemen tanzten vor meinen Augen, die sich langsam zu einem blauweiß gestreiften Sonnenschirm zusammenfügten. Verwirrt blinzelte ich einige Male und setzte mich schließlich auf.

Die Sonnenliege, auf der ich lag, stand auf einer mit hellem Holz verkleideten Promenade, die sich entlang des Strandes zog, der einige Meter von mir entfernt leicht absackte und darunter wohl ins Meer lief, ich hörte die Brandung rauschen. „Wo ... wo bin ich?" Neben mir lachte jemand, etwas raschelte. Schnell drehte ich mich um, der Anblick verschlug mir den Atem. Auf der Sonnenliege neben mir lag Nanami. Er trug Khakishorts und ein blaues Hawaiihemd, sein blondes Haar wehte leicht im Wind. „Das ist Malaysia, Addie." Sagte er und legte die Zeitung weg, in der er bis eben wohl noch geblättert hatte. Ungläubig stand ich auf. Nein, das Holz unter meinen Füßen fühlte sich erschreckend echt an, auch der Wind, der mir die Haare ins Gesicht blies, schmeckte salzig dank des Meeres, das unter uns gegen die Brandung schlug. „Das ... das kann nicht sein." Überfordert tastete ich meinen Körper ab. Nein, noch alles dran. Erneut sah ich mich um, ehe es mir wieder einfiel.

„Toshiro! Er ... er hat mich erschossen!" meine Stimme geriet ins Wanken, genau wie meine Knie, die den Dienst quittierten und ich auf das warme Holz plumpste. „Das war kein schöner Anblick." Nanami war neben mir in die Hocke gegangen und sah mich mitleidig an, eine Hand ruhte auf meiner Schulter. „Bin ich ... tot?" hauchte ich und sah zu Nanami hoch, der mir langsam wieder auf die Füße half. Die Frage, wer hätte gedacht das ich das je fragen würde, warf mich nicht so sehr aus der Bahn wie das Nicken, das Nanami mir schließlich zeigte. „So zu sagen." meinte er dann und schob sich die Sonnenbrille hoch in das blonde Haar. Erst jetzt sah ich, dass er anders aussah. Entspannter, friedlicher, seine Augen hatten einen Schimmer, den ich zu Lebzeiten nie bei ihm gesehen hatte. Schluchzend warf ich mich ihm in die Arme, die Tränen liefen hemmungslos über meine Wangen. „Es tut mir so leid! Es ist alles meine Schuld! Ich war nicht schnell genug! Wäre ich das gewesen würdest du noch leben!" Nanamis Hände strichen mir beruhigend über den Rücken. „Du quälst dich wegen nichts, Addie. Glaub mir das." Er schenkte mir doch tatsächlich ein strahlendes Lächeln, als ich mich von ihm löste und er mir ein Taschentuch reichte.

„Mir geht es hier sehr gut, hmm?" er tupfte mir mit dem Taschentuch die Tränen von den Wangen, nachdem ich keinerlei Anstalten gemacht hatte, es ihm abzunehmen. „Ich wollte schon immer einmal Malaysia sehen. Und jetzt kann ich rund um die Uhr am Strand sitzen und dem Meer lauschen. Ich habe mich noch nie so gut gefühlt, wie jetzt." Das Lächeln auf seinem Gesicht war so ehrlich, dass mir gleich wieder die Tränen kamen. „Zudem gibt es hier unbegrenzte Cocktails." Plötzlich hielt er einen Mojito in der Hand und betrachtete ihn kopfschüttelnd. „Da wäre Shoko glatt neidisch, was?" ich lachte und wischte mir mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht. „Das ist wohl wahr." Ich hielt kurz inne. „Werde ich jetzt auch hierbleiben? Bei dir?" Nanami sah mich lange an, ehe er antwortete. „Du hast die Wahl, Addie." Als er meine Stirn berührte, erschienen, ohne mein Zutun, die schwarzen Male Sukunas auf meiner Haut. „Dadurch, dass du diese Kräfte bekommen hast und nun zum Teil ein Fluch bist, schenken sie dir eine zweite Chance." Er blickte auf seine Armbanduhr. „Sofern wir alles rechtzeitig schaffen." Er hob wieder den Blick und sah mich an. „Eine normale Kugel, so wie es die von Toshiro war, tötet einen Fluch nicht." Er deutete auf eines der schwarzen Male an meinem Arm. „Sie tötet aber sehr wohl einen Menschen." Nanamis Finger deutete jetzt auf eine Stelle an meinem Arm, die kein Zeichen trug.

Plötzlich Fluch (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt