Kapitel 48

191 14 6
                                    

„Zumindest hätte Noritoshi das gern." Warf Momo ein und erntete einen bösen Blick von Noritoshi, den sie ignorierte und einfach weiterredete. „Er ist von der Ehre, die seiner Familie zukommen würde, sollte er Sukuna austreiben können, geblendet." die Kaugummiblase, die Momo aufblies, zerplatzte laut. „Das das reiner Selbstmord und zudem noch total irre ist," es folgte eine entsprechende Geste, „scheint bei ihm noch nicht angekommen zu sein." Noritoshi kniff die Augen zusammen, sichtlich peinlich berührt. „Danke, Momo, dass reicht jetzt." Meinte er, Momo zuckte bloß mit den Schultern und kaute geräuschvoll auf ihrem Kaugummi. „Stimmt doch." Kasumi hob beschwichtigend die Hände. „Einigen wir uns doch darauf, dass wir alle dazu nicht in der Lage wären, hmm?" sie sah ihre Schulkameraden lächelnd an. „Sag ich doch die ganze Zeit." Warf Momo ein, Noritoshi verdrehte bloß die Augen.

Kasumi wand sich zu mir um, ich meinte, sie erleichtert aufatmen zu sehen als sie sah, dass die Zeichen und die Augen an meinem Körper wieder verschwunden waren. „Wir sind wegen Nanamis Beisetzung hier. Die soll doch morgen sein?" Ja, stimmt. Nanamis Beisetzung. Feuerbestattungen waren in Japan Pflicht. Das änderte nur leider nichts daran, dass die Urne leer sein würde. Wir hatten keine Möglichkeit, seine Überreste zu bergen. Yaga hatte es nicht gestattet, jemanden zurück auf das Gelände zu lassen und das aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Dennoch hatte ich mich heimlich für den heutigen Abend mit Chloé und Raul verabredet, mit denen ich regen Kontakt gehalten hatte trotz der Umstände. Wir wollten essen gehen, so konnte ich Yagas Vorgaben wenigstens einhalten und musste nicht auf das Gelände. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn den Beiden etwas zustoßen würde, weil ich unvorsichtig geworden war, und Beerdigungen standen genug an. Nanami, Yatsuda. Das waren zwei zu viel und ich würde es nicht zulassen, dass sich noch wer in die Reihe der Toten hinzufügen würde. Zudem brauchte ich das jetzt. Einen Abend mit meinen Nicht-Jujuzistenfreunden, ein Abend, der mich vielleicht von Sukuna ablenken könnte. Das würde mir guttun.

„Ja, die ist morgen." Beantwortete Maki Kasumis Frage. „Und ich will, dass ihr euch alle von eurer besten Seite zeigt." Ertönte Gakuganjis Stimme hinter uns. Er kam, begleitet von Yaga und Satoru auf uns zu. Vor mir blieb er stehen und musterte mich eindringlich. „Ich möchte, dass du weißt, dass ich auf der Abstimmung gegen dich gestimmt habe, Fluchmädchen." Irritiert hob ich den Kopf und sah zu Satoru. Doch der schüttelte kaum merklich den Kopf. Er würde es mir gleich erklären. Ich nickte schließlich. „Ist notiert." Gakuganji verschwand zusammen mit seinen Schülern in einem der Wohnhäuser, das extra für Gäste hergerichtet war. Als sich die Türe hinter dem Letzten geschlossen hatte, drehte ich mich zu Satoru und Yaga um. „Welche Abstimmung?"

Yaga kratzte sich verlegen am Kopf. „Es wurde, nach den jüngsten Ereignissen erneut darüber abgestimmt, was mit dir geschehen soll." „Das ist nicht dein Ernst, oder?" Yuji war an meine Seite getreten und sah Satoru fassungslos an. „Ich weiß, wie das ist, ständig wegen Sukuna mit dem Tod zu tanzen." Er ballte die Hände zu Fäusten. „Ich werde nicht zulassen, dass die Hohen Addie exekutieren lassen!" Auch Megumi stellte sich neben mich und nickte mir entschlossen zu. „Das wird keiner von uns." Yuta legte mir eine Hand auf die Schulter, mir wurde ganz warm ums Herz, als ich hörte, dass meine Freunde hinter mir standen und sogar dazu bereit waren, sich den Hohen dafür entgegenzustellen. Maki räusperte sich und zum ersten Mal, seit ich sie kannte, lächelte sie mich an. „Ich bin dabei. Die Hohen hassen mich eh schon." Sie grinste breit. „Wird wohl Zeit, ihnen einen echten Grund dafür zu geben."

Abends stand ich dann endlich vor dem kleinen Laden im Regen und wartete auf Chloé und Raul. Die Adresse des Ladens hatte mir Chloé vorher schon geschickt und nachdem ich in Deutschland groß geworden war, lebte ich streng nach dem Motto „Fünf Minuten vor der Zeit ist die deutsche Pünktlichkeit". Ich grinste in mich hinein, als ich an die unzähligen Male dachte, an denen mir mein Bruder dieses Sprichwort schon um die Ohren gehauen hatte. Aber was sollte ich tun? Ich konnte eben nicht aus meiner Haut. Eine Viertelstunde nach der vereinbarten Zeit tauchten meine beiden Freunde dann auch endlich auf und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sah, dass es beiden gut ging, und ich drückte beide vielleicht auch einen Augenblick zu lange. Chloé hatte sofort einen besorgten Ausdruck im Gesicht. „Ca va, cherié? Geht es dir gut?" ich nickte. „Ja, alles gut." Wie glatt und vor allem glaubhaft mir diese Lüge mittlerweile über den Lippen kam, überraschte mich. Ich hatte nie gern gelogen, aber hier in Japan hatte man mir von Anfang an keine wirkliche Wahl diesbezüglich gelassen.

Chloé schien mir meine Lüge abzukaufen, doch Raul hatte nach wie vor Zweifel in den Augen, sagte aber nichts weiter dazu und deutete auf den Laden. „Wollen wir?" „Oui!" Chloé klatschte in die Hände und stürmte allen voran in den Laden, wo sie sich an einen der Tische in der Nähe der Küche setzte. „Ich sehe so gerne dabei zu, wie sie das Essen machen." Rechtfertigte sie sich, als sie Raul und mich lachen sah. „Wie läuft es am Campus?" fragte ich möglichst beiläufig, nachdem unsere Getränke gekommen waren und Chloé sich über die überfüllte Straßenbahn aufgeregt hatte. „Oh, alles gut, Addie!" „Verrat uns lieber, wo du und dein Freund so eilig hinmusstet auf dem Ball." Mischte sich Raul ein, diese indirekte Frage platzte förmlich aus ihm heraus. Die musste ihn lange beschäftigt haben. „Mal unter uns, Addie. Der kam mir nicht geheuer vor." Eine tiefe Sorgenfalte erschien auf Rauls Stirn. „Du solltest dich von ihm fernhalten." Chloé nickte zustimmend und nippte an ihrem stillen Wasser. „Er hatte eine ... beängstigende Présence, cherié." Meinte sie und legte ihre wie immer perfekt manikürte Hand auf meine, ihre großen grünen Augen waren voller Sorge. „Du kannst mit uns reden, wenn etwas passiert ist." Raul nickte energisch und für einen kurzen Moment war die Versuchung, einzuknicken und den Beiden alles zu erzählen gefährlich verführerisch. So lange schon trug ich diese Last mit mir herum. Natürlich hatte ich Megumi, Nobara und all die anderen an der Akademie, wenn ich reden wollte. Gerade Yuta hatte sich als einfühlsamer Zuhörer herausgestellt. Aber das war irgendwie nicht das Gleiche. Nicht für mich.

Doch ich zwang mich, ein sorgenloses Lächeln aufzusetzen. „Oh, er hatte noch einen Termin und er war meine Mitfahrgelegenheit." Chloé zog ihre schmalen Augenbrauen zusammen. „Aber du hättest doch bei einem von uns schlafen können." „Daran habe ich in dem Moment gar nicht gedacht. Tut mir leid." Die Entschuldigung meinte ich aus vollem Herzen so. Zwar nicht bezogen darauf, dass ich die Übernachtungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hatte. Sondern eher darauf bezogen, dass ich die Beiden wissentlich in Gefahr brachte, allein dadurch, dass sie hier mit mir saßen und aßen.

Und auch, wenn der Abend insgesamt lustig verlief und keiner von Beiden erneut nachhackte, wurde ich dennoch das Gefühl nicht los, dass sie mir nicht glaubten.

--------------------

Kapitel 48 mit neuem Raul und Chloé Content!

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich mag die Beiden super gern :D

Eure Erin xx

Plötzlich Fluch (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt