Kapitel 35

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„Ich möchte nicht, dass du einen meiner Freunde oder irgendwen hier in der Akademie je wieder so angehst." ich sah zu Sukuna hoch. „Nie wieder. Versprich es mir." Doch Sukuna sagte nichts, sah mich einfach nur an. „Versprich es mir!" verzweifelt packte ich ihn am Kragen. „Bitte." Meine Stimme war leiser geworden, Tränen brannten in meinen Augen. „Sie sind meine Freunde. Du ... du musst sie ja nicht mal akzeptieren. Tolerieren reicht völlig. Also bitte, Sukuna. Bitte. Bitte versprich es mir." Mit dem Daumen wischte er mir die Tränen aus dem Gesicht, fuhr über das schwarze Zeichen auf meiner Stirn, einen unleserlichen Ausdruck in den Augen. „Wenn es dir so wichtig ist ..." Ist es!" unterbrach ich ihn auch gleich. Er legte den Kopf in den Nacken und seufzte. „Gut, gut. Schön. Versprochen."

Langsam ließ ich seinen Kragen wieder los und strich die Falten glatt, die dadurch entstanden waren. „Das bedeutet mir viel." Er nickte und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Das sehe ich." Er fuhr mit einer Hand durch die Flammen, die meinen Körper einhüllten. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie überhaupt da waren. „Aber eine Sache solltest du verinnerlichen, Adelina." Er winkte mit der Hand, die Flammen um mich herum verschwanden. „Du wirst nicht die ganze Welt retten können. Das kann auch der Bengel nicht, und trotzdem klammert er sich mit aller Kraft an diesen Gedanken. Und das wird ihn früher oder später brechen." Sukuna strich mir eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. „Genau wie dich. Also tu dir selbst einen Gefallen und lass diesen Gedanken los, so schwer es dir vielleicht auch fallen mag." Meinte er und blickte auf in den klaren Himmel. „Ich will, dass du lebst, Adelina. Und das kannst du, kann jeder nur, wenn man seine eigenen Grenzen akzeptiert." Er betrachtete seine Hand. „Physische wie Psychische." „Hast du deine Grenzen akzeptiert?"

Er sah mich an. „Ich werde zumindest jeden Tag dran erinnert, dass auch ich welche habe. Genau wie euer weißhaariger Volltrottel." Ein hämisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Aber ich stoße weit später an sie als so manch anderer." Ich rollte lachend mit den Augen. „Du hast so schön angefangen und dann alles mit deiner Überheblichkeit kaputt gemacht." Er schmunzelte, doch das Schmunzeln in Sukunas Gesicht war schnell verschwunden. Er drehte sich dem Wald zu und lauschte. Und ja, jetzt hörte ich es auch. Ganz leise drang ein gequältes Stöhnen an mein Ohr. „Was ist das?" flüsterte ich ihm zu, doch Sukuna antwortete nicht sondern schlenderte los zwischen die Bäume. Gut, dann gehen wir eben nachsehen. Leise folgte ich ihm durch den dichten Wald, nach einigen Gehminuten konnte ich bereits den See rauschen hören. Vor uns, durch die Büsche, wankte eine große, missgestaltete Person. Zwei weitere verkrüppelte Arme wuchsen aus dem Torso der Person, das Gesicht sah aus, als wäre es geschmolzen, die mit Sommersprossen verzierte Haut hing in langen, geröteten Lappen vom Schädel herunter. „Flüche dieser Klasse haben doch keine ... keine Sommersprossen." „Geschweige denn blonde Haare." Fügte Sukuna hinzu. Und tatsächlich, auf dem Schädel des Fluches wuchsen einige blonde Haarbüschel. Hashida! Siedend heiß fiel mir der junge Mann aus dem Restaurant ein, der seinen Bruder gesucht hatte. Eilig fummelte ich den Vermisstenzettel aus meiner Hosentasche. Ich hatte ihn heute Morgen beim Frühstück herumgezeigt in der Hoffnung, jemand hätte den Jungen gesehen. Doch Fehlanzeige. Ja, der Junge auf dem Vermisstenfoto hatte blonde Haare und Sommersprossen, genau wie der Fluch vor uns. Sukuna hatte bereits den Arm gehoben, um den Fluch auszutreiben. Doch schnell riss ich seine Hand herunter und drückte den Zettel hinein. „Ich glaube, dass da vorn ist der Junge." Wild gestikulierte ich zwischen Fluch und Zettel hin und her. Der Fluchkönig betrachtete einige Momente lang den Zettel, dann wieder den Fluch. „Gut möglich."

Ich verstaute den Zettel wieder in meiner Tasche und huschte durch die Büsche, auf den Fluch zu. Hinter ihm blieb ich schließlich mit etwas Abstand stehen. „Yatsuda?" fragte ich. Schwerfällig drehte sich das Ding vor mir um, fünf braune Augen sahen mich an. „... ist ... Name." Mit einer missgestalteten Hand deutete der Fluch auf sich selbst, dann auf mich. „Addie." Seine Stimme war tief und voller Schmerz. Woher kannte er meinen Namen? Unsicher wich ich einen Schritt zurück, doch Yatsuda folgte mir, hielt jedoch inne, als Sukuna aus dem Nichts hinter mir auftauchte und den Fluch über meinen Kopf hinweg warnend ansah. Unsicherheit trat in die braunen Augen, kurz darauf flossen einige Tränen aus den Augen des Fluches. „Tut ... weh ... Hilfe ... bitte." Yatsuda machte einige wackelige Schritte auf uns zu. Das er eine Warnung Sukunas derart ignorierte zeigte, wie verzweifelt er war. Was für Schmerzen er haben musste. „Addie ... helfen." Erneut deutete er auf mich, immer mehr Tränen füllten seine Augen. „Aufhalten ... Toshiro." Ah, daher kannte er meinen Namen. Es schüttelte den missgestalteten Körper des Jungen, aus seinen Augen lief jetzt Blut. Ohne weiter nachzudenken, lief ich auf Yatsuda zu, blieb vor ihm stehen und reichte ihm meine Hand. Hätte er uns angreifen wollen hätte er das längst getan. Zitternd legte der Junge seine Hand in meine.

„Ich bring das wieder in Ordnung. Und dann kannst du wieder bei Hashida sein." Tränen liefen über meine Wangen, doch ich gab mir nicht die Mühe, sie wegzuwischen. Heute war ein schrecklicher Tag. In die Augen des Jungen trat ein überraschter Ausdruck. „Hashi ... da?" ich nickte schniefend. „Ja er sucht dich." Meine Stimme zitterte, der Wind hier im Wald war mir noch nie so kalt vorgekommen. Doch ich bemühte mich, ein Lächeln aufzusetzen, als ich die Umkehrtechnik anwand. Doch Yatsuda fing an, wie am Spieß zu schreien, als die Fluchkraft ihn traf. Seine grünlich verfärbte Haut platzte auf, Blut schoss heraus. Erschrocken und blutbesudelt stolperte ich zurück, in Sukunas Arme, der sich das alles angesehen hatte. „Die Umkehrtechnik wirkt nicht. Man hat sie, während seiner ... Umgestaltung, derart mit einfließen lassen, dass jede Umkehrtechnik, die ihn berührt, sofort wieder umgekehrt und so zu normaler, schädigender Fluchkraft wird." Yatsuda schrie immer noch, die Wunden rissen unter seinen hektischen Bewegungen immer weiter auseinander, der Waldboden sog sein Blut gierig auf. „Aber er ist doch noch ein Kind!" schrie ich weinend und trommelte wild gegen Sukunas Brust. „Du musst ihm helfen!" Sukuna löste einen Arm, mit dem er mich umklammert hielt und streckte ihn aus, mit dem anderen drückte er mich fester an sich. „Ich helfe ihm." Mit einem Wink seiner Hand fiel Yatsudas Kopf abgetrennt zu Boden, sein Körper fiel auf die Knie und sackte schließlich zuckend in sich zusammen. Völlig aufgelöst riss ich mich von Sukuna los, kniete mich in die Blutlache neben dem missgestalteten Körper und nahm seine Hand. Ich wusste nicht, ob der Junge das vielleicht noch mitbekam. Ich wollte nicht, dass er das Gefühl hatte, allein zu sterben. Niemand verdiente das. Immer wieder hatte ich das verzweifelte Gesicht seines Bruders vor Augen. Meine Tränen vermischten sich mit dem Blut des toten Jungen auf dem Boden, dessen Körper sich schon lange nicht mehr rührte. Sukuna war an mich herangetreten und ging neben mir in die Hocke. Schluchzend warf ich mich an seine Brust, bedeckte sein Shirt sowohl mit Blut als auch mit Tränen. Doch das schien ihn nicht zu stören. Das Blut des Jungen breitete sich weiter um uns aus, hoch über uns in den Bäumen zwitscherten die Vögel. Der Wind trocknete die Tränen auf meinen Wangen. „Ist okay." Murmelte Sukuna an meinem Haar. „Ich bin da."

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Habe heute doch tasächlich zwei neue Kapitel geschafft!

Ich hoffe, es gefällt euch!

:D

Eure Erin xx

Plötzlich Fluch (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt