Wenn ich etwas in den letzten Stunden gelernt hatte, dann dass es keinen Sinn hatte, Satoru Fragen zu stellen. Da würde man ja eher im Lotto gewinnen als eine ernsthafte Antwort zu erhalten. Aber im Großen und Ganzen wirkte er wie ein netter Kerl. Das war alles, was im Moment wichtig war. Yuji und Nobara waren von ihrer Art her offener als Megumi. Der Schwarzhaarige hatte das Pokerface perfektioniert. Das neidete ich ihm. Nützliche Sache, keine Frage. Auch wenn er nicht viel von sich Preis gab, war ich mir trotzdem sicher, dass er sein letztes Hemd geben würde, um jemandem zu helfen. Genau wie Yuji. Er schien ein echter Sonnenschein zu sein. Bei Nobara war ich mir mit der Hemdsache noch nicht so sicher. Sie schien viel Wert auf ihr Äußeres zu legen, ganz zu schweigen auf ihre Kleidung. Der Gedanke ließ mich schmunzeln.
Satoru hatte uns zurück in den Gebäudekomplex geführt, in dem er vorher verschwunden war. Wir liefen durch einige Gänge und endeten schließlich in einem großen Raum mit Ausblick auf den, zugegeben sehr schönen, Innenhof. Dort wurden wir bereits erwartet und ich gab mir Mühe, unter den bohrenden Blicken nicht einzuknicken. Es waren einige neue Gesichter. Eine brünette Frau, ein blonder Mann mit schwarz-gelb gepunkteter Krawatte, eine Frau mit dunkelblauen Haaren und einer Narbe im Gesicht. Neben dem blonden Mann stand ein alter Mann, der so viele Piercings im Gesicht trug, das es mich nicht wundern würde, wenn in dem Raum Kompasse durchdrehen würden. Derart viel Metall konnte ja nur das Magnetfeld der Erde stören. Das Schlusslicht bildete ein großgewachsener breiter Mann mit kurzen schwarzen Haaren und einer Sonnenbrille. „Das ist sie also?" begann er auch das Gespräch und sah mich hinter seinen dunklen Brillengläsern an. Ich trat einen Schritt nach vorne und verbeugte mich höflich vor der versammelten Runde. „Ich bin Adelina de Wall. Aber Addie reicht." „Kenny, du bist ja auch hier!" Yuji trat an meine Seite und winkte aufgeregt dem blonden Mann zu, der angespannt das Gesicht verzog. „Ich habe dir schon so oft gesagt das du mich nicht so nennen sollst." Sprach der Blonde und verbeugte sich dann ebenfalls vor mir. „Nanami Kento. Sehr erfreut, Addie." „Die Freude ist ganz meinerseits." Satoru stellte mir der Reihe nach alle vor. Schuldirektor Yaga, Direktor Gakuganji von einer anderen Schule in Kyoto, Utahime Iori und die schon mal erwähnte Shoko Ieri. Eine Ärztin nahm ich an.
Nanami bat uns, uns alle zu setzen. Also quetschen wir uns zu viert auf das noch freie Sofa und schwiegen. So wie der Rest im Raum. Die Stille wurde immer bedrückender und ich fühlte mich zunehmend unwohler unter all den bohrenden Blicken. „Ich möchte das du uns alles erzählst, was du in der Sphäre gesehen hast, Addie." Durchbrach Satoru die Stille und setzte sich zwischen Nanami und Utahime. Ich fummelte nervös an meinem Shirtsaum herum. „Nun, da war dieser Schrein ..." „Ich habe keinen Schrein gesehen." Unterbrach Yuji mich auch gleich. „Wir auch nicht." Sagte Megumi, was Nobara nicken ließ. „Ich habe ja auch euch alle nur kurz am Anfang gesehen. Sonst nicht." Meinte ich und zuckte mit den Schultern. „Bitte weiter, Addie." Nanami sah mich erwartungsvoll an und ich kam seiner Bitte nach. „In der Sphäre ist es zunehmend heißer geworden, ich habe mich immer schlechter gefühlt." Ich sah Yuji, Megumi und Nobara an. „Ging es euch auch so?" Synchrones Kopfschütteln. „Was du da beschreibst, sind die Auswirkungen einer Sphäre auf Menschen ohne Fluchkraft." Shoko war während dem Sprechen aufgestanden und tigerte nun durch den Raum. „Ha! Ich habe mich also doch nicht geirrt so wie du sagtest!" Yuji griff mit seinem Arm über mich drüber und piekte Megumi, der auf meiner linken Seite saß, in die Wange. Megumi griff darauf hin ebenfalls über mich hinweg und haute Yuji eine runter. Dieser fing an sich zu beschweren und sich die Wange zu halten. „Hat euch eigentlich schon mal wer gesagt, dass ihr euch wie Kinder aufführt?" Nobaras Kopf tauchte neben Megumi auf, eine steile Falte zwischen den Augenbrauen.
Direktor Yaga hob die Hand, was meine neuen Freunde dazu veranlasste, still zu sein. „Lasst Addie doch mal ausreden. Goddamnit." Er sah mich an. „Bitte, fahr fort." „Nun, hilft es das das mit der Hitze und allem erst ganz am Ende war? Als Sukuna uns in seine Sphäre gesperrt hat, um uns vor den Flüchen zu schützen. Ab da ging es mir richtig schlecht." Mit Schaudern erinnerte ich mich zurück. Jetzt sahen mich alle an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen. Nur Satoru nicht. Seine Haltung war so entspannt wie immer. Ich meinte, ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen. „Sukuna?" fragte jetzt Megumi, dessen Pokerface zum ersten Mal verrutscht war. Darunter sah ich puren Unglauben. „Ja meinst du ich denke mir das aus?" gab ich zurück. Kollektives Schweigen füllte den Raum. „Wie ich es vermutet hatte." Satoru stand auf und streckte sich. „Der Fluch hat in Bewusstsein unterteilt. Das heißt, er hat Yujis Bewusstsein von Sukunas getrennt. So sind Addie und Sukuna zusammen innerhalb der Sphäre des Fluches gelandet, so wie Nobara und Megumi. Yuji war nur deshalb allein, weil es kein sechstes Bewusstsein innerhalb des Fluches gab."
Ich sah zu Yuji. „Was hat Sukuna mit deinem Bewusstsein zu tun?" fragte ich alarmiert. Erneut jagte mich das Bild aus meinen Alpträumen der letzten Tage. Sukuna, der lachend über mir steht und mir mit dem Fuß den Brustkorb bricht. „Yuji ist Sukunas Gefäß, Sukuna selbst ist ein mächtiger Fluchgeist." Satoru gab mir einen Crashkurs in Sachen der Vergangenheit und Sukuna. An der Stelle mit dem Finger essen wurde mir zum Glück nur etwas übel. „Du willst mir jetzt sagen das ich mit einem Fluchgeist in einem anderen Fluchgeist eingesperrt war und Yuji 20 Finger eben jenes Fluchgeistes sammelt und dann isst?" Satoru strahlte mich an, als er antwortete. „Ja."
„Auch wenn ich bezweifle, dass sich Sukuna dazu äußern wird." Schob er nach und musterte Yuji eingehend, der den Kopf schüttelte und sich an den Kopf tippte. „Er ist erschreckend still." „Sei es drum." Auch Nanami stand auf und lehnte sich an die Wand. „Was ist mit dem, was du gesehen hast als die anderen beiden Fluchgeister der Sonderstufe Addie in der Gasse gefunden hatten, Satoru?" die Frage schwebte im Raum. „Eingebildet habe ich es mir nicht." „Die Fluchkraft?" fragte Utahime. Satoru nickte. „Ja. Addies Fluchkraft." Ich erinnerte mich. „Du sprichst von dem blauen Licht, das Jogo dazu veranlasst hat, mich loszulassen. Richtig?" fragte ich leise. Satoru nickte erneut. „Was immer in Sukunas Sphäre passiert ist, es hat dir Fluchkraft verliehen. Wenn nicht noch etwas mehr." Rektor Gakuganji, der bis jetzt noch kein Sterbenswörtchen verloren hatte, schien hellhörig zu werden. „Wie meinst du das?" sein Ton gefiel mir gar nicht. Irgendwas sagte mir, dass er in den Alarmmodus geschalten hatte. „Ich glaube, dass sich Sukunas Kräfte, wie auch immer das sein mag, auf unsere liebe Addie hier übertragen haben." Satoru stand mittlerweile hinter mir und legte seine Hände auf meine Schultern. Die Geschwindigkeit, mit der Gakuganji von dem Sofa aufsprang überraschte mich angesichts seines Alters. „Du willst also das wir neben Sukunas Gefäß," er deutete anklagend auf den armen Yuji, „auch noch eine Kopie von Sukuna hier beherbergen?"
Die Stimmung im Raum wurde deutlich geladener. „Vielleicht stimmt das ja auch gar nicht." Versuchte Nanami, die Wogen zu glätten. „Du bist so selten hier, alter Mann. Dich wird das wohl kaum stören." Meinte Satoru und lachte in meinem Rücken. „Zudem neigst du dazu, das Potential anderer gnadenlos zu übersehen." Sein Griff an meinen Schultern wurde lockerer. „Addie bleibt. Ich bürge für sie." Gakuganji schnaubte. „Wie für Itadori, ja?" seine Stimme triefte vor Sarkasmus. Ich war dankbar, dass Satoru so nah war. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob mir der Opa ansonsten nicht schon längst an die Kehle gesprungen wäre. Wieder spürte ich diese Wut in mir, sie kitzelte mich im Nacken.
„Jetzt wo du es sagst, Satoru." Shoko hatte sich vor dem Sofa aufgebaut und studierte mich eingehend. „Ich spüre definitiv Sukuna an ihr. Seine Aura, die Fluchkraft." Sie streckte die Hand aus und berührte meine Wange. „Zwar schwach, aber doch da. Leicht zu übersehen im Moment." Alle sahen mich nun an, alle denselben wissenden Ausdruck in den Augen wie Shoko. Auch bei Gakuganji sah ich diesen Ausdruck, gefolgt von Wut, ehe er sich auf den Weg zur Türe machte. „Die anderen Vorgesetzten werden davon erfahren." Satoru hinter mir lachte. „Das tun sie doch immer, Opa. Tu was du nicht lassen kannst." „Ihr fangt an, mir Angst zu machen." Gab ich zu verlauten. Die Wut in meinem Nacken verschwand wieder, zurück blieb lediglich ein brennendes Gefühl. „Wenn ihr alle den Beweis wollt," ich spürte, wie Satoru sanft mein Haar im Nacken zur Seite schob. Sofort scharrten sich alle anwesenden Jujuzisten um ihn herum, um meinen Nacken zu betrachten. Ich hörte einige überrascht keuchen. Sah, wie Nobaras Augen immer größer wurden. „Was ist da?" fragte ich nervös. „Du hast schwarze Male im Nacken. Keine Sorge, sie verschwinden langsam." Megumi sah mich an. „Aber sie sind exakt jene, die auch Sukuna dort trägt." Die Türe fiel mit einem lauten Krachen hinter Rektor Gakuganji ins Schloss.
---------------
Kapitel 10 bringt Licht ins Dunkel!
Bleibt dran, wenn es euch gefällt und lasst mir gerne Feedback da!
Eure Erin xx
DU LIEST GERADE
Plötzlich Fluch (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfic18+ Ihren Aufenthalt in Japan, Tokyo, über ein Jahr hatte sich die 22-jährige Adelina anders vorgestellt. Zum ersten Mal echtes Ramen essen, einen Mangashop besuchen und ganz nebenbei ihre Japanischkenntnisse nach dem abgeschlossenen Sprachkurs auf...