68. Kapitel

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Am Nachmittag stattete ich Joy einen Besuch ab. Sie lebte nur einige Gehminuten von uns entfernt und deshalb erreichte ihr ihre Wohnung schnell. Sie hatte sich bisher nicht gemeldet, aber sie sagte, sie wolle mir heute alles erklären und ich wollte es auch wirklich wissen. Später werde ich mich auch noch mit Oscar treffen. Er hat sich erneut gemeldet und würde gerne mit mir darüber reden.

Ich klingelte und einige Sekunden später hörte ich eine Stimme aus der Sprechanlage, die links neben der Türklingel hängt. "Wer ist da?", fragte eine weibliche Stimme. Joy wohnte mit zwei ihrer Freundinnen zusammen. Ich hatte sie schon ein paar Mal gesehen, aber kannte sie nicht wirklich gut. "Hey, hier ist Ava. Ich bin eine Freundin von Joy." Schon hörte ich ein Rauschen und ich konnte den Wohnblock betreten. Ich war länger nicht mehr hier, doch wusste, dass die Wohnung von Joy sich im dritten Stock befand. Die Tür stand offen, als ich oben ankam. Trotzdem klopfte ich, bevor ich die Wohnung betrat.

Dann sah ich, wie eine Rothaarige um die Ecke kam. "Hi, Ava. Ich bin Daisy. Wir haben uns schon mal getroffen. Erinnerst du dich?" Ich überlegte kurz, während ich meine Schuhe auszog. "Ja, ich denke, ich erinnere mich", meinte ich und umarmte Daisy kurz. "Joy ist in ihrem Zimmer", erklärte sie. "Sag mal, weisst du, was passiert ist? Sie verhält sich seit gestern so komisch." "Ja, deswegen bin ich hier. Hat sie etwas zu dir gesagt?" Daisy schüttelte den Kopf. "Nein, eben nicht. Brooke und ich machen uns schon Sorgen", antwortete sie. Brooke musste die andere Freundin und Mitbewohnerin sein. An den Namen konnte ich mich erinnern. "Ich werde mal mir ihr reden", sagte ich und lief den Flur entlang zu Joys Zimmer.

Ich klopfte an der Tür. "Joy? Ich bin es, Ava. Darf ich reinkommen?" Ich hörte ein "Ja" und betrat dann das Zimmer. Joy lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Ich setzte mich auf die Bettkante und sah, wie traurig sie war. Ich glaube sogar, sie hatte geweint. "Joy? Was ist los?", fragte ich. Die Frage war vielleicht dumm, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie traurig war. Schliesslich war sie diejenige, die einfach gegangen war. Joy setzte sich auf. "Ich habe riesengrossen Mist gebaut, Ava. Ich weiss nicht, wieso ich das getan habe." Verzweiflung lag in ihrer Stimme. "Weiss Oscar, was vorgefallen ist? Hast du es ihm erzählt?" Ich runzelte die Stirn. "Was hätte ich ihm erzählen sollen? Ich weiss selbst nicht, was gerade abgeht", gab ich zurück.

"Scheisse stimmt. Dann tappt er ja immer noch im Dunkeln. Ich erkläre es dir und du kannst es ihm später erklären, okay?", bat mich Joy. "Warum kannst du es ihm nicht selbst erklären? Es wäre doch besser, wenn er es von dir hören würde", meinte ich. Joy schüttelte sofort den Kopf. "Nein, das kann ich nicht. Er hasst mich doch bestimmt." Tränen kullerten über ihre Wangen. Ich nahm sie in den Arm und tröstete sie. "Alles wird gut, Joy. Wieso erzählst du mir nicht erst mal, was passiert ist und danach schauen wir weiter." Damit war sie einverstanden.

Nachdem Joy sich wieder einigermassen beruhigt hatte, begann sie mit ihrer Erklärung. Ich wusste ja bereits, dass die beiden sich gut verstanden haben, aber dass die beiden sich geküsst hatten, hätte selbst ich nicht gedacht. "Ihr habt euch also geküsst?", fragte ich ungläubig, weil ich es aus irgendeinem Grund nicht glauben konnte. "Ja, mehrmals sogar", sagte Joy leise. "Und wieso bist du dann abgehauen? Hast du nichts gefühlt?" Joy schwieg für einen Moment. "Ich glaube, ich habe zu viel gefühlt. Dabei will ich doch gar nichts fühlen. Ich will keinen Freund", schluchzte sie.

"Weiss Oscar, dass du momentan keine Beziehung willst?", hackte ich nach, da dies wohl wichtig wäre. Joy schüttelte den Kopf. "Deswegen bin ich ja gegangen. Ich habe es dort nicht mehr ausgehalten. Ich wusste, dass ich einen Fehler gemacht habe, auch wenn es sich gut angefühlt hat. Ich wollte Oscar nicht enttäuschen. Er wäre doch bestimmt wütend und traurig gewesen, wenn ich ihm nach dem Küssen gesagt hätte, dass ich keine Beziehung will", sprudelte es aus ihr heraus. "Ich hasse es, dir das zu sagen, Joy. Aber Oscar ist auch so traurig. Er denkt, die ganze Sache hätte dir nichts bedeutet", meinte ich. "Ich habe ihn noch nie so niedergeschlagen erlebt. Joy vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter. "Dann habe ich alles nur noch schlimmer gemacht mit meiner Aktion. Wenn ich von Anfang an ehrlich zu ihm gewesen wäre, wäre es niemals so weit gekommen." Ich merkte, wie sie erneut weinte.

"Deshalb ist es wichtig, dass du mit ihm redest." Joy blickte mich an und wischte ihre Tränen weg. "Ja, du hast Recht. Aber was, wenn er so richtig wütend auf mich ist? Vielleicht will er gar nicht reden." Sie zuckte mit den Schultern. "Glaub mir, er will mit dir reden. Er will bestimmt Antworten haben", entgegnete ich und lächelte. Joy erwiderte mein Lächeln. "Okay. Kannst du mir bitte seine Nummer geben? Ich nehme an, die hast du." "Ihr habt nicht mal Nummern getauscht? Euer Ernst?", fragte ich und lachte leicht. "Ja, keine Ahnung. Wir haben nicht daran gedacht", gab Joy lachend zurück.

Ich nahm mein Handy aus der Tasche und diktierte ihr Oscars Nummer. Sie schrieb direkt eine Nachricht an ihn, ob die beiden sich treffen konnten. "Alles wird gut. Erkläre ihm einfach, dass du momentan keine Beziehung willst," versuchte ich Joy zu ermutigen, als ich ihre Unsicherheit spürte. "Ja, das werde ich. Ich sollte ihm wohl besser auch sagen, dass es mir nichts bedeutet hat, oder?" "Nein, lüg ihn nicht an. Wenn du ihm sagst, dass es dir nichts bedeutet hat, wird er bestimmt trauriger sein, als wenn du ihm die Wahrheit sagst." Joy nickte. "Okay, stimmt. Vielleicht wird er ja auf mich warten. Ab nächsten Sommer habe ich nämlich kein Problem mehr, eine Beziehung zu haben." Joy lächelte.

"Ich gehe dann mal wieder, schätze ich." "Vielen Dank, Ava. Du bist echt die Beste." Joy zog mich noch schnell in eine Umarmung, bevor ich mich erhob und zur Tür lief. "Darf ich Daisy davon erzählen? Sie meinte, sie und Brooke machen sich schon Sorgen wegen dir." Ich drehte mich noch einmal um. "Sag ihr einfach, dass es um einen Jungen geht. Ich erkläre es ihnen, nachdem ich mit Oscar gesprochen habe." Nach diesen Worten von Joy verliess ich ihr Zimmer und lief den Flur entlang zurück zum Eingang. Ich spähte noch kurz ins Wohnzimmer, um mich von Daisy zu verabschieden. "Ich bin dann mal wieder weg." "Du gehst schon wieder? Schade." Daisy kam auf mich zu und umarmte mich. "Schau Brooke, das ist Ava. Du kennst sie doch", sagte sie auf eine Dunkelhaarige gerichtet, die mir vorhin gar nicht aufgefallen war. Ich war mir sicher, dass sie nach Hause gekommen ist, während ich bei Joy war.

Brooke sass auf dem Sofa und schaute sich Fotos auf dem Laptop an. Sie sah auf und lächelte mir zu. "Ja, aber natürlich. Sorry, dein Name hat mir nichts gesagt, aber jetzt wo ich dich sehe, weiss ich natürlich, wer du bist." Sie erhob sich und umarmte mich ebenfalls kurz. "Bevor du gehst: Kannst du uns sagen, was mit Joy los ist?", fragte sie. "Sie wird später mit euch reden, aber es geht um einen Jungen", antwortete ich. "Ja, ich wusste es", triumphierte Daisy. "Du schuldest mir einen Keks." Brooke verdrehte die Augen. "Ich besorge dir morgen einen", lachte sie und setze sich zurück an den Laptop. Daisy begleitete mich noch zur Tür und schon war ich wieder an der kühlen Novemberluft. Ich zog meinen Schal enger um meinen Hals.

Als ich schon beinahe zu Hause war, vibrierte mein Handy. Zuerst dachte ich, es wäre Joy, doch es war Oscar. Ich wusste genau, wieso er mir eine Nachricht schrieb.

Sorry, Ava. Ich muss unser Treffen heute absagen. Ich werde mich mit Joy treffen.

Ich tippte eine kurze Antwort und setzte meinen Weg fort. Hoffentlich kommt alles gut bei den beiden. Joy möchte zurzeit keine Beziehung, aber womöglich wird Oscar auf sie warten. Das wäre verdammt süss.

Only you (Lando Norris Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt